Rente unter 60 ohne Abschlag

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Rente unter 60 ohne Abschlag, ist das möglich? Viele wünschen sich einen frühzeitigen Einstieg in Ihren Ruhestand, doch wer früher in Rente gehen will, muss fast immer mit finanziellen Einbußen rechnen. Wir erklären in diesem Beitrag, welche Lösungen es gibt.

Altersteilzeit: Frühzeitig Arbeitszeit reduzieren?

Das Modell der Altersteilzeit ermöglicht Arbeitnehmern, vor dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters schrittweise aus dem Berufsleben auszutreten. Dafür gibt es klare Voraussetzungen. Arbeitnehmer müssen mindestens 55 Jahre alt sein und dürfen sich nicht näher als drei Jahre vor dem regulären Renteneintritt befinden.

Zusätzlich müssen sie in den vergangenen fünf Jahren mindestens 1080 sozialversicherungspflichtige Kalendertage (entspricht etwa drei Jahren) gearbeitet haben. Dies kann auch Zeiten beinhalten, in denen Krankengeld oder Arbeitslosengeld bezogen wurde.

Modelle der Altersteilzeit: So funktioniert es

Es gibt verschiedene Modelle, wie die Arbeitszeit während der Altersteilzeit gestaltet werden kann. In allen Fällen wird die Arbeitszeit im Durchschnitt um 50 Prozent reduziert, wobei die genauen Regelungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgelegt werden.

  1. Gleichverteilungsmodell: Hierbei wird die Arbeitszeit während der gesamten Dauer der Altersteilzeit gleichmäßig auf die Hälfte reduziert. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer entweder an jedem Arbeitstag weniger Stunden arbeitet oder nur an ausgewählten Tagen im vollen Umfang tätig ist.
  2. Blockmodell: Beim Blockmodell, wird die Altersteilzeit in zwei Phasen aufgeteilt. In der ersten Phase arbeitet der Arbeitnehmer weiter in Vollzeit, in der zweiten Phase – der sogenannten Freistellungsphase – erfolgt keine Arbeitsleistung mehr.
  3. Individuelles Modell: Dieses Modell lässt eine flexible Verteilung der Arbeitszeit zu. Beispielsweise kann die Arbeitszeit in stufenweisen Reduzierungen erfolgen, abhängig von den Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In der Praxis wird das Blockmodell häufig genutzt, da es eine klare Trennung zwischen Arbeits- und Freistellungsphase bietet. Wichtig zu beachten ist, dass der Arbeitgeber die Aufstockungsbeträge und die Rentenversicherungsbeiträge für maximal sechs Jahre zahlt. Somit ist ein Übergang in die Altersteilzeit ab dem 59. Lebensjahr möglich, wenn der reguläre Rentenbeginn bei 65 Jahren liegt.

Was kostet der vorzeitige Ruhestand?

Während der Altersteilzeit müssen Arbeitnehmer mit einem geringeren Einkommen rechnen. Zwar wird das reduzierte Gehalt vom Arbeitgeber aufgestockt, aber in den meisten Fällen nicht auf 100 Prozent.

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Mindestens 80 Prozent des vorherigen Nettogehalts sind jedoch durch gesetzliche Regelungen gesichert, und einige Tarifverträge bieten sogar höhere Aufstockungsbeträge. Auch die Rentenversicherungsbeiträge werden entsprechend angepasst, sodass es nur zu geringen Einbußen bei der späteren Rentenzahlung kommt.

Beispielrechnung: Was bedeutet Altersteilzeit finanziell?

Ein Beispiel zeigt die finanziellen Auswirkungen, die Altersteilzeit haben kann.

Bernd W., 56 Jahre alt, möchte im August 2024 in Altersteilzeit gehen. Zuvor hat er 40 Stunden pro Woche gearbeitet und ein Bruttogehalt von 4600 Euro erhalten. Nach Abzügen und mit Steuerklasse III blieben ihm 2980 Euro netto.
Ab Beginn der Altersteilzeit wird seine Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche reduziert.

Entsprechend sinkt sein Bruttogehalt auf 2300 Euro und sein Nettoverdienst auf 1830 Euro. Der Arbeitgeber stockt jedoch das Nettogehalt um 20 Prozent des Bruttogehalts auf, sodass Bernd W. letztlich 2290 Euro netto erhält.

Zusätzlich zur Gehaltsaufstockung zahlt der Arbeitgeber weiterhin Rentenversicherungsbeiträge auf Basis des vollen Gehalts. In diesem Fall werden mindestens 80 Prozent der vorherigen Rentenbeiträge entrichtet. Bernd W. würde regulär auf 40 Entgeltpunkte kommen, was einer monatlichen Rente von 1530 Euro entspricht.

Durch die Altersteilzeit erreicht er jedoch nur 38 Entgeltpunkte und erhält somit eine Rente von etwa 1430 Euro. Die Reduzierung der Entgeltpunkte bleibt also überschaubar.

Urlaub und Kündigungsschutz in der Altersteilzeit

Wer in das Blockmodell wechselt und in die Freistellungsphase übergeht, hat während dieser Phase keinen Anspruch auf Urlaub. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az. 9 R AZR 481/18). Wechselt ein Arbeitnehmer beispielsweise in der Mitte eines Jahres von der Arbeits- in die Freistellungsphase, wird der Urlaubsanspruch anteilig berechnet.

Ein weiterer Vorteil der Altersteilzeit ist der besondere Kündigungsschutz während der Freistellungsphase. Sobald der Arbeitnehmer diese Phase erreicht, ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber in der Regel nicht mehr möglich, wie das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil bestätigt hat (Az. 2 AZR 571/01). In der aktiven Arbeitsphase besteht dieser Schutz jedoch nicht.

Vorzeitige Rente mit Abschlägen: Alternativen zur Altersteilzeit

Wer die Altersteilzeit nicht in Anspruch nehmen kann oder möchte, hat dennoch die Möglichkeit, vor dem regulären Rentenalter in den Ruhestand zu treten. Dies ist jedoch meist mit Rentenabschlägen verbunden. Arbeitnehmer, die früher in Rente gehen, müssen pro Monat des vorzeitigen Ruhestands mit einem Rentenabschlag von 0,3 Prozent rechnen.

Bei einem vorgezogenen Renteneintritt von drei Jahren würde dies einen Abschlag von insgesamt 10,8 Prozent bedeuten.

Auch hier gibt es Möglichkeiten, die finanzielle Belastung abzumildern. So können Arbeitnehmer freiwillig zusätzliche Rentenbeiträge leisten, um die Abschläge teilweise oder vollständig auszugleichen.