Schulden: Kontopfändung – Jetzt solltest Du das Richtige tun!

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Wer Schulden hat, muss mit einer Kontopfändung seitens der Gläubiger rechnen. Selbst wer keinen Lohn sondern Bürgergeld oder Sozialhilfe Leistungen bezieht, muss mit einer Pfändung des Kontos rechnen.

Wird das Konto gepfändet, sollten Schuldner schnell erste Schritte einleiten. Dieser Ratgeber gibt eine Übersicht zur rechtlichen Lage und welche Gegenwehr möglich ist.

Schnelles Handeln bei Kontopfändung notwendig!

Sie haben ein Girokonto bei der Bank/Sparkasse und Schulden. Die Bank erhält nun einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (kurz „Pfüb”) eines Ihrer Gläubiger.

Sie wird dadurch verpflichtet, Guthaben auf Ihrem Konto bis zur Forderungshöhe an den Gläubiger zu überweisen.

Meistens informiert Sie Ihre Bank darüber sofort. Das ist sehr wichtig, da mit dem Eingang des „Pfüb” bei der Bank eine 14-tägige Schutzfrist beginnt. Innerhalb dieser Frist darf die Bank an den Gläubiger nicht auszahlen.

An Sie als Kontoinhaber erfolgt nur dann eine Auszahlung, wenn Sie den unten näher beschriebenen Pfändungsschutz beantragen. Wenn Sozialleistungen wie Hartz IV auf dem Konto eingehen, gelten Besonderheiten.

Sofortiges Handeln notwendig

Achtung: Sofortiges Handeln ist gefragt! Es gibt bei Kontopfändungen keinen automatischen Schutz Ihres unpfändbaren Einkommens!

Sie haben nur während der gesetzlich vorgegebenen Frist rechtliche Möglichkeiten, eine zumindest teilweise Auszahlung des Kontoguthabens zu erreichen.

Wenn Sie diese Frist versäumen, wird das Guthaben unwiderruflich an die Gläubiger abgeführt und Sie können nur noch für zukünftige Geldeingänge Pfändungsschutz beantragen.

Um zumindest die lebensnotwendigen Ausgaben bis zum nächsten Geldeingang bestreiten zu können, hilft dann nur noch der Gang zum JobCenter.

Achtung: Der „Pfüb” „wartet” auf Ihrem Konto, d.h. für jeden weiteren Geldeingang müssen Sie den entsprechenden Pfändungsschutz in Anspruch nehmen, wie auf den nächsten Seiten beschrieben.

Wichtiger Hinweis: Pfändungsschutz gibt es nur für Ihr Konto! Für das Konto eines Bekannten, das Sie mit nutzen, gibt es keinen Pfändungsschutz. Geld, das auf einem Sparbuch oder dem Konto eines Bekannten gepfändet wird, geht immer unwiderruflich an die Gläubiger.

Ausnahme: Sie nutzen ein Sparbuch wie ein Girokonto mit regelmäßigen Zahlungseingängen – dann sollten Sie versuchen, in derselben Weise, wie hier für das Girokonto beschrieben, Pfändungsschutz zu erhalten (Vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, Rdnr. 2 zu § 850 k).

Tipp für Ehepaare: Falls nur bei einem der Ehepartner Zahlungsprobleme drohen, sollten getrennte Konten geführt werden. Bei einem gemeinsamen Konto kann es nämlich zu erheblichen Schwierigkeiten kommen, sobald gegen einen der Eheleute eine Kontopfändung vorliegt.

Was ist Pfändungsschutz?

Um an Ihr Geld zu kommen, müssen Sie einen Antrag auf Pfändungsschutz stellen. (Hinweis: Bei Sozialleistungen z.B. AlG II ist dies anders, vergleichen Sie hierzu auf S. 5 unter 3 b).

Zuständig ist die Stelle, die den „Pfüb” ausgestellt hat. Wenden Sie sich z.B. an das Amtsgericht (Rechtsantragsstelle), Finanzamt (Pfändungsstelle), Hauptzollamt oder die Krankenkasse.

Achtung: Für jeden „Pfüb” muss ein eigener Antrag auf Pfändungsschutz gestellt werden.

Sie benötigen hierfür folgende Unterlagen:
– Ausweis,
– Aktenzeichen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
– vollständige Kontoauszüge der letzten drei Monate (falls Kontoauszüge fehlen sollten, bitten Sie Ihre Bank um einen tagesaktuellen Umsatznachweis),
– Nachweis über alle Ihre Einkünfte (z.B. Lohnabrechnung, Bescheid über Arbeitslosengeld)
– Belege über etwaige Unterhaltsverpflichtungen,
– aktuelle Mietunterlagen (Mietvertrag mit letzter Mieterhöhung).

Achtung: Ein Pfändungsschutz wird nur auf Ihren Antrag gewährt und kann nur für wiederkehrende, von dritter Seite auf Ihr Konto überwiesene Einkünfte/Gehalt, gewährt werden. Dagegen kann für einmalig eingehende Geldzuwendungen, z.B. Geldgeschenke, Steuererstattungsansprüche oder auch Einzahlungen, die Sie selbst aus Ihrem – wenn auch unpfändbaren – Einkommen vornehmen, kein Pfändungsschutz eingreifen.

Wenn Sie also bspw. Arbeitslosengeld II auf das Konto einzahlen, um Ihre Miete zu überweisen, geht das Geld stattdessen an die Gläubiger, die das Konto gepfändet haben!

Beachte: Wenn Sie erst nach Ablauf der 14-tägigen Schonfrist tätig werden, ist das bisherige Guthaben bereits an den Gläubiger ausgezahlt worden!

3) Was ist zu tun, wenn Geld auf dem Konto eingeht?

3a) Pfändung von Lohn/Gehalt auf Ihrem Girokonto

Beispiel: Auf dem Konto von “Herrn Müller” geht der gesamte Lohn ein. Beim nächsten Bankbesuch stellt er fest, dass er mit seiner Karte trotzdem kein Geld abheben kann. Auf Nachfrage wird er am Schalter über eine Kontopfändung informiert, alle Überweisungen wurden gestoppt, auch die Mietüberweisung!

Was ist zu tun?

“Herr Müller” fragt nach dem Gläubiger und lässt sich eine Kopie des „Pfüb” (Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses) geben.

Der „Pfüb” kommt vom Amtsgericht seines Wohnbezirkes. Die einmalige 14-tägige Schutzfrist hat begonnen, als die Bank den „Pfüb” erhielt. Wenn kein Pfändungsschutz beantragt wird, geht das Geld danach an die Gläubiger.

Wird auch vor dem nächsten Geldeingang kein Pfändungsschutz beantragt, geht dann diese zweite Zahlung von Gehalt sofort ohne Schutzfrist an die Gläubiger. Um dies zu vermeiden, muss für die Freigabe vor dem nächsten Lohneingang der Antrag gestellt sein.

“Herr Müller” geht daher sofort zur Rechtsantragsstelle beim Amtsgericht und beantragt dort den Beschluss auf Freigabe des nicht pfändbaren Anteils seines Einkommens nach § 850 K Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch für alle zukünftigen Lohneingänge.

Dabei leistet ihm der Rechtspfleger beim Amtsgericht (Rechtsantragsstelle) Hilfestellung.

Herr Müller geht mit dem auf seinen Antrag hin erlassenen Beschluss zu seiner Bank und erhält dort den unpfändbaren Anteil seines Lohnes ausgezahlt.

Eine Freigabe des Kontos mit Wirkung auch für zukünftige Lohneingänge ist allerdings leider nur dann möglich, wenn der Lohn jeden Monat genau gleich hoch ist.

Schwankt er dagegen von Monat zu Monat auch nur um wenige Euro, so muss jedes Mal vor Eingang des Lohnes ein neuer Antrag auf Freigabe gestellt werden.

Hinweis: Für den ersten Monat kann es passieren, dass Ihnen weniger, als der pfändungsfreie Anteil des Einkommens verbleibt.

Dabei gilt die Faustregel: Je mehr Zeit vergeht zwischen dem Eingang des Lohns auf dem Konto und der Stellung des Antrags auf Pfändungsschutz, um so weniger Geld wird an Sie freigegeben (nämlich nur der Anteil an der Zahlung, der rechnerisch auf den verbleibenden Zeitraum bis zur nächsten Zahlung entfällt)! Verlieren Sie daher keine Zeit, jeder Tag zählt!

Tipp: Holen Sie nach Möglichkeit immer sofort nach Eingang das Geld vom Konto ab. Dies gilt vor allem dann, wenn Sie auch gleichzeitig mit einer Pfändung Ihres Lohnes beim Arbeitgeber rechnen. Wenn die Schutzfrist von 14 Tagen beginnt, gehen Sie wenn möglich schon am l. Tag zum Gericht.

Eingang von Sozialleistungen / Bürgergeld auf dem Girokonto

Das “Ehepaar Schulz” ist arbeitslos und erhält mit ihren beiden Kindern Arbeitslosengeld II, zusätzlich Kindergeld. Alle Leistungen werden auf das gemeinsame Konto überwiesen. Auch hier verweigert die Bank die Auszahlung, da eine Kontopfändung vorliegt.

Was ist zu tun?

Sozialleistungen sind nach § 55 Sozialgesetzbuch (SGB) I nach Eingang des Geldes 7 Tage (also auch das ALG II) lang „geschützt”. Dies bedeutet: Innerhalb dieser Frist muss die Bank die Sozialleistungen in voller Höhe auszahlen.

