Grundsicherung: Übernahme auch von unangemessener Miete möglich

Lesedauer 2 Minuten

Angemessene Miete – Was aber, wenn sich kein angemessener Wohnraum finden lässt?

Die Mietpreise steigen unaufhörlich. Nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch in den Regionen und auf dem Land. Dennoch sind Hartz IV Beziehende und Bezieher der Grundsicherung dazu angehalten, angemessenen Wohnraum zu suchen, der den ortsüblichen Vorgaben der Leistungsträger entspricht. Was aber, wenn sich kein angemessener Wohnraum finden lässt, weil die Vorgaben nicht mit den objektiven Bedürfnissen der Grundsicherungsbezieher übereinstimmt? Hierzu wurde das Sozialgericht Mannheim eingeschaltet, das ein richtungsweisendes Urteil fällte.

Wenn eine Kostensenkung nicht möglich ist, muss der Leistungsträger die Miete in vollem Umfang übernehmen, auch wenn diese nach den objektiv festgelegten Richtlinen “unangemessen” ist. Das urteilte das Sozialgericht Mannheim am (AZ: S 2 SO 184/18).

Ehefrau ist Gehbehindert

Im verhandelten Fall lebt ein Ehepaar (beide 75 Jahre) in einer 62 Quadratmeter großen Wohnung. Der Mietzins beträgt 580 Euro brutto monatlich. Beide Kläger beziehen die Altersrente sowie ergänzend eine Grundsicherung.

Die Frau ist stark gehbehindert und muss sich mit Hilfe eines Gehstocks und einem Rollator  innerhalb der Wohnung bewegen. Die Klägerin hat eine anerkannte Behinderung von 100 Prozent sowie die Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit) und B (Berechtigung für eine ständige Begleitung). In der Zwischenzeit ist die Klägerin auf einen Rollstuhl angewiesen.

Älteres Paar sollte umziehen

Die Gemeinde forderte das betagte Paar auf, die Kosten der Unterkunft zu senken, da die Vergleichsmiete 461 Euro monatlich betrage. Die Behörde forderte die Kläger auf, in eine kostengünstigere Wohnung zu ziehen.

Allerdings übernahm der Leistungsträger die “unangemessene” Miete noch für einige Jahre. Ab 2017 zahlte das Amt allerdings nur noch 461 Euro statt der tatsächlichen Miete von 580 Euro brutto.

Die Behörde argumentierte, die Kläger hätten sich nicht ausreichend bemüht eine neue Wohnung zu finden oder die Kosten der Unterkunft zu senken. Die Bemühungen seien nicht nachgewiesen worden.

Kläger finden keine behindertengerechte Wohnung

Das Ehepaar argumentierte, man wolle in eine behindertengerechte Wohnung umziehen. Ein solche Wohnung sei aber nicht auf dem Wohnungsmarkt für den vorgeschriebenen Mietpreis zu finden. Aus der Region zu ziehen sei ebenfalls nicht möglich, da die Tochter extra in die Nähe gezogen sei, um beide pflegerisch zu unterstützen.

Es kommt auf den Einzelfall an

Das Sozialgericht Mannheim gab den Klägern Recht. Die Kommune müsse die tatsächlichen Unterkunftskosten weiterhin übernehmen. Die Wohnung sei zwar nach den Vorgaben der Gemeinde zu hoch, jedoch können die Kläger selbst keine kostengünstigere Wohnung in der Umgebung finden.

Amt unterstützte das Paar bei der Wohnungssuche nicht

Zudem habe der Leistungsträger dem Paar keine ausreichende Unterstützung bei der Suche einer neuen Wohnung angeboten. Beispielsweise hätte der Leistungsträger den Klägern die Kosten für einen Makler übernehmen können, der dem älteren Ehepaar bei der Wohnungssuche geholfen hätte.

Keine günstigere Wohnung mit den Vorgaben zu finden

Im Grundsatz hob das Gericht hervor, dass es in der Tat schwerig sei, eine günstigere Wohnung zu finden, die eine behindertengerechte Ausstattung, im Hinblick der Gehbehinderung der Ehefrau, beinhaltet. Aus diesem Grund müsse die Miete in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Das Sozialgericht hat demnach entschieden, dass eine volle Übernahme auch objektiv unangemessener Unterkunftskosten dann zu erfolgen hat, wenn eine Kostensenkung unmöglich ist.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...