Zuzahlungsbefreiungen 2026: Was gilt jetzt bei Schwerbehinderung? Warum das Thema 2026 besonders wichtig ist
Zuzahlungen belasten viele gesetzlich Versicherte โ gerade Menschen mit Behinderung, die hรคufig regelmรครig medizinische Leistungen benรถtigen. An der Grundmechanik รคndert sich zum Jahreswechsel 2026 voraussichtlich nichts: Entscheidend bleibt die sogenannte Belastungsgrenze, ab der Krankenkassen von weiteren Zuzahlungen befreien.
Parallel wird aber seitens der Bundesregierung รผber hรถhere Zuzahlungsbetrรคge diskutiert; ein Beschluss liegt derzeit nicht vor. Fรผr Betroffene heiรt das: Die Befreiungsregeln und Prozentsรคtze gelten fort, die konkrete Hรถhe einzelner Zuzahlungen kรถnnte sich politisch noch verรคndern.
Inhaltsverzeichnis
Rechtsgrundlage: ยง 61/ยง 62 SGB V und die Chroniker-Richtlinie
Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung sind gesetzlich normiert. ยง 61 SGB V regelt die typischen Eigenanteile โ etwa 10 % je Leistung, mindestens 5 โฌ und hรถchstens 10 โฌ (z. B. bei Arzneimitteln; besondere Deckel gelten u. a. fรผr Hilfsmittel zum Verbrauch).
ยง 62 SGB V begrenzt die Summe dieser Eigenanteile pro Kalenderjahr: Grundsรคtzlich bei 2 % der jรคhrlichen โBruttoeinnahmen zum Lebensunterhaltโ, bei Menschen mit einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung in Dauerbehandlung bei 1 %.
Die genaue Definition โschwerwiegend chronischโ und der Nachweis sind in der Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) festgelegt.
Schwerbehinderung ist nicht automatisch Chroniker-Status
Ein Schwerbehindertenausweis allein senkt die Belastungsgrenze nicht von 2 % auf 1 %. Die abgesenkte Grenze greift nur, wenn die Kriterien der Chroniker-Richtlinie erfรผllt sind โ insbesondere eine รคrztlich bestรคtigte Dauerbehandlung wegen derselben schwerwiegenden Erkrankung.
Bestimmte Konstellationen kรถnnen den Nachweis erleichtern, etwa ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder ein Pflegegrad 3โ5; maรgeblich bleibt aber die รคrztliche Bescheinigung zum Chroniker-Status.
Wer zusรคtzlich die empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen versรคumt (Jahrgรคnge nach dem 1. April 1972), kann auf die 2 %-Grenze zurรผckfallen.
| Aspekt | Regel 2026 |
|---|---|
| Geltungsjahr | Die Befreiung und Belastungsgrenzen gelten kalenderjahresbezogen fรผr 2026. |
| Zielgruppe | Gesetzlich Versicherte; besondere Relevanz fรผr Menschen mit Schwerbehinderung und/oder chronischer Erkrankung. |
| Rechtsgrundlage | ยง 61 SGB V (Zuzahlungen), ยง 62 SGB V (Belastungsgrenze), Chroniker-Richtlinie des G-BA. |
| Grundprinzip | Summe aller gesetzlichen Zuzahlungen wird pro Jahr auf eine persรถnliche Belastungsgrenze begrenzt; danach Befreiung. |
| Belastungsgrenze allgemein | 2ย % der jรคhrlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Haushalts nach Abzug gesetzlicher Freibetrรคge. |
| Abgesenkte Grenze | 1ย % bei anerkannt schwerwiegender chronischer Erkrankung in Dauerbehandlung (Chroniker-Status). |
| Schwerbehinderung vs. Chroniker | Ein Schwerbehindertenausweis allein senkt die Grenze nicht; maรgeblich ist die Erfรผllung der Chroniker-Kriterien. |
| Nachweis Chroniker-Status | รrztliche Bescheinigung nach G-BA-Richtlinie; regelmรครige Behandlung wegen derselben schweren Erkrankung erforderlich. |
| Vorsorgeanforderung | Nichtteilnahme an empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen kann zum Wegfall der 1ย %-Grenze fรผhren (ausnahmsabhรคngig). |
