Bürgergeld: Was tun wenn das Jobcenter die Nebenkostenabrechnung ablehnt

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Mit den Energiepreisen steigen auch die Nebenkostenabrechnungen. Diese müssen Bürgergeldempfänger beim zuständigen Jobcenter einreichen. Denn eine Nachzahlung kann nicht aus den laufenden Regelleistungen beglichen werden. Doch was tun, wenn das Jobcenter die Nachzahlung verweigert?

Der Grund: Das Jobcenter hat im Vorfeld ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet. Doch genau dieses Verfahren wird von den Jobcentern oft nicht eingehalten.

Die Kosten für Wohnen und Heizung steigen rasant. Einige Jobcenter gehen dazu über, Tipps zum Energiesparen zu versenden. Eine Hilfe ist das nicht.

Keine pauschale Ablehnung

Jobcenter sind dazu verpflichet, anders als bei den Stromkosten, die angemessenen Kosten für die Heizung im Rahmen der Unterkunftskosten zu übernehmen. Das steht im Gesetzestext nach § 22 SGB II: „Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.”

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Das bedeutet, dass Leistungsträger die Mietkosten und die Heizkosten übernehmen müssen. Es sei denn, die Kosten sind nicht angemessen nach den Angemessenheitsregeln.

Beschwerden über Jobcenter häufen sich

Derzeit häufen sich jedoch die Beschwerden von Leistungsempfängern. Anträge auf Übernahme von Nebenkostenabrechnungen werden mit Ablehnungsbescheiden beantwortet.

Darin heißt es, die Heizkosten seien nicht mehr angemessen. Die Betroffenen sollen die Nebenkostenabrechnungen aus eigener Tasche bezahlen. Das ist vielen Betroffenen nicht möglich.

Jobcenter versenden oft keine Kostensenkungsverfahren

Was die Jobcenter jedoch häufig versäumen, ist die vorherige Einleitung eines Kostensenkungsverfahrens. In diesem Verfahren muss die Behörde auffordern, weniger zu heizen oder eine andere Wohnung zu suchen.

Ein solches Verfahren ist auch im Gesetz verankert:

„Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.”

Urteil stärkte Rechte von Hartz IV Beziehern

Wie das Bundessozialgericht in Kassel urteilte (Az.: B 14 AS 57/19 R), ist für die Ablehnung der Übernahme unangemessener Unterkunfts- oder Heizkosten ein vorheriges Kostensenkungsverfahren grundsätzlich „nicht entbehrlich”.

Das Jobcenter ist laut des Gericht “bei unangemessenen Unterkunfts- und Heizkosten grundsätzlich zur Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens verpflichtet”. Damit könnten Betroffene ausreichend vor der Möglichkeit einer verweigerten Kostenübernahme gewarnt und über die Erstattungsgrenzen aufgeklärt werden.

Ohne Kostensenkungsverfahren müssen Jobcenter Nebenkostenabrechnung zahlen

Das Jobcenter müsse daher in diesem Fall die Heizkostennachforderung “als zu übernehmenden Bedarf anerkennen”. Denn bevor die Behörde die Übernahme unangemessen hoher Heizkosten ablehnen kann, muss dem Arbeitslosengeld-II-Empfänger zunächst die Möglichkeit gegeben werden, Heizkosten einzusparen.

Widerspruch kann sich lohnen

Wenn also ein solches Verfahren erfolglos geblieben ist und die Nebenkostenabrechnung dennoch zurückgewiesen wurde, sollte unbedingt unter Hinweis auf den Gesetzestext und das zitierte Urteil Widerspruch eingelegt werden. Die Chancen auf eine nachträgliche Übernahme sind dann sehr groß.

Hat das Jobcenter jedoch ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet, ist Folgendes zu beachten.

Jobcenter muss immer Einzelfall bei zu hohem Verbrauch prüfen

Die Leistungsbehörde ist bei einem Verdacht von zu hohen Heizkosten dazu angehalten, den Einzelfall zu prüfen. Allerdings muss die Angemessenheit nur anhand der verbrauchten Energiemenge zu prüfen und nicht am geforderten Heizkostenpreis, wie auch hier in einem weiteren Urteil das Bundessozialgericht (B 14 AS 60/12 R) urteilte.

Entscheidend ist der Verbrauch und nicht die Kosten

Das bedeutet, dass die kommunalen Träger der Kosten der Unterkunft die tatsächlichen Heizkosten – unabhängig vom Heizölpreis – zu übernehmen haben, sofern der oder die Betroffene nicht unwirtschaftlich gehandelt hat.

Dies umfasst die Übernahme von Abschlagszahlungen, die Nachforderung am Ende des Abrechnungszeitraums sowie die einmalige Beschaffung von Brennstoffen, wie z.B. das Auffüllen des Öltanks.

Wie die Initiative “Aufrecht e.V.” berichtet, sind bei Heizenergiekosten, die aufgrund eines sehr hohen Energieverbrauchs anfallen, diese auch in tatsächlicher Höhe anzusetzen (§ 67 Abs. 3 S. 1 SGB II, § 141 Abs. 3 SGB XII).

Diese sog. „Angemessenheitsfiktion“ gilt für Bewilligungszeiträume, die vor dem 31.12.2022 beginnen, wenn nicht bereits ein Kostensenkungsverfahren abgeschlossen wurde (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II / § 35 Abs. 2 SGB XII).

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