Sind Sie langfristig erkrankt und fragen sich, wie es weitergeht, wenn das Krankengeld ausläuft? Wir haben hier die wichtigsten Informationen zur Nahtlosigkeitsregelung zusammen gefasst, die dafür sorgen soll, dass Sie nicht auf einmal krank und ohne Mittel zum Lebensunterhalt dastehen.
Nahtlosigkeit bedeutet, dass zwischen dem Ende des Krankengeldes und einer wiederhergestellten Erwerbsfähigkeit keine Lücke entsteht, in der immer noch Erkrankte im Nichts stehen.
Inhaltsverzeichnis
Zuerst zahlt der Arbeitgeber, dann die Krankenkasse
Wenn Sie als krankenversicherter Arbeitnehmer krank geschrieben sind, zahlt erst einmal der Arbeitgeber für sechs Wochen den Lohn weiter. Bei andauernder Erkrankung ist die gesetzliche Krankenkasse verpflichtet, für bis zu 78 Wochen Krankengeld zu bezahlen.
Die sechs Wochen, die der Arbeitgeber übernimmt, werden davon abgezogen. Wenn diese vorbei sind, bleiben also noch bis zu 72 Wochen, in denen die Krankenkasse mit Krankengeld den Lebensunterhalt ermöglicht.
Was, wenn das Krankengeld ausläuft?
Länger zahlt die Krankenkasse nicht, und auch dann nicht, wenn sie weiterhin krank geschrieben und arbeitsunfähig sind. Der Begriff dafür lautet Aussteuerung. Nach sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und 72 Wochen Versorgung durch die Krankenkasse stünden sie also trotz Krankheit mit leeren Händen da.
Die Nahtlosigkeitsregelung
Damit genau das nicht passiert, gibt es die Nahtlosigkeitsregelung, eine Ausnahme im Arbeitslosengeld I. Grundsätzlich wird für die Auszahlung der Sozialversicherungsleistung Arbeitslosengeld (ALG I) nämlich erwartet, dass Sie aktiv auf Suche nach Erwerbsarbeit gehen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Für die Nahtlosigkeitsregelung gilt das in der Praxis nicht. Obwohl Sie krank geschrieben und -zumindest zeitweise- arbeitsunfähig sind, können Sie sich bei Aussteuerung des Krankengeldes nahtlos für Arbeitslosengeld (ALG I) melden und bekommen dies.
Arbeitslosengeld trotz Arbeitsvertrag
Das gilt auch dann, wenn Sie nach wie vor einen bestehenden Arbeitsvertrag haben, ihr Arbeitgeber also nicht gekündigt hat, und Sie auch aus diesem Grund nicht auf Arbeitssuche sind.
Nahtlosigkeit gilt vorübergehend
Diese Auszahlung des Arbeitslosengeldes soll eine Lücke nach der Aussteuerung füllen und gilt deshalb grundsätzlich nur vorübergehend. Der Bezug von Arbeitslosengeld ist für den Zeitraum vorgesehen, in dem noch nicht klar ist, ob Sie nur zeitweise arbeistunfähig sind oder generell und auf Dauer nur noch weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten können.
Wichtig ist: Die Nahtlosigkeitsregelung gilt nur, wenn Sie in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, also mindestens zwölf Monate in den letzten 30 Monaten vor der Meldung bei der Budnesagnetur für Arbeit pflichtversichert waren.
Nahtlosigkeit und Erwerbsminderung
Bei dauerhafter Erwerbsminderung, wenn Sie also generell nur noch weniger als drei Stunden arbeiten können, egal, in welchem Beruf, haben Sie keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld (und auch nicht auf Bürgergeld).
Bei dauerhafter voller Erwerbsminderung ist entweder die Rentenversicherung zuständig (wenn Sie mit mindestens fünf Versicherungsjahren rentenberechtigt sind), oder die Sozialhilfe.
Bei teilweiser Erwerbsminderung haben Sie jedoch Anspruch auf Arbeitslosengeld (als Beitragszahler) oder auf Bürgergeld. Hier können Sie bis zu sechs Stunden täglich arbeiten und gelten somit als erwerbsfähig.
Konflikte zwischen Bundesagentur für Arbeit und den Rentenkassen
Langjährig erkrankte Versicherte nach Ende des Krankengeldes stehen also im Spannungsfeld zwischen zwei möglichen Trägern der Leistungen, zwischen denen es zudem oft Konflikte über die Zuständigkeit gibt.
Verfahren, um eine Erwerbsmindeurng festzustellen, um zu bestimmen, ob es sich um eine volle, eine teilweise oder keine Erwerbsminderung handelt, dauern oft Monate. Dabei bewerten die Bundesagentur für Arbeit und die Rentenkasse die Erwerbsfähigkeit auch noch oft unterschiedlich.
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Der Antrag auf Erwerbsminderungsrente muss gestellt sein
Die Nahtlosigkeitsregelung soll dafür sorgen, dass die Betroffenen während des Verfahrens nicht ohne Mittel dastehen. Voraussetzung, um nach dem Krankengeld nahtlos Arbeitslosengeld zu erhalten, ist ein Antrag auf eine von zwei Leistungen der Rentenversicherung.
Entweder Sie stellen einen Antrag auf Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung (Reha-Maßnahmen) oder einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Die Rentenkasse geht nach dem Prinzip “Reha statt Rente” und wird in der Regel zuerst auf Teilnahme an einer Reha-Maßnahme drängen.
Diesen Antrag müssen Sie nicht direkt beim Antrag auf Arbeitslosengeld nach der Aussteuerung stellen, sondern Sie bekommen ein Auffodrderungsschreiben der Agentur für Arbeit, einen solchen Antrag zu stellen. Dann müssen Sie diesen innerhalb eines Monats leisten.
Wenn Sie das nicht tun, dann ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, solange, bis Sie der Aufforderung nachgekommen sind. Es handelt sich nicht um eine Sperrzeit, ihr Anspruch ruht, wird jedoch nicht verkürzt.
Kommt die Aufforderung zum Antrag sofort?
In der Regel nicht. Die Bundesagentur für Arbeit geht erst einmal davon aus, dass Sie voraussichtlich sechs Monate nicht arbeitsfähig sind, wenn die Nahtlosigkeit greift. Meist fordert die Bundesagentur nicht sofort, dass Sie einen Antrag auf Rente oder Reha stellen.
Wie lange gibt es Arbeitslosengeld?
Das Arbeitslosengeld im Sinne der Nahtlosigkeitsregelung können Sie beziehen, bis rechtskräftig eine vollen Erwerbsminderung von der Rentenkasse festgestellt wurde. Ansonsten gilt es bis zur gesetzlichen Maximallänge, und das sind, je nach Alter bis zu zwei Jahre durchgehend.
Wann sollten Sie den Antrag auf Arbeitslosengeld stellen?
Anträge bei Behörden zu bearbeiten, dauert. Auf der sicheren Seite stehen Sie, wenn Sie den Antrag auf Arbeitslosengeld spätestens drei Monate stellen, bevor das Krankengeld ausläuft. Zumindest sollten Sie zu diesem Zeitpunkt Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit stellen und mit diesem die Situation klären.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.