In unserem Beispiel legt Frau Schulz der Bank die Bescheide der einzelnen Ämter innerhalb der 7-tägigen Schutzfrist vor und erhält die eingegangenen Gelder daraufhin sofort ausgezahlt.

Hinweis: Nach Ablauf der 7-tägigen Frist haben Sie für laufende Sozialleistungen noch einmalig direkt nach Eingang des Pfüb´s weitere 7 Tage Zeit, zumindest den bereits beschriebenen Pfändungsschutz zu beantragen (siehe dazu 3a).

Allerdings kann sich dann der noch an Sie auszuzahlende Betrag in gleicher Weise anteilig auf den noch für den Zeitraum bis zum Eingang der nächsten Sozialleistung entfallenden Betrag reduzieren (vgl. 3a).

Tipp: Sprechen Sie in jedem Fall mit ihrer Bank, evtl. kann das Geld dennoch für Sie zurückgehalten werden. Falls die Bank sich weigern sollte, wenden Sie sich sofort an die Schuldnerberatungsstelle.

Sonderfall – wenn das Girokonto im Minus ist

Trifft ein „Pfüb” (Pfändungs- und Überweisungsbeschluss) auf ein überzogenes Konto, darf die Bank nicht an den Gläubiger überweisen. Denn nach herrschender Rechtsprechung darf nur ein Kontoguthaben, nicht aber ein Dispositionskredit, gepfändet werden.

Allerdings bedeutet das leider nicht, dass Sie als Kontoinhaber Ihr Geld auch in jedem Fall problemlos ausgezahlt bekommen: Vielmehr wird die Bank im Falle einer Pfändung oft den Dispositionskredit streichen und Geldein-gänge mit dem Minus des Kontos, das nun nicht mehr geduldet wird, verrechnen.

In diesem Fall kann es geschehen, dass auf diese Weise auch die Auszahlung eigent-lich unpfändbarer Geldeingänge verweigert wird.

Was ist zu tun?

Mittlerweile hat der BGH trotz guter Gegenargumente diese Praxis für rechtmäßig erklärt. Daher bestehen in diesem Fall mittlerweile nur noch sehr schlechte Aussichten, sich zur Wehr zu setzen. Sie sollten daher alle Geldeingänge auf dem gepfändeten Konto stoppen. Nehmen Sie Kontakt auf mit einer Schuldnerberatungsstelle.

Was ist zu tun, wenn die Bank das Konto kündigt?

Oft kündigen Banken bei Eingang einer Kontopfändung das Girokonto. Es besteht leider in aller Regel keine Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen. Allerdings sollten Sie Ihre Bank auf die freiwillige Selbstverpflichtung aller Banken hinweisen, wonach ein Konto erst dann gekündigt werden soll, wenn es durch Pfändungsmaßnahmen regelrecht blockiert ist (ZKA-Empfehlung: Girokonto für Jedermann).

Zudem haben die Banken mittlerweile sogenannte Ombudsverfahren eingerichtet. Vereinfacht gesprochen handelt es sich dabei um eine Beschwerdestelle.

Fragen Sie nach der Adresse des sogenannten Ombudsmannes und kündigen Sie an, dass Sie ihm Ihren Fall vorlegen werden. Reichen Sie eine Beschwerde ein und berichten Sie Ihrer Schuldnerberatungsstelle über das Ergebnis.

Sollte das Gespräch mit Ihrer Bank und der Hinweis auf das Ombudsverfahren nicht helfen, wenden Sie sich bitte an eine nächst gelegene Schuldnerberatungsstelle, die sich um eine angemessene Lösung für Sie bemühen wird.

Fristen beachten!

Handeln Sie sofort! Es gibt bei Kontopfändungen keinen automatischen Schutz Ihres unpfändbaren Einkommens! Mit jedem Tag, den Sie verstreichen lassen, droht der teilweise oder völlige Verlust des Einkommens!

Gebühren

Zum Teil berechnen Banken immer noch Gebühren für die Bearbeitung von Kontopfändungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist dies jedoch unzulässig, da Banken Kontopfändungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung bearbeiten müssen. Somit handelt es sich also nicht um eine Dienstleistung für den Kontoinhaber (Urteil Az: 11 ZR 219/98 sowie Urteil vom 19.10.99, Az: 11 ZR 8/99).

Wichtig zum Schluss

Hier soll nur ein kleiner Überblick über ein schwieriges Gebiet geben. Es gibt viele Ausnahmen, Besonderheiten und in manchen Bereichen auch keine einheitliche Rechtsprechung. Für ein gemeinsames Konto von Eheleuten ergeben sich beispielsweise Sonderprobleme, die hier nicht behandelt werden können.