In Deutschland leben viele Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung, die ihnen bestimmte Rechte und Vergรผnstigungen einrรคumt. Ein Schwerbehindertenausweis dient als amtliche Anerkennung.
Was passiert aber, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert? Der sogenannte Verschlimmerungsantrag bietet die Mรถglichkeit, eine Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) zu beantragen, um einen hรถheren Grad der Behinderung (GdB) zu erhalten. Aber ist dieser Schritt immer sinnvoll?
Kritisch kann ein solcher Antrag werden, wenn eine Rente ansteht.
Was ist der Verschlimmerungsantrag?
Mit dem Verschlimmerungsantrag, auch Neufeststellungsantrag genannt, kรถnnen schwerbehinderte Menschen bei einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eine hรถhere Einstufung des GdB erreichen.
In einigen Fรคllen kann dies auch zur Zuerkennung zusรคtzlicher Merkzeichen fรผhren, die weitere Vergรผnstigungen, wie z.B. einen neuen Parkausweis fรผr Schwerbehinderte, mit sich bringen.
Ziel des Antrages ist es, eine Anpassung des GdB an die aktuelle gesundheitliche Situation zu erreichen, um dadurch bessere Hilfen und Vergรผnstigungen zu erhalten.
Einige Risiken beim Verschlimmerungsantrags
Trotz der mรถglichen Vorteile ist die Beantragung einer Verschlimmerung mit Risiken verbunden. Die Neubewertung erfolgt nach den aktuellen Versorgungsmedizinischen Richtlinien, die regelmรครig angepasst werden.
Diese Anpassungen sind nicht immer zum Vorteil der Antragstellenden, insbesondere wenn รคltere Behinderungen nach neuen Richtlinien bewertet werden.
Es besteht die Gefahr, dass der GdB nach der Neufeststellung niedriger ausfรคllt oder im schlimmsten Fall die Schwerbehinderteneigenschaft ganz aberkannt wird. Dies kann besonders problematisch sein, wenn der Antrag kurz vor dem Renteneintritt gestellt wird.
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Risiko des Timing
Denn fรผr schwerbehinderte Menschen gibt es bestimmte rentenrechtliche Erleichterungen, wie z.B. die Mรถglichkeit, frรผher ohne die sonst รผblichen Abschlรคge in Rente zu gehen. Ein hรถherer GdB kann unter Umstรคnden den Zugang zur abschlagsfreien Rente erleichtern oder รผberhaupt erst ermรถglichen. Dies macht einen Verschlimmerungsantrag vor Rentenbeginn erwรคgenswert.
“Allerdings birgt die Stellung eines Verschlimmerungsantrags kurz vor Rentenbeginn auch Risiken”, warnt der Sozialverband SoVD. Sollte der Antrag zu einer Herabstufung des GdB oder im schlimmsten Fall zum Verlust der Schwerbehinderteneigenschaft fรผhren, kรถnnten “die damit verbundenen rentenrechtlichen Vorteile gefรคhrdet sein”.
Immer sich zuerst beraten lassen
Ein Verschlimmerungsantrag sollte daher sorgfรคltig รผberlegt sein. Grundsรคtzlich ist es mรถglich, einen solchen Antrag zu stellen, allerdings sollte seit dem letzten Antrag mindestens ein halbes Jahr vergangen sein, rรคt der SoVD.
Betroffene sollten die eigenen Beweggrรผnde genau zu auswerten und den Nutzen gegen die mรถgliche Risiken abwรคgen. Der Antrag kann sinnvoll sein, wenn durch die Verschlechterung der gesundheitlichen Lebenssituation Nachteile entstanden sind, die durch eine hรถhere Einstufung des GdB oder durch zusรคtzliche Merkzeichen abgemildert werden kรถnnen.
Bevor ein Verschlimmerungsantrag gestellt wird, ist eine sozialrechtliche Beratung wichtig.
Expertinnen und Experten kรถnnen eine Einschรคtzung geben, wie die aktuellen Regelungen der versorgungsmedizinischen Verordnung auf den individuellen Fall angewandt werden und welche Chancen und Risiken mit dem Antrag verbunden sind.
Sozialverbรคnde wie der SoVD oder auch der Paritรคtische bieten hierzu bundesweit Sozialberatungen an, die bei der Entscheidungsfindung unterstรผtzen kรถnnen.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pรคdagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprรคvention und im Reha-Sport fรผr Menschen mit Schwerbehinderungen tรคtig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprรคvention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.