Auch wenn die Sozialhilfe in Deutschland greift, kann sich der Ehemann der Abendgabe nicht entziehen. Auch das muslimische Recht findet in der Sozialgesetzgebung Anklang, wie dieses Urteil zeigt.
Nur weil das Sozialamt für eine im Pflegeheim lebende muslimische Frau aufkommt, kann sich der scheidungswillige Ehemann nicht der bei der Eheschließung vereinbarten „Abendgabe“ entziehen. Hat der Ehemann die „Abendgabe“ als Teil seines im Ausland abgegebenen Eheversprechens vereinbart, muss er sich auch daran halten, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. (Az.: 13 UF 82/21).
Eheschließung nach islamischem Recht
Konkret ging es um ein Ehepaar aus Libyen, das dort im Jahr 2006 nach islamischem Recht geheiratet hatte. Der Ehemann hatte sich verpflichtet, der Frau bei der Eheschließung eine englische Goldmünze und im Falle einer Scheidung eine „Abendgabe“ von 50.000 US-Dollar zu zahlen.
Als das Paar nach Deutschland zog, wurde die Ehe 2021 vom Amtsgericht Nordhorn geschieden. Die Frau lebt inzwischen in einem Pflegeheim und ist auf Sozialhilfe angewiesen. Sie verlangte nun von ihrem Mann die versprochenen 50.000 US-Dollar.
Der Ehemann wollte sein Unterhaltsversprechen nicht einhalten. Die Abendgabeklausel müsse wegen geänderter Verhältnisse angepasst werden.
Lesen Sie auch:
– Bürgergeld-Eilverfahren: Umzug in zu teure Wohnung erforderlich bei Konflikt mit dem Kindesvater
In Libyen gebe es keine staatliche Absicherung, so dass die Abendgabe dort gerechtfertigt sei. In Deutschland sei dies anders. Seine geschiedene Ehefrau lebe nun in einem Pflegeheim und habe keinen weiteren Versorgungsbedarf außer der Sozialhilfe.
Zahlung der Abendgabe nach Scheidung auch bei Sozialhilfebezug
Die Entscheidung des Amtsgerichts, dass die Abendgabe zu zahlen ist, hat nun auch das Oberlandesgericht Oldenburg in seinem Beschluss bestätigt.
Verträge müssten eingehalten werden, so das OLG. Nur weil die Frau auf Sozialhilfe angewiesen sei, gehe der Anspruch auf die Abendgabe nicht verloren. Denn die Sozialhilfe werde „nachrangig“ gewährt. Der Anspruch gehe letztlich auf den Staat über.
Dass der Ehemann über kein Erwerbseinkommen verfüge, spiele keine Rolle. Es liege im Risikobereich desjenigen, der eine vertragliche Verpflichtung eingehe, diese später auch zu erfüllen.
OLG Oldenburg: Versprechen bei islamischer Eheschließung gültig
Das Oberlandesgericht Hamm hatte bereits 2016 entschieden, dass bei der Scheidung einer im Ausland geschlossenen islamischen Ehe auf Vereinbarungen über eine „Abendgabe“ deutsches Recht Anwendung findet (Az.: 3 UF 262/15).
Im Streitfall hatte der muslimische Ehemann die versprochene Abendgabe verweigert, weil er keine Schuld am Scheitern der Ehe trage. Darauf komme es aber nicht an, ein verschuldensabhängiger Trennungsgrund sei mit „wesentlichen Grundgedanken“ des deutschen Rechts nicht vereinbar.
Nachehelicher Unterhalt und damit auch die vereinbarte „Abendgabe“ sei unabhängig vom Trennungsgrund und auch dann zu zahlen, wenn die Frau die Scheidung beantragt habe.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors