Eine Heirat nach dem Tod des Ehepartners kann große Auswirkungen auf den Anspruch auf Witwenrente haben. In Deutschland ist der Bezug einer Witwenrente an die Voraussetzung geknüpft, dass der Hinterbliebene unverheiratet bleibt.
In einem vor Gericht verhandeltem Fall hat eine Witwe dies ignoriert und ihre Eheschließung nicht der Rentenversicherung gemeldet. Dies führte dazu, dass sie über Jahre hinweg unrechtmäßig Witwenrente bezog und letztlich zur Rückzahlung einer hohen Summe von 150.000 Euro verurteilt wurde.
Warum musste die Witwe 150.000 Euro zurückzahlen?
Die Witwe im geschilderten Fall zog nach dem Tod ihres Mannes 1993 in die USA und heiratete 1998 in Kalifornien erneut.
Laut deutschem Recht endet der Anspruch auf Witwenrente automatisch mit der Wiederverheiratung.
Trotzdem versäumte es die Witwe, diese Eheschließung der Deutschen Rentenversicherung zu melden, obwohl sie ausdrücklich im Rentenbescheid dazu aufgefordert worden war.
Erst 2012 wurde die Rentenversicherung von einer dritten Person auf den Betrug aufmerksam gemacht.
Daraufhin stellte die Rentenversicherung die Zahlungen ein und verlangte die Rückzahlung der unrechtmäßig erhaltenen Rentenzahlungen – in diesem Fall 150.000 Euro.
Wie verteidigte sich die Witwe vor Gericht?
Im anschließenden Widerspruchsverfahren argumentierte die Witwe, dass ihre kalifornische Ehe ungültig sei, da bei der Eheschließung nur ein Zeuge anwesend gewesen sei, während zwei Zeugen erforderlich seien. Diese Argumentation stützte sie auf vermeintliche Besonderheiten des kalifornischen Rechts.
Das Berliner Sozialgericht wies diesen Einwand jedoch zurück. Nach kalifornischem Recht ist eine Eheschließung auch mit nur einem Zeugen gültig, und somit war die Ehe rechtlich anerkannt.
Das Gericht entschied daher, dass die Witwe die Witwenrente zu Unrecht erhalten hatte und den Betrag zurückzahlen muss.
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Welche Konsequenzen hatte das Urteil?
Die Witwe war zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung 84 Jahre alt und in der Lage, einen Teil der Rückzahlung zu leisten, da sie Ersparnisse von 90.000 Euro besaß und eine Eigentumswohnung ihr gehörte.
Dennoch musste sie diese Wohnung verkaufen, um die vollständige Rückzahlung zu ermöglichen.
Trotz der großen finanziellen Belastung hatte der Fall für die Witwe auch eine positive Wendung: Nach ihrer Scheidung von ihrem zweiten Ehemann stand ihr laut deutschem Recht wieder ein Anspruch auf Witwenrente von ihrem ersten verstorbenen Ehemann zu. Dies ist möglich nach § 46 Abs. 3 Sozialgesetzbuch VI, der eine Witwenrente nach dem “vorletzten Ehegatten” regelt.
Welche Lehren lassen sich aus diesem Fall ziehen?
Der Fall zeigt also, wie wichtig es ist, der Rentenversicherung alle relevanten Änderungen im persönlichen Status – insbesondere eine Heirat – unverzüglich zu melden.
Werden diese Meldepflichten nicht eingehalten, drohen erhebliche finanzielle Konsequenzen. In vielen Fällen könnte eine Nachzahlung, wie die hier geforderte Summe von 150.000 Euro, viele Menschen in den finanziellen Ruin treiben.
Für die Witwe in diesem Fall war es wohl ein Glück, dass sie über Ersparnisse und Immobilienvermögen verfügte.
Welche Empfehlungen ergeben sich für Rentenempfänger?
Für Empfänger von Witwenrenten ist es entscheidend, alle Änderungen, die Einfluss auf den Rentenanspruch haben, sofort der Rentenversicherung mitzuteilen.
Insbesondere bei einer Wiederheirat erlischt der Anspruch auf Witwenrente. In solchen Fällen bietet die Rentenversicherung jedoch eine Abfindung, die bis zu 24 Monatsbeträge der Witwenrente betragen kann.
Diese Regelung kann eine erhebliche Entlastung darstellen, wenn die Wiederheirat gemeldet wird.
Was bedeutet das Urteil für zukünftige Witwen und Witwer?
Dieses Urteil zeigt, dass die deutschen Sozialgerichte sehr streng mit Verstößen gegen Meldepflichten umgehen. Selbst im fortgeschrittenen Alter oder bei unklaren rechtlichen Argumenten (wie der Hinweis auf die Anzahl der Zeugen bei der Eheschließung) sind Rentenempfänger nicht vor Rückzahlungsforderungen geschützt. (Az: S 105, R 6718/14)