Bürgergeld: Überweisung größerer Geldbeträge keine Sozialwidrigkeit

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Zahlung eines Betrugsopfers an einen Heiratsschwindler in Höhe von 24.00 Euro ist nicht sozialwidrig und rechtfertigt nicht die Rückforderung von SGB II – Leistungen.

Stellt eine Bürgergeld – Beziehende einer Person 24.000,00 EUR zinslos zur Verfügung, ohne sich vorher eine Sicherheit zu verschaffen und wird dadurch hilfebedürftig nach dem SGB II, stellt dies kein sozialwidriges Verhalten i. S. d. § 34 SGB II dar.

Kein Erstattungsanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens seitens des Jobcenters, wenn man einem Betrüger aufgesessen war.

Ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II wegen Vermögensverschwendung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht ( Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2020 – L 9 AS 98/18 – ).

Die Hilfebedürftige hat ihre Hilfebedürftigkeit durch die Überweisungen an eine fremde Person in Höhe von 24.000,00 EUR herbeigeführt, da sie, unabhängig davon, ob man als Maßstab für den Zeitraum, für den das Vermögen ausreichen muss, als angemessenen Verbrauch den monatlichen Bedarf nach dem SGB II ansetzen kann (anderer Auffassung u.a. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07.05.2019 – L 10 AS 632/16 ).

Das Verhalten der Klägerin ist – aber nicht als sozialwidrig – anzusehen

Denn es obliegt grundsätzlich gerade nicht den staatlichen Stellen, die zur Erfüllung der genannten Pflicht berufen sind, zu prüfen, ob die Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar entstanden ist.

Sozialwidriges Verhalten – nur in Ausnahmefällen

Im Ergebnis kann ein Erstattungsanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens daher nur in absoluten Ausnahmefällen mit der Ausgabe des Vermögens begründet werden.

Insbesondere verbietet es sich – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes –, dass der Staat möglicherweise noch in moralisierender Weise bewertet, welche Ausgaben billigenswert sind und welche nicht.

Insoweit kommt es nicht maßgeblich darauf an, wofür das Geld ausgegeben wurde und ob dies nachvollziehbar, naiv, moralisch achtenswert oder zu missbilligen ist.

Wo ist die Grenze zu ziehen

Die Grenze ist vielmehr erst da zu ziehen, wo Vermögen kausal zum Zwecke der Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit verschwendet wird.

Fazit

1. Grundsätzlich obliegt es nicht den staatlichen Stellen zu prüfen, ob die Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar, naiv, unbedacht oder moralisch verwerflich entstanden ist.

2. Die Grenze ist vielmehr erst da zu ziehen, wo Vermögen kausal zum Zwecke der Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit verschwendet werde.

Praxistipp

Darf das Jobcenter bei Bürgergeld-Antragstellung prüfen, wofür das Vermögen ausgegeben wurde?

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Bürgergeld: Darf das Jobcenter einem Nicht – Leistungsbezieher vorschreiben, wofür er sein Vermögen ausgeben darf?

Definitiv Nein – sagt der Experte für Sozialrecht Detlef Brock

Aufgrund der Verschärfung des Sozialrechts in ein Strafrecht und des langsamen Abbaus des Sozialstaates, wenn nicht sogar – Sozialneid – , möchte ich diese meine Rechtsauffassung etwas korrigieren, ich denke, dass man langsam die Richtlinien für das Vermögen im SGB II – Neue Grundsicherung – verschärfen wird und somit es spannend bleibt, ob folgendes weiterhin gilt:

Ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II wegen Vermögensverschwendung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht?