Die Bundesregierung hat wichtige Änderungen bei der Rente beschlossen. Im Detail sieht das Ergebnis etwas anders aus, als es angekündigt war, und wie wir es bei Gegen Hartz auch veröffentlichten.
So verschieben sich Termine, an denen Änderungen im Kraft treten, und das bis zu zwei Jahren. Der Rentenexperte Peter Knöppel hat die einzelnen Punkte kritisch geprüft, und auch wir zeigen, wo Haken versteckt liegen.
Es geht um Weiterarbeit nach der Rente
Im Kern dienen die Änderungen dazu, mehr Rentner dazu zu bringen, weiter erwerbstätig zu sein, und dafür Anreize zu schaffen. So soll eine neue Dynamik in die Wirtschaft gebracht werden.
Die vier Änderungen bei der Rente
Die vier Änderungen betreffen erstens eine Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots bei der Regelaltersgrenze, zweitens die Einführung einer Rentenaufschubprämie, drittens das Zahlen des Arbeitgeberanteils für Arbeitslosen- und Rentenversicherung als Zusatzlohn für beschäftigte Rentner, und viertes einen zusätzlichen Sockelbeitrag bei der Hinterbliebenenrente.
Änderung 1: Das Vorbeschäftigungsverbot wird gelockert
Das Vorbeschäftigungsverbot wird eingeschränkt, und damit sollen Menschen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben zu ihrem vorherigen Arbeitgeber zurückkehren können, und dafür einen befristeten Arbeitsvertrag schließen.
Knöppel kritsiiert, dass nach wie vor Rentner auf eine solche Rückkehr zu ihrer alten Beschäftigung keinen Rechtsanspruch haben.
Arbeitsverträge, die festlegen, dass das Arbeitsverhältnis automatisch mit der Altersrente endet, bleiben weiter bestehen. Solche Klauseln hätte, laut Knöppel, der Gesetzgeber für unwirksam erklären müssen.
Diese Änderung tritt erst am 2.4.2025 in Kraft, und nicht, wie vorgesehen, am 1.1.2025.
Änderung 2: Die Rentenaufschubprämie
Eine Rentenaufschubprämie soll Arbeitnehmer motivieren, nach der Regelaltersgrenze weiterzuarbeiten. Bei einer Erwerbsarbeit, die über einen Minijob hinausgeht und mindestens zwölf Monate anhält, erhalten sie eine zusätzliche Prämie, die der entgangenen Rente entspricht.
Laut Knöppel kritisieren Sozialverbände, dass diese Prämie erhebliche finanzielle Belastungen für die Rentenversicherung bedeutet.
Änderung 3: Arbeitgeberbeitrag als Zusatzlohn
Rentner müssen nicht in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung einzahlen, Arbeitgeber müssen ihren Anteil jedoch weiterleisten. In Zukunft sollen sie diesen Anteil Arbeitnehmern nach der Rente als Zusatzlohn auszahlen dürfen.
Knöppel kritisiert, dass für diese Regelung die Renten- und Arbeitslosenversicherungen geschröpft werden. Diesen gingen nämlich nicht unerhebliche Beitragszahlungen verloren.
Dies, so lässt sich ergänzen, in einer Zeit, in der sich das Verhältnis zwischen Rentnern und Arbeitnehmern immer weiter verschiebt, also proportional mehr Rentner durch weniger Arbeitnehmer finanziert werden müssen. Am 1. Juli 2025 tritt diese Änderung in Kraft
Änderung 4: Der Sockelbeitrag bei der Witwen- und Witwerrente
Diese Änderung betrifft die Anrechnung des Einkommens bei der Hinterbliebenenrente. Bevor das Berechnungsverfahren einsetzt, wird in Zukunft ein Sockelbeitrag vom Bruttoeinkommen abgezogen, und dieser bleibt unberührt.
Dieser Sockelbeitrag wird an den jeweiligen Mindestlohn angepasst und würde derzeit 538 Euro betragen. Er kommt zu den bestehenden Freibeträgen hinzu, die nicht angerechnet werden und aktuell bei 1038 Euro liegen.
Diese Änderung ist darauf ausgelegt, dass für Witwen und Witwer eine Vollzeittätigkeit zum gesetzlichen Mindestlohn nicht zur Kürzung der Hinterbliebenenrente führt.
Hier handelt es sich um eine gute und längst überfällige Änderung. Die bisherigen Anrechungen des Einkommens sind nämlich so streng, dass viele Witwer und Witwen zwar grundsätzlich einen Anspruch auf eine Rente haben, diese aber nicht ausbezahlt bekommen, weil sie “zuviel” verdienen.
Ursprünglich sollte dieser Sockelbeitrag zum 1.7.2025 in Kraft treten. Leider dauert es wegen Problemen bei der Softwareumstellung der Rentenversicherung jetzt noch zwei Jahre länger. Erst ab dem 1.7.2027 profitieren Hinterbliebene von dieser Regelung.
Fazit
Vollauf begrüßen lässt sich nur der Sockelbetrag bei der Hinterbliebenenrente. Die anderen Änderungen verbessern zwar die Situation von Rentnern, die weiter arbeiten wollen, lösen aber keine grundsätzlichen Fragen des Rentensystems.
Da geht es nämlich darum, wie das Modell, in dem Erwerbstätige mit ihren Beiträgen die nicht mehr Erwerbstätigen versorgen, entwickelt werden kann, wenn immer mehr Rentner immer älter werden.
Stattdessen nehmen manche dieser Änderungen sogar das Geld sogar aus den Rentenkassen, die immer mehr Probleme bekommen, gefüllt zu werden.
Zudem erhöht keine dieser Änderungen direkt die oftmals viel zu kleinen Renten und wirkt nicht gegen die Altersarmut derer, die aus vielerlei Gründen nicht weiterarbeiten können.
Das ist auch nicht das Ziel dieser Regelungen. Es geht keinesfalls darum, Menschen nach ihrer Erwerbsarbeit einen arbeitsfreien Lebensabend in Würde und ohne materielle Not zu ermöglichen, sondern darum, sie zu verlocken, auch dann weiter zu arbeiten, wenn sie es – bei einer ausreichenden Rente – nicht mehr müssten.
Dr. Utz Anhalt erläutert die Änderungen im Video
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.