| Haushaltsprinzip | Berechnung auf Basis der gemeinsamen Bruttoeinnahmen des Haushalts; alle zu berรผcksichtigenden Personen einbeziehen. |
| Freibetrรคge | Gesetzlich definierte Freibetrรคge fรผr Partner und weitere Angehรถrige sowie Kinderfreibetrรคge mindern die Bemessungsgrundlage. |
| Anrechenbare Zuzahlungen | Gesetzlich vorgesehene Zuzahlungen u. a. fรผr Arznei- und Verbandmittel, Heil-/Hilfsmittel, Krankenhaus, Reha, Fahrkosten (wenn verordnet). |
| Nicht anrechenbar | Mehrkosten auรerhalb der gesetzlichen Zuzahlungen, z. B. Aufzahlungen รผber Festbetrag, Wahlleistungen, nicht verordnungsfรคhige OTC-Prรคparate. |
| Fahrkosten bei Schwerbehinderung | รbernahme bei bestimmten Merkzeichen (z. B. aG, Bl, H) oder hohen Pflegegraden; Zuzahlung 10 % je Fahrt (min. 5 โฌ, max. 10 โฌ). |
| Genehmigungspflicht | Fรผr viele Fahrten zur ambulanten Behandlung ist vorab die Genehmigung der Krankenkasse erforderlich. |
| Vorauszahlung | Freiwillige Vorauszahlung in Hรถhe der voraussichtlichen Belastungsgrenze mรถglich; Befreiung gilt dann sofort fรผr das gesamte Jahr. |
| Befreiungsausweis | Wird nach Erreichen der Belastungsgrenze von der Krankenkasse ausgestellt; gilt fรผr das laufende Kalenderjahr. |
| Belege | Quittungen รผber alle Zuzahlungen sammeln; รคrztliche Bescheinigung fรผr Chroniker-Status bereithalten. |
| Rรผckwirkende Erstattung | Eine Erstattung zu viel gezahlter Zuzahlungen ist in der Praxis rรผckwirkend mรถglich; Fristen der Kasse beachten. |
| Sonderregel niedrige Einkommen | Bei Bรผrgergeld/Grundsicherung richtet sich die Grenze nach den maรgeblichen Regelsรคtzen der Bedarfsgemeinschaft. |
| Mรถgliche รnderungen 2026 | Politische Debatten zu hรถheren Einzelzuzahlungen betreffen nicht die prozentuale Belastungsgrenze; aktueller Stand zu Jahresbeginn prรผfen. |
| Praktisches Vorgehen | Frรผh รคrztlichen Nachweis sichern, Belege sammeln oder Vorauszahlung leisten, bei Fahrten Genehmigungen einholen, bei der Kasse informieren. |
So wird die Belastungsgrenze 2026 berechnet
Fรผr die Berechnung zรคhlen die Bruttoeinnahmen des Haushalts. Vom Familienbrutto werden gesetzlich definierte Freibetrรคge abgezogen: fรผr den ersten weiteren Angehรถrigen 15 % der jรคhrlichen Bezugsgrรถรe, fรผr jeden weiteren 10 % der Bezugsgrรถรe; fรผr Kinder der Kinderfreibetrag nach ยง 32 Abs. 6 EStG. 2026 betrรคgt die (voraussichtliche) jรคhrliche Bezugsgrรถรe 47.460 โฌ; damit ergeben sich 7.119 โฌ (15 %) als Freibetrag fรผr den ersten Angehรถrigen und 4.746 โฌ (10 %) fรผr weitere.
Der Kinderfreibetrag steigt 2026 planmรครig auf insgesamt 9.756 โฌ je Kind. Auf die so verminderte Bemessungsgrundlage wird die 2 %-Grenze (bzw. 1 % bei anerkannter schwerwiegender chronischer Erkrankung) angewandt.
Beispiel: Ein verheirateter Versicherter mit einem Kind und 36.000 โฌ Jahresbrutto im Haushalt zieht 7.119 โฌ (Partner) und 9.756 โฌ (Kind) ab. Die maรgebliche Summe sinkt auf 19.125 โฌ. Die Belastungsgrenze liegt damit bei 382,50 โฌ (2 %) bzw. 191,25 โฌ (1 %).
Was als Zuzahlung zรคhlt โ und was nicht
Anzurechnen sind nur gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen zu Kassenleistungen, etwa bei Arznei- und Verbandmitteln, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausaufenthalten, medizinischer Rehabilitation, hรคuslicher Krankenpflege sowie medizinisch verordneten Fahrkosten.
Nicht mitzรคhlen dรผrfen Eigenanteile oder Mehrkosten, die auรerhalb der gesetzlichen Zuzahlungen liegen โ beispielsweise Aufzahlungen bei Zahnersatz, nicht verordnungsfรคhige OTC-Prรคparate, Wahl-/Premiumausfรผhrungen von Hilfsmitteln oder Mehrkosten รผber dem Festbetrag.
Antrag, Nachweise und Fristen
Die Befreiung gilt immer kalenderjahresbezogen und wird nicht automatisch gewรคhrt. Sobald die persรถnliche Belastungsgrenze erreicht ist, stellt die Krankenkasse einen Befreiungsausweis aus.
Mรถglich ist auch eine Vorauszahlung in Hรถhe der voraussichtlichen Belastungsgrenze zu Jahresbeginn; dann gilt die Befreiung sofort fรผr das ganze Jahr.
Wichtig sind Quittungen รผber Zuzahlungen sowie โ bei der 1 %-Grenze โ die รคrztliche Chroniker-Bescheinigung und der Nachweis therapiegerechten Verhaltens. Eine rรผckwirkende Erstattung ist in der Praxis bis zu vier Jahre mรถglich.
Spezielle Erleichterungen bei Fahrkosten fรผr Menschen mit Schwerbehinderung
Fรผr Fahrten zur ambulanten Behandlung werden Kosten in bestimmten Fรคllen รผbernommen. Anspruch besteht insbesondere bei Schwerbehinderten mit den Merkzeichen โaGโ, โBlโ oder โHโ sowie bei Pflegegrad 4โ5; bei Pflegegrad 3 braucht es zusรคtzlich eine รคrztlich bescheinigte dauerhafte Mobilitรคtsbeeintrรคchtigung.
Die allgemeine Zuzahlungsregel gilt auch hier (10 % je Fahrt, mindestens 5 โฌ, hรถchstens 10 โฌ, nicht mehr als die tatsรคchlichen Kosten). In vielen Fรคllen ist eine vorherige Genehmigung der Kasse erforderlich.
Sonderfall niedrige Einkommen und Sozialleistungen
Wer Bรผrgergeld, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung erhรคlt, hat eine besondere โ deutlich niedrigere โ Belastungsgrenze. Maรstab ist dann nicht das reale Haushaltseinkommen, sondern der jeweils geltende Regelbedarf der Bedarfsgemeinschaft; daraus leitet sich die 2 %- bzw. 1 %-Grenze ab.
Die konkreten Euro-Betrรคge verรคndern sich mit den jรคhrlich angepassten Regelsรคtzen.
Mรถgliche รnderungen bei den Zuzahlungsbetrรคgen โ der Stand der Debatte
Im Herbst 2025 wurde eine Anhebung der Zuzahlungen um 50 % (z. B. Mindestbetrag 7,50 โฌ, Hรถchstbetrag 15 โฌ, Klinik 15 โฌ/Tag) politisch diskutiert. Hierรผber ist bislang nicht entschieden.
Fรผr die Befreiung bleibt zudem maรgeblich die prozentuale Belastungsgrenze, die durch solche Betragsanpassungen unverรคndert bliebe. Betroffene sollten die Entwicklung verfolgen und sich zu Jahresbeginn 2026 bei ihrer Kasse nach dem aktuellen Stand erkundigen.
Fazit: Was Menschen mit Schwerbehinderung 2026 konkret tun sollten
Schwerbehinderung allein begrรผndet keine automatische 1 %-Grenze โ entscheidend ist der anerkannte Chroniker-Status nach G-BA-Richtlinie. Wer regelmรครig wegen derselben schweren Erkrankung in Behandlung ist, sollte sich die 1 %-Grenze frรผhzeitig รคrztlich bescheinigen lassen, Belege sammeln oder die Befreiung per Vorauszahlung sichern.
Fรผr Mobilitรคt und Teilhabe sind zudem die erleichterten Regeln bei Fahrkosten wichtig. So lรคsst sich vermeiden, dass gesundheitliche Versorgung an finanziellen Hรผrden scheitert.
Quellenhinweise (Auswahl): Gesetzestexte und Richtlinien (ยง 61/62 SGB V; Chroniker-Richtlinie des G-BA), Informationsseiten des Bundesgesundheitsministeriums (Zuzahlungen, Fahrkosten), Verbรคnde/Kassen (vdek, AOK), sowie aktuelle Berichte zur politischen Debatte um Zuzahlungen.




