Nicht das gesamte Hartz IV-Sanktionssystem steht vor Gericht

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Bundesverfassungsgericht fällt sein Urteil nicht zu allen Hartz IV Sanktionen

Wie berichtet, wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu den Sanktionen im Hartz IV-System fällen. Aber um was geht es bei diesem Urteil? Stehen alles Sanktionen zur Disposition, oder nur spezielle?

Urteilsspruch am 5. November 2019

Lange haben Vertreter verschiedener Erwerbslosen- und Sozialinitiativen auf das Verfahren gewartet. Am 5. November wollen die obersten Verfassungshüter in Karlsruhe nun ein abschließendes Urteil (BVerfG – 1 BvL 7/16) fällen. Bereits im Januar fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht statt.

Bezieher von Hartz IV Leistungen (SGB II) werden mit Geldkürzungen belegt, wenn sie verschiedene Auflagen nicht erfüllen. Der Gesetzgeber hat den Jobcentern Vorgaben gemacht, in welchen Konstellationen solche Kürzungen als Strafen vorgenommen werden dürfen. Dabei können Betroffene bis 100 Prozent Kürzungen erleiden. Immer wieder sind die Gerichte mit Klagen in diesem Themengebiet befasst.

Keine grundsätzliche Entscheidung

Die Karlsruher Richter sollen nunmehr entscheiden, ob die Sanktionen mit dem Grundgesetz vereinbar sind, oder ob Kürzungen gegen die Verfassung verstoßen. Allerdings sind hierbei nicht alle Sanktionen Gegenstand des Verfahrens, so dass es keine grundsätzliche Entscheidung zu Leistungskürzungen im SGB II geben wird.

Insbesondere beschäftigt sich das Verfassungsgericht mit den Sanktionen bei sogenannten Pflichtverletzungen nach §31 im SGB II. Pflichtverletzungen entstehen bei Verstößen des Leistungsberechtigten, die in den sog. Eingliederungsvereinbarungen fixiert wurden. Zum Beispiel, wenn sich Leistungsempfänger weigern eine Arbeit, Ausbildung oder eine Maßnahme anzutreten oder abbrechen. Zudem gilt als Pflichtverletzung ein unwirtschaftliches Verhalten oder ein absichtlich herbeigeführtes Verhalten, dass eine Hilfebedürftigkeit bedingt.

Keine Entscheidung bei Meldeverstößen

Damit steht nicht das gesamte Hartz-IV Sanktionssystem in Frage, denn Strafen bei Meldeversäumnissen werden nicht verhandelt. Diese aber machen rund drei Viertel aller Sanktionen aus.

Besonders harte Sanktionen gegen unter 25jährige

Auch soll über die Sanktionen gegen unter 25jährige Leistungsbezieher (U25) verhandelt werden. Hier gelten besonders scharfe Regeln. Jungen Leistungsbeziehern kann der ALG II-Regelsatz gleich nach der ersten Pflichtverletzung um 100 Prozent gekürzt werden. Bei über 25jährigen werden “erst” nach dem 3 Vergehen die Leistungen auf Null gekürzt. Lediglich die Unterkunftskosten werden weiterhin vom Jobcenter übernommen (§ 31 Abs. 3 S.3 SGB II).

Junge Menschen werden schneller und härter bestraft

Auswertungen der Bundesagentur für Arbeit zeigten, dass Betroffene unter 25 nicht nur sehr viel stärker, sondern auch wesentlich häufiger sanktioniert werden. Im Mai 2019 lag die Sanktionsquote bei “U25” bei etwa 9 Prozent. Bei über 25jährigen lag hingegen die Quote bei 4,2 Prozent. Somit zeigt sich, dass junge Menschen faktisch doppelt so häufig von Sanktionen betroffen sind. Die Kürzungen bei U25 lagen durchschnittlich bei monatlich bei 132 EUR, bei Ü25 bei rund 110 Euro im Monat.

Sozialgericht Gotha lieferte die Vorlage

Vorrausgegangen war ein Urteil des Sozialgerichts Gotha. Dieses kam 2015 bis zum höchsten Gericht, wurde dort aber aus formalen Gründen abgewiesen. Die Verfassungsrichter ermutigten das Sozialgericht jedoch in ihrer Urteilsbegründung, es noch einmal zu versuchen, denn es werden dort “interessante rechtliche Fragen aufgeworfen.” Das Sozialgericht Gotha folgte der Empfehlung und versuchte es erneut. Seit Januar 2019 wird nun die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt. Die Redaktion “Gegen-Hartz.de” wird vor Ort berichten.

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