Chef drängte am Krankenbett zum Aufhebungsvertrag – nicht ohne Folgen

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Arbeitgeber wissen, dass sie nur unter bestimmten Vorraussetzungen Kündigungen aussprechen dürfen. Das Arbeitsrecht ist in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ansich sehr Arbeitnehmerfreundlich. Dennoch versuchen Arbeitgeber mit Tricks und Druck, Arbeitnehmer selbst zur Kündigung zu nötigen.

Bei Krankheiten vermuten manche Chefs eine Arbeitsverweigerung

Bei Krankheiten vermuten manche Arbeitgeber eine Arbeitsverweigerung. In diesem beschrieben Fall nötige der Arbeitgeber mithilfe eines weiteren Mitarbeiters, eine Beschäftigte zu einem Aufhebungsvertrag. Nicht ohne Grund: Denn bei einer Eigenkündigung bzw. Aufhebungsvertrag besteht kein Anspruch auf eine Abfindung.

Sanktionen

Im konkreten Fall wurde die Klägerin durch ihren behandelnden Arzt aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. Die Arbeitnehmerin war bei einer Reinigungsfirma beschäftigt. Ein Beauftragter des Arbeitgebers suchte die Klägerin zuhause auf. Als dieser klingelte, öffnete der Sohn die Tür und ließ den Mann herein.

Beauftragter des Chefs ging sogleich ins Schlafzimmer

Dieser ging sogleich in das Schlafzimmer, in dem die Klägerin schlief. Als sie aufwachte, hielt dieser der Frau einen Aufhebungsvertrag vor die Nase. Noch halb im Schlaf und unter Einfluss von Schmerzmedikamenten unterzeichnete die Klägerin den vorgelegten Aufhebungsvertrag. Erst hinterher bemerkte sie, was sie eigentlich unterschrieb.

Eine Klage vom Arbeitsgericht sowie vom Landesarbeitsgericht wurde abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage zurück an das Landesarbeitsgericht. Dieses solle genau klären, ob der Beauftragte des Chefs erkennen konnte, dass die Arbeitnehmerin sich in einem körperlich angeschlagenen Zustand befand und ob dieser die Situation ausnutzte, um eine Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags herbei zu führen.

Bei der Schließung von Aufhebungsverträgen muss das Gebot des fairen Verhandelns einhalten werden

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Das Bundesarbeitsgericht urteilte (AZ: 6 AZR 75/18), dass der Vertrag zur Aufhebung im beiderseitigem Einverständnis dann unwirksam ist, wenn dieser unter “Missachtung des Gebots fairen Verhandelns und unter einer psychischen Drucksituation zustande gekommen war.

Psychische Drucksituation macht Aufhebungsvertrag ungültig

“Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht”, so die Richter. “Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert.

Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre.” Der Arbeitgeber muss dann Schadensersatz leisten.

Wenn eine Sperre droht

Dieses Urteil könnte aber auch für Hartz IV/Arbeitslosengeld Beziehende wichtig sein, weil prekär Beschäftigte immer wieder Aufhebungsverträge nur unter Druck unterschreiben und deshalb Sanktionen aufgrund vorsätzlich herbeigeführter Hilfebedürftigkeit nach § 34 SGB II erhalten. Solche Verträge können künftig angefochten werden.

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