Unter folgenden Voraussetzungen ist abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht auf die Werte nach der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz zuzüglich 10% zurückzugreifen:
Entgegen der BSG Rechtsprechung erfolgt kein Rückgriff auf die Werte nach der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz zuzüglich 10%.
1. Konzept zur Festlegung der Mietobergrenzen eines SGB II-Leistungsträgers ist unschlüssig
2. Erkenntnisausfall ist gegeben
3. keine Nachbesserung durch Beklagten (unmöglich oder trotz Aufforderung nicht erfolgt oder Aufforderung entbehrlich), und
4. die Angemessenheitsgrenzen liegen schon im (unschlüssigen) Konzept oberhalb der Werte nach “Wohngeldtabelle + 10%
Nach Auffassung des Gerichts sind in diesen Fällen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft als Bedarfe der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusetzen.
Das Jobcenter muss nachweisen, dass seine Kosten der Unterkunft angemessen sind und das Existenzminimum abdecken und Eure Mietkosten nicht angemessen sind
Weil eine von den tatsächlichen Mietkosten abweichende angemessene Bedarfshöhe in diesen Fällen weder vom SGB II-Leistungsträger nachgewiesen ist, noch ist sie durch das Gericht ermittelbar, und die Werte nach Wohngeldtabelle + 10% sind offensichtlich und schon nach dem nicht schlüssigen Konzept nicht ausreichend, um das Existenzminimum zu sichern.
Objektive Beweislast liegt in diesem Fall beim Jobcenter
Denn das Jobcenter muss nachweisen, das ihre niedrigeren Kosten der Unterkunft angemessen sind als die tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Es gilt der Grundsatz, dass § 22 Abs. 1 SGB 2 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft als Bedarfe berücksichtigt.
Die Absenkung auf die angemessenen Kosten ist für das Jobcenter die günstige Abweichung ( soweit sie angemessen sind ) von diesem Grundsatz, sodass ihn die objektive Beweislast trifft.
Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG)
Wendet das Jobcenter die Werte nach Wohngeldtabelle + 10% in den oben genannten Fällen an, führt dies zu einem Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG) bei der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Mietobergrenzenkonzepten. So entschieden mit 2 Urteilen des SG München v. 30.06.2022 – S 8 AS 227/20 – und – S 8 AS 1311/2 – .
Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock
Bei beiden Urteilen wurde die Berufung zugelassen, denn sie weichen beide von der Rechtsprechung des BSG ab. Manche Gerichte sind dieser Auffassung auch nicht gefolgt, so zum Beispiel LSG NSB, Beschluss vom 04.05.2023 – L 15 AS 360/21-
Demnach gilt folgendes: Liegen die nach dem Konzept des Leistungsträgers bestimmten Mietobergrenzen bereits oberhalb der Tabellenwerte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10%, führt dies bei Unschlüssigkeit des Konzepts nicht grundsätzlich zur Übernahme höherer oder sogar der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Was kann ich Euch raten?
Ich gehe zusammen mit vielen Sozialrechtlern, Rechtsanwälten und selbst Jobcentermitarbeitern davon aus, dass uns in 2025 eine Flut von Kostensenkungsaufforderungen treffen wird.
Die Kosten der Unterkunft sind in jedem Fall gerichtlich überprüfbar, dass heißt, wurden nicht die tatsächlichen Mietkosten gewährt, sollte immer Widerspruch/ Klage eingelegt werden.
Das Jobcenter trifft die Beweispflicht, wenn es euch nur noch die nach ihrer Meinung angemessenen ( abgesenkten ) Mietkosten gewährt. Sucht euch Hilfe bei Vereinen und führt Unterkunftsklagen mit einem Rechtsanwalt.
Lesetipp: Veraltete Kostensenkungsaufforderungen seitens der Jobcenter sind unwirksam