Hartz IV: Jobcenter zu mehr Erstausstattung verurteilt

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In besonderen Lagen erhalten Hartz IV Bezieher Sonderzuwendungen. Zum Beispiel, wenn ein Erstbezug einer Wohnung ansteht. In manchen Regionen zahlen die Jobcenter einfach zu wenig. Hier musste das das Sozialgericht Gotha einschreiten und verurteilte das Jobcenter zu höheren Zuschüssen.

Jobcenter muss Pauschalen neu bearbeiten

In Weimar können Hartz IV Beziehende nun auf höhere Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung pochen. Bisher genehmigte das Jobcenter einen Maximalbetrag von 1.500 Euro.

Das reicht aber nicht aus, urteilte das Sozialgericht Gotha. Einer klagenden Mutter mit ihrem Kind wurde eine höhere Summe zugesprochen. Die Jobcenter müssen nun ihre Pauschalen bearbeiten und dem Urteil angleichen.

Das Gericht hat die bislang gezahlten Pauschalen in maximaler Höhe von 1500 Euro für einen Zwei-Personen-Haushalt als zu niedrig bemessen beurteilt. Stattdessen soll jetzt die maximale Höhe 1650 Euro betragen.

Erfolg nach 2 Jahren Rechtsstreit

Im verhandelten Fall hatte eine alleinerziehende Mutter gegen die Bewilligung einer Erstaussattung von 1500 Euro für sich und ihr Kind einen Widerspruch eingelegt.

Das Jobcenter lehnte den Widerspruch ab, worauf ein zwei Jahre langer Rechtsstreit folgte. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig und Betroffene können sich auf die Rechtsprechung bei Antragstellung berufen.

Wann besteht ein Anspruch auf eine Erstausstung?

Laut Gesetzgeber (SGB II) können alle Hartz IV Leistungsberechtigten einen Antrag auf Erstausstattung stellen, wenn sie erstmals in eine eigene Wohnung einziehen oder eine andere schwerwiegende Situation eine Erstