Bürgergeld: In der Wohnung eingesperrt: Jobcenter muss neue Wohnung bezahlen

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Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab im Eilverfahren einer Bürgergeld-Empfängerin Recht, die für ihre Familie mit einem Sohn, der im Rollstuhl sitzt, eine Wohnung sucht. Das Gericht entschied erstens, das das Jobcenter Bremen, bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erteilung einer endgültig wirkenden Zusicherung zu verpflichten.

Das Jobcenter muss zweitens der Betroffenen die Unterkunftskosten für eine neue Wohnung nach einem anstehenden Umzug zusichern. Laut dem LSG muss das Jobcenter drittens bei behindertengerechten Wohnungen auch über die Angemessenheitsgrenze hinaus zahlen. (Az: L 13 AS 185/23 B ER)

„In der Wohnung eingesperrt“

Die Klägerin befindet sich mit fünf minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft nach SGB II. Die Familie lebt in einer 83 Quadratmeter-Wohnung im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses.

Das Haus hat keinen Aufzug, und ein Sohn der Familie sitzt im Rollstuhl mit Pflegegrad 4 und einem Grad der Behinderung von 100. Zudem ist er Autist. Er hat das Recht, eine Begleitperson mitzunehmen, ist in seiner Bewegung im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt und hilflos. Die gegenwärtige Wohnung kann er nur verlassen, wenn ihn jemand anders durch das Treppenhaus trägt.

Das Jugendamt hatte bereits eine Wohnraumveränderung befürwortet, da eine gemeinsame Nutzung der Zimmer wegen des Geschlechts und der Alter der Kinder nicht auf Dauer tragbar sei. Der Sohn war praktisch in der Wohnung eingeschlossen und konnte nicht am normalen Leben teilnehmen.

Jobcenter will die Wohnung nicht bezahlen

Der Hausarzt empfahl per Attest dringend einen Umzug in eine möglichst barrierefreie Wohnung im Erdgeschoss mit eigenem Zimmer für den Sohn. Das Jobcenter erkannte am 20. Oktober 2022 an, dass ein Umzug erforderlich sei.

Die Zentrale Fachstelle Wohnen befürwortete ein Mietangebot für eine Fünf-Zimmer-Wohnung mit 144,02 Quadratmeter zu. Diese kostete damals eine Bruttokaltmiete von 1.713,60 Euro, 425, 60 Euro Betriebs- und 242,10 Euro Heizkosten.

Trotz eines Preisnachlasses auf 1.425,60 Euro Bruttokaltmiete lehnte das Jobcenter die Mietübernahme ab, da die Kosten immer noch über der „Angemessenheit“ von 1.353 Euro lagen.

Das Jobcenter muss zahlen

Laut Gericht seien die höheren Mietkosten in diesem Fall nicht unangemessen. Menschen mit Behinderungen hätten einen erschwerten Zugang zum Wohnungsmarkt, und es gäbe zudem wenige Wohnungen für größere Personenzahlen. Die Zentrale Fachstelle Wohnen hätte ausdrücklich bestätigt: Die Chancen für die sechsköpfige Familie sind sehr gering, eine alternative rollstuhlgerechte Wohnung zu finden.

Zusicherung wegen zeitlicher Begrenzung der Mietangebote

In speziellen Fällen wie diesen können, so das Gericht, die zuständigen Behörden von einer vorläufigen auf eine endgültige Zusicherung verpflichtet werden. Eine einstweilige Anordnung zur Erteilung einer vorläufigen Verpflichtung würde den Rechtsschutz außer Kraft setzen, denn ein Auszug erfolge häufig kurzfristig – vor allem aber stünden Mietangebote regelmäßig nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung.