Eine Übernahme von Betriebskosten- und Heizkostennachforderungen können auch Menschen in Anspruch nehmen, die sonst keine Sozialleistungen wie Bürgergeld beziehen, allerdings im Monat der Fälligkeit der Heizkostennachzahlung anspruchsberechtigt werden.
Das gilt auch für Menschen, die eine reguläre Rente beziehen!
Inhaltsverzeichnis
Hohe Nebenkostennachzahlungen
Bisweilen steht auch eine böse Überraschung ins Haus, denn jetzt kommen die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen von Vermietern und Energieversorgen. Diese bedeuten oft heftige Nachforderungen.
Besonders groß ist die Belastung für Menschen, die knapp bei Kasse sind. Dazu zählen Geringverdienende, Studierende, Auszubildende, viele Rentner, Pflegebedürftige und Arbeitsuchende.
Auch ohne Sozialbezüge sind Übernahmen möglich
Eine Übernahme dieser Nachforderungen durch die Sozialbehörden, Jobcenter oder Sozialamt, ist auch dann möglich, wenn Sie ansonsten keine Sozialleistungen beziehen.
Betriebskosten zahlen die Mieter als monatliche Vorauszahlung. Nach einem Jahr muss der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung erstellen und den Mietern zukommen lassen.
In dieser wird die Differenz zwischen den realen Kosten und den Vorauszahlungen berechnet. Rückzahlungen sind ebenso möglich wie Nachforderungen.
Wichtig: Durch Gesetzesänderungen dürfen die Vermieter einige Kosten nicht allein dem Mieter anlasten: Weniger zahlen bei der Nebenkostenabrechnung durch neue Gesetze 2024
Wo müssen Sie einen Antrag stellen?
Wenn Sie ansonsten keine staatlichen Leistungen beziehen, aber keine Mittel haben, um die Nachforderung auszugleichen, dann können Sie einen Antrag stellen beim Jobcenter oder Sozialamt, damit diese die Kosten übernehmen oder einen Zuschuss leisten.
Wann müssen Sie den Antrag stellen?
Den Antrag müssen Sie spätestens in dem Monat stellen, in dem Sie die Zahlung zu leisten haben.
Bei den Abrechnungsfristen zum 31.12.2024 müssen Sie den Antrag auf Kostenübernahme also noch im Januar liefern. Wenn Sie den Monat verstreichen lassen, werden die Kosten von der Behörde nicht übernommen.
Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles e.V. erläutert: „Betriebskostenabrechnungen kommen häufig im Dezember bei den Mieterinnen und Mietern an und Nachzahlungen sind dann in der Regel im nächsten Monat, also im Januar, fällig. Anträge müssen dann spätestens bis zum 31. Januar gestellt werden.”
Oft herrscht Unwissen
Viele machen keinen Gebrauch von Unterstützung, die ihnen zusteht. So erklärt Thomé: „Viele Menschen mit niedrigem Einkommen, versäumen es leider aus Unkenntnis ihre Ansprüche geltend zu machen. Hier wäre es eigentlich Aufgabe der Sozialleistungsträger, die
Bürgerinnen und Bürger zu informieren.“
Wohngeld und Nachzahlung
Wer Wohngeld bezieht, tut dies deshalb, weil sein Einkommen niedrig ist. Für diese Menschen bedeutetn hohe Nachzahlungen eine massive Belastung. Die Wohngeldstelle übernimmt diese Kosten aber nicht – auch nicht teilweise.
Ist es sinnvoll, die Nachforderung der Wohngeldstelle zu melden?
Trotzdem ist es wichtig, die jährliche Nachforderung von Vermieter und Energieversorger der Wohngeldstelle zu melden. Wohngeld wird ebenfalls alle zwölf Monate neu beantragt. Eine Nachforderung belegt, dass die monatliche Belastung größer ist als sie es zuvor war. Entsprechend kann das Wohngeld für das nächste Jahr erhöht werden.
Anmerkung von Detlef Brock
1. Für die Frage, ob und in welcher Höhe ein sozialhilferechtlicher Bedarf an Unterkunfts- und Heizkosten besteht, kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG allein darauf an, ob und in welcher Höhe der Leistungsberechtigte einer ernsthaften Forderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 2011 – B 8 SO 18/10 R – ).
2. Dass es bei der Frage, ob es sich bei einer Neben- oder Betriebskostennachforderung um einen im Fälligkeitsmonat tatsächlichen aktuellen Bedarf handelt, nicht zwingend allein auf den in einer Abrechnung benannten Nachforderungsbetrag ankommt, sondern ggf. auf weitere Umstände, zeigt sich beispielsweise in Fällen, in denen zwischen einem aktuellen Bedarf und Schulden abzugrenzen ist.
Das BSG nimmt die in diesen Fällen erforderliche Abgrenzung unabhängig von einer zivilrechtlichen Einordnung der Ansprüche danach vor, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht vom Leistungsträger gedeckten Bedarf handelt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R – , LSG Schleswig- Holstein, Urt. v. 24.09.2020 – L 9 SO 72/17 – ).
3. Nach § 35 Absatz 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Diesen Unterkunftskosten zuzurechnen sind auch sonstige, nicht laufend anfallende unterkunftsbezogene Aufwendungen. Hierunter fallen auch Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen. Derartige Nachzahlungen wandeln sich deshalb mit Ablauf des Fälligkeitsmonats nicht etwa in Mietschulden im Sinne des § 36 SGB XII.
Auch muss der aufgrund einer Betriebs- oder Heizkostennachforderung des Vermieters entstandene Bedarf nicht durch gesonderten Antrag geltend gemacht werden. Denn Leistungen für die Unterkunft sind ab Antragstellung zu gewähren (vgl. Berlit LPK SGB XII § 35 Rn. 23 mit Hinweisen auf die einschlägige und gefestigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG).
Die Verpflichtung aus einer Endabrechnung der Betriebskosten entsteht allerdings erst in dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlungsverpflichtung von dem Vermieter geltend gemacht wird. Dieser Zeitpunkt bestimmt auch, welcher Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, sofern zu diesem Zeitpunkt noch Hilfebedürftigkeit besteht.
Aus den vorstehenden Grundsätzen folgt, dass es zum einen hinsichtlich der Übernahmeverpflichtung des Sozialhilfeträgers darauf ankommt, wann im Einzelfall der Vermieter die Zahlungsverpflichtung des SGB XII-Leistungsberechtigten geltend gemacht hat und ob Letzterer zu diesem Zeitpunkt noch hilfebedürftig ist.
Nur dann bedarf es eines gesonderten Antrags auf Übernahme des Nachzahlungsbetrages durch den Sozialhilfeträger nicht ( BSG, B 8 SO 24/19 B ).
4. Der Übernahmeanspruch besteht auch für nichtleistungsbeziehende Menschen, wenn sie im Monat der Fälligkeit der Nachzahlung einen SGB II/SGB XII – Antrag stellen.
Das BSG sagt dazu, dass Nachzahlungen aus Neben- und Heizkostenabrechnungen immer Bedarf im Monat der Fälligkeit (BSG 22.3.2010 – B 4 AS 62/09 R) sind und es dabei unerheblich ist, ob die Nachforderung in Zeiten des Nichtleistungsbezuges entstanden ist (BSG 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R – ).
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.