Rente: Dieses Recht nutzen weniger als 30 Prozent

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Die Anzahl der Menschen in Deutschland, die Grundsicherung im Alter beziehen, ist auf ein historisches Hoch gestiegen. Nach aktuellen Daten vom Dezember 2023 beziehen 689.590 Personen diese staatliche Leistung.

Trotz dieser Zahlen beantragen viele Berechtigte die Unterstรผtzung nicht, was eine Analyse der Hintergrรผnde und Anforderungen notwendig macht.

Anspruch auf Grundsicherung im Alter: Kriterien und Berechnungsgrundlagen

Grundsicherung im Alter ist fรผr Personen vorgesehen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, in Deutschland leben und deren Einkommen sowie Vermรถgen nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu sichern. Ein durchschnittliches Einkommen unter 1.015 Euro im Monat kann ein Indiz dafรผr sein, dass Anspruch auf diese Leistung besteht.

Neben der Altersrente werden auch andere Einkรผnfte und die finanziellen Verhรคltnisse eines Lebenspartners berรผcksichtigt. Auch Erwerbsminderungsrentner mit unbefristeter Rente kรถnnen berechtigt sein.

Die Hรถhe der Grundsicherung orientiert sich am individuellen Bedarf. Im Jahr 2024 betrรคgt der Regelsatz fรผr Alleinstehende 563 Euro pro Monat, wรคhrend Paare 506 Euro je Person erhalten.

Ebenso รผbernimmt das Sozialamt Kosten fรผr Unterkunft und Heizung, solange diese als angemessen gelten. Orientierung bieten dabei die jeweiligen Mietspiegel.

Soziale und psychologische Hindernisse: Warum viele auf die Beantragung verzichten

Obwohl die Zahl der Empfรคnger von Grundsicherung stetig steigt, gibt es Hinweise darauf, dass 70 Prozent der Berechtigten keinen Antrag stellen. Wesentliche Grรผnde dafรผr sind:

  1. Unwissenheit: Viele Rentner wissen nicht, dass sie anspruchsberechtigt sind.
  2. Angst vor Rรผckzahlung: Falsche Annahmen, dass Angehรถrige die Leistungen zurรผckerstatten mรผssen, schrecken ab.
  3. Schamgefรผhl: Der Gang zum Amt und die Offenlegung persรถnlicher Verhรคltnisse empfinden viele als entwรผrdigend.
  4. Komplexe Verfahren: Die Beantragung ist oft mit erheblichem Aufwand und einer detaillierten Prรผfung von Einkommen, Vermรถgen und Wohnkosten verbunden. Dies wird von vielen als invasive Bรผrokratie wahrgenommen.

Diese Barrieren fรผhren dazu, dass Anspruchsberechtigte auf die ihnen zustehenden Leistungen verzichten und stattdessen mit finanziellen Engpรคssen leben.

Beantragung der Grundsicherung: Zustรคndigkeiten und Verfahren

Die Grundsicherung im Alter wird รผber die Sozialรคmter beantragt. Die Rentenversicherungstrรคger sind gesetzlich verpflichtet, รผber die Voraussetzungen zu informieren und Antrรคge entgegenzunehmen. Diese werden an die zustรคndigen Stellen weitergeleitet.

Die Bewilligung erfolgt in der Regel fรผr ein Jahr. Bei einer stabilen finanziellen Situation kรถnnen lรคngere Bewilligungszeitrรคume gewรคhrt werden. Antragstellende mรผssen ihre persรถnlichen Verhรคltnisse offenlegen. Dazu gehรถren:

Angaben zu Einkommen, Ersparnissen und Sachwerten
Nachweise รผber Wohnverhรคltnisse und Lebensgemeinschaften

Ein Schonvermรถgen von 10.000 Euro bleibt unberรผhrt. Der Schutz vor einer VerรคuรŸerung betrifft auch selbst genutzte Eigentumswohnungen, sofern diese als angemessen gelten.

Wohnungskosten und Angemessenheit: Regelungen zur Unterkunft

Neben dem Regelsatz deckt die Grundsicherung Kosten fรผr Unterkunft und Heizung, sofern diese den lokalen Standards entsprechen. Fรผr eine Einzelperson gelten in der Regel 45 bis 50 Quadratmeter Wohnflรคche als angemessen, fรผr Paare 60 Quadratmeter. Die รœbernahme basiert auf den ortsรผblichen Mietspiegeln.

Wichtig ist, dass selbst genutzte, angemessene Eigentumswohnungen nicht verรคuรŸert werden mรผssen. Diese Regelung schรผtzt Betroffene vor dem Verlust ihres Zuhauses.

VdK und Reformvorschlรคge: Vereinfachung durch Automatisierung

Der Sozialverband VdK setzt sich dafรผr ein, dass Sozialleistungen wie die Grundsicherung automatisiert ausgezahlt werden. VdK-Prรคsidentin Verena Bentele betont, dass eine negative Einkommenssteuer Antragsverfahren รผberflรผssig machen kรถnnte. Bis dahin sollten Antrรคge kรผrzer und verstรคndlicher gestaltet werden, um die Hรผrden fรผr Betroffene zu reduzieren.

Weiterhin verweist der VdK darauf, dass auch andere Sozialleistungen wie Wohngeld oft nicht in Anspruch genommen werden. Die Reform des Wohngelds hat die Zahl der Berechtigten zwar erhรถht, dennoch bleiben Beantragung und Bearbeitung kompliziert und zeitaufwendig.

Gesellschaftliche Stigmatisierung und Altersarmut

Empfรคnger von Sozialleistungen wie der Grundsicherung werden hรคufig gesellschaftlich stigmatisiert. Besonders รคltere Menschen, die ein arbeitsreiches Leben hinter sich haben, empfinden es als persรถnliche Niederlage, auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein.

Die anhaltenden Diskussionen รผber das Bรผrgergeld verstรคrken diese Wahrnehmung und schรผren Vorurteile gegenรผber Leistungsbeziehern.

Die Realitรคt zeigt jedoch, dass Altersarmut zunehmend verbreitet ist und selbst Jahrzehnte harter Arbeit nicht ausreichen, um im Alter finanziell abgesichert zu sein.

Die Kombination aus schwindenden Rentenansprรผchen und steigenden Lebenshaltungskosten verschรคrft die Problematik weiter.