Bürgergeld: Bedarfsgemeinschaft bei Paaren gilt nicht automatisch

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Beim Bürgergeld wird bei zusammenlebenden Paaren nicht automatisch von einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen. Erst nach einem Jahr des Zusammenlebens kann ein gegenseitiger Wille unterstellt werden, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dies hat dann aber gravierende Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistungen.

Rechtfertigt Zusammenleben auf Probe Leistungsabzug?

Der DGB Rechtsschutz vertrat vor dem Sozialgericht Potstdam (Az: S 44 AS 675/2) eine Mandantin, die in einem Zusammenleben auf Probe Bürgergeld für Alleinstehende einforderte, was das Jobcenter verneinte. Die Mandantin verlor, der Rechtsschutz meint aber, dass dies anders bewertet werden kann.

Erst getrennt, dann zusammen

Die Betroffene und ihr Partner waren seit Mai 2019 ein Paar und lebten vorerst getrennt. Als sie schwanger wurde, zogen die beiden zusammen. Die Betroffene lebte als Untermieterin bei ihrem Freund. Sie teilten sich ein Girokonto.

Die Schwangere beantragte Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld). Das Jobcenter ging von einer Bedarfsgemeinschaft aus und rechnete das Einkommen des Partners an. Die Betroffene hielt dem entgegen, sie lebten nur auf Probe zusammen und dies nicht einmal ein Jahr.

Partnerschaft und Bedarfsgemeinschaft

Der § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erklärt als Bedarfsgemeinschaft einen Partner, wenn dieser mit der leistungsberechtigten Person in einem Haushalt derart zusammenlebt, dass “nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.”

Was sind die Kriterien?

Dies wird vermutet, wenn die Betroffenen länger als ein Jahr zusammen leben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

“Zusammenleben auf Probe ist kein Rechtsbegriff”

Ein “Zusammenleben auf Probe” ist keine rechtliche Kategorie. Rechtlich wird nach einem Jahr des Zusammenlebens eine Bedarfsgemeinschaft erkannt, in der Einkommen und Vermögen beider Leistungsemfänger angerechnet werden. Damit fällt der Regelsatz für Alleinstehende weg, und es gibt den Regelsatz für Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.

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Gericht sieht Bedarfsgemeinschaft

Zwar lebten die beiden noch kein Jahr zusammen, doch insgesamt sah das Gericht diese Kriterien als erfüllt an. Beide seien seit zwei Jahren ein Paar gewesen, und die Betroffene hätte bereits vor dem Umzug mehrfach die Adresse ihre Freundes als eigene Anschrift angegeben. Das Zusammenziehen sei somit nicht als “Probe” zu bewerten.

Was folgt aus dem Urteil?

Der DGB Rechtsschutz räumt ein, dass laut Urteil ein Jobcenter trotz des Zusammenlebens zweier Menschen nicht zwingend eine Bedarfsgemeinschaft definieren darf.

Vielmehr müssten im Einzelfall Argumente aufgeführt werden, warum ein gegenseitiges Einstehen sicher oder nicht sicher sei. Ein Zusammenleben von Partnern ist also nicht automatisch eine Bedarfsgemeinschaft.

Gemeinsames Konto und Verfügungsbefugnis

Der Rechtsschutz des DGB, der die Betroffene vertrat, hielt das gemeinsame Konto in diesem Fall für nicht ausreichend, um von einer Verfügungsbefugnis auszugehen. Dieses Konto hätte nur geringfügige Einzahlungen gehabt, die ausschließlich für den täglichen Bedarf und Tagesausflüge da gewesen wären. Ähnlich würde teilweise auch in Wohngemeinschaften gehandelt.