Überprüfungsantrag zu den Hartz IV Sanktionen stellen: Ja oder Nein?

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Bei den Sanktionen greift eine Sonderregelung

Derzeit bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen, ob ein Überprüfungsantrag für bereits abgelaufene Hartz IV Sanktionen von Erfolg gekrönt sind. Auch wir berichteten fälschlichweise darüber. Wir revidieren hiermit unsere Auffassung. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat klargestellt, dass für bestandskräftige Sanktionsbescheide, die vor dem Urteil ausgesprochen wurden, eine Sonderregelung nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X gilt. Alle weiteren Fragen hierzu im nachfolgenden rund um das Urteil und Fallkonstellationen.

Da im Zusammenhang mit diesem Urteil immer wieder die gleichen Fragen auftauchen, hier eine kurze Zusammenfassung.

Meine Sanktion i.H.v. 60% ist war bereits vor dem Urteil beendet. Kann ich fordern, dass diese rückwirkend auf 30% abgesenkt wird und ich Geld nachgezahlt erhalte?

Nein. Das BVerfG hat klargestellt, das für bestandskräftige Sanktionsbescheide die Regelung in § 40 Abs. 3 SGB II als Sonderregelung zu § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X gilt. Das bedeutet im Klartext, dass die Entscheidung des BVerfG auf bestandskräftige Sanktionsbescheide erst ab dem 06.11.2019 anzuwenden ist. Bereits beendete Sanktionen können nicht rückwirkend angefochten werden.

Ich habe einen Sanktionsbescheid über 100% erhalten und dagegen Widerspruch eingelegt, über den das Jobcenter noch nicht entschieden hat. Darf die Sanktion nun noch erfolgen?

Nein. Aufgrund des Widerspruches wurde der Sanktionsbescheid nicht bestandskräftig. Das BVerfG hat klargestellt, das nicht bestandskräftige Sanktionsbescheide, die über eine Minderungshöhe von 30% hinaus gehen, aufzuheben sind.
Das gilt im Übrigen auch für laufende Klagen gegen Sanktionen, nicht jedoch für laufende Überprüfungsanträge von Sanktionen.

Derzeit werde ich mit 60% sanktioniert. Darf das Jobcenter diese Sanktion weiterführen?

Nein. Das BVerfG hat klargestellt, das für bestandskräftige Sanktionsbescheide die Regelung in § 40 Abs. 3 SGB II als Sonderregelung zu § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt. Das bedeutet im Klartext, dass die Entscheidung des BVerfG auf bestandskräftige Sanktionsbescheide ab dem 06.11.2019 anzuweden ist. Somit darf die Sanktionshöhe ab dem 06.11.2019 die Höhe von 30% des maßgebenden Regelbedarfs nicht mehr überschreiten. Darüber hinausgehende Beträge müssen nachgezahlt werden.

Gilt die Begrenzung auf 30% des maßgebenden Regelbedarfs für alle Sanktionen?

Ja. Das BVerfG hat die Höhe der Minderung des Regelbedarfs bei Pflichtverletzungen im SGB II generell auf 30% des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Welche Pflichtverletzung der Sanktion zugrunde liegt, oder wie alt der Betroffene ist, spielt dabei keine Rolle.

Ich habe eine Anhörung zum möglichen Eintritt einer Sanktion erhalten. Wenn ich mich in dieser Anhörung bereit erkläre, der Pflicht doch noch bzw. zukünftig nachzukommen, kann ich dann den Eintritt einer Sanktion verhindern?

Ja. Das BVerfG hat hat klargestellt, dass eine Sanktion umgehend zu benden ist, sobald der Betroffene der Pflicht nachträglich nachkommt, oder – wenn das nicht mehr möglich ist – für die Zukunft die Erfüllung der Pflicht ernsthaft zusichert. Geschieht dies vor Eintritt der Sanktion, darf das Jobcenter diese somit nicht mehr vollziehen.

Ich habe eine Anhörung zum möglichen Eintritt einer Sanktion erhalten. Ich bin schwer krank und könnte bei einer Sanktion die Mehrkosten für die benötigten Medikamente nicht mehr aufbringen. Darf mich das Jobcenter trotzdem sanktionieren?

Vermutlich nicht. Das BVerfG hat klargestellt, dass Jobcenter vor Erlass einer Sanktion prüfen müssen, ob eine Minderung des Existenzminimums für den Betroffenen wegen einer individuellen Härte unzumutbar ist. Liegt ein solcher Härtefall vor, darf trotz Pflichtverletzung keine Sanktion erfolgen. Betroffene sollten deshalb bereits in der Anhörung darauf hinweisen, wenn bei ihnen ein solcher Härtefall vorliegt und diesen nachvollziehbar beschreiben. (Ottokar, hartz.info)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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