Ortsabwesenheit im Bürgergeld: Wenn das Jobcenter ein Mitspracherecht hat

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Eine Auszeit vom Alltagsstress ist für die meisten Bürgergeld-Bezieher aus finanziellen Gründen meist nicht möglich. Wenn Leistungsberechtigte für einige Wochen für das Jobcenter nicht erreichbar sind, muss dies dem Jobcenter vorher mitgeteilt werden. Wie lange können Leistungsberechtigte in den Urlaub fahren? Gibt es Zuschüsse? Welche Regeln gelten für Aufstocker? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

Ortsabwesenheit beim Jobcenter beantragen

Auch Bürgergeldbezieher haben manchmal die Möglichkeit, Urlaub zu machen. Im Sozialrecht wird dies als “Ortsabwesenheit” bezeichnet. Der Name kommt daher, dass Bürgergeldbezieher eigentlich ständig erreichbar sein sollten, falls sich Jobangebote, Maßnahmen oder Bewerbungsgespräche ergeben.

Sie können sich aber bis zu 21 Kalendertage im Jahr von der “Ortsabwesenheit” freistellen lassen. Dafür müssen Sie jedoch einen Antrag stellen und die Zustimmung des Jobcenters einholen. Wenn Sie ohne vorherige Zustimmung verreisen, verlieren Sie Ihren Leistungsanspruch für die gesamte Dauer der Reise.

Das Problem: Ortsabwesenheit ist eine sogenannte Kann-Leistung des Jobcenters. Die Behörde entscheidet also selbst, ob sie einen Antrag auf Ortsabwesenheit bewilligt oder nicht. Ein Rechtsanspruch auf Ortsabwesenheit besteht nur dann, wenn ein wichtiger Grund für die Ortsabwesenheit vorliegt und die Integration in den Arbeitsmarkt dadurch nicht beeinträchtigt wird. Folgende Gründe können eine Ortsabwesenheit rechtfertigen

  • Teilnahme an einer kirchlichen, staatspolitischen oder gewerkschaftlichen Veranstaltung.
  • ärztlich verordnete Behandlungen außerhalb Ihres Wohnortes (insbesondere Rehamaßnahmen).
  • besondere Urlaubsregelung für Aufstocker

Nach der Erreichbarkeitsverordnung können Leistungsberechtigte insgesamt 6 Wochen im Jahr in Urlaub gehen, wovon jedoch nur 3 Wochen (21 Tage inkl. Wochenenden und Feiertage) die Bürgergeldzahlung durch das Jobcenter fortgesetzt wird.

Die Ortsabwesenheitsregelungen gelten allerdings nur für nicht erwerbstätige Bürgergeldbezieher/innen. Aufstocker/innen haben einen gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz. Eine Genehmigung des Jobcenters ist nicht erforderlich. Sie müssen die Behörde aber zumindest über den bevorstehenden Urlaub informieren. Dazu mehr im Absatz “Verschärfte Regeln für Aufstocker”.

Anrechnung von Geldgeschenken beim Bürgergeld

Mit dem knappen Regelsatz ist die Urlaubsplanung zwar schwierig. Oft helfen aber Verwandte oder Freunde aus und übernehmen die Reisekosten teilweise oder sogar ganz. Darf das Jobcenter in solchen Fällen die Unterstützung anrechnen?

Das hängt davon ab, ob Sie das Geld für den Urlaub direkt erhalten oder ob der Spender alle Kosten übernimmt. Denn nach § 11 SGB II darf das Jobcenter nur Geldleistungen als Einkommen anrechnen. Wenn also kein Geld fließt, müssen Leistungsberechtigte auch keine Kürzungen befürchten.

Gibt es Zuschüsse für den Urlaub vom Jobcenter?

Das Jobcenter gewährt keine Zuschüsse für einen Urlaub mit den Kindern. Bei den Landesämtern für Soziales können jedoch in einigen Bundesländern Anträge auf Urlaubsbeihilfen für Familien gestellt werden. Wie und wo einen Antrag auf Beihilfen gestellt werden kann, erfahren Sie hier.

Verschärfte Regelungen für Aufstocker durch Bürgergeldreform

Die Regelungen zur Ortsabwesenheit für Aufstocker wurden verschärft, da das Kriterium “arbeitslos” entfällt. Damit unterliegen auch Aufstocker den in § 7b SGB II n.F. neu geregelten Erreichbarkeitsvoraussetzungen. Die Ortsabwesenheit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bedarf jedoch weiterhin nicht der Zustimmung des Jobcenters.

  1. Neu ist, dass Leistungsberechtigte, die nicht als erwerbsfähig gelten, generell keine Zustimmung mehr benötigen.
  2. Neu ist auch, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die weder arbeitslos noch erwerbstätig sind (Elternzeit, Schüler) und damit nicht der Arbeitsvermittlung unterliegen, einen Rechtsanspruch auf Zustimmung haben.
  3. Neu ist auch, dass eine Ortsabwesenheit aus “wichtigem Grund” nicht der 3-Wochen-Frist unterliegt, wobei die Definition, was ein wichtiger Grund ist, der Willkür der Jobcenter überlassen bleibt.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch, warum für Erwerbstätige und Personen, die nicht der Arbeitsvermittlung unterliegen, die Ortsabwesenheit “ohne wichtigen Grund” ebenfalls auf 3 Wochen beschränkt wurde.

Ist Urlaub ein wichtiger Grund?

Ob die Inanspruchnahme des gesetzlichen Erholungsurlaubs durch den Arbeitnehmer als wichtiger Grund anzuerkennen ist, wird wohl die Rechtsprechung klären müssen. Zwar hat das Bundesarbeitsministerium auch hier eine Verordnungsermächtigung, ob es aber diesmal davon Gebrauch machen und damit die Auslegung durch die Jobcenter einschränken wird, darf bezweifelt werden.

Dieser Antrag kann in dieser Form gestellt werden:
Absender
Anschrift JobCenter
Datum
Antrag auf Ortsabwesenheit
BG-Nr.: xxx
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich/wir beabsichtige/n, mich/uns in der Zeit vom xx.xx.2023 bis zum xx.xx.2023 ußerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung definierten Zeit- und ortsnahen Bereiches aufzuhalten. Ich/Wir bitte/n Sie um entsprechende vorherige Zustimmung sowie um schriftliche Rückantwort bis zum xx.xx.20xx (10 Kalendertage), damit ich/wir entsprechend planen kann/können.
Bei Ablehnung bitte ich, ebenfalls bis spätestens zum o. g. Datum, um einen schriftlich begründeten Bescheid.
Mit freundlichen Grüßen
{Unterschrift}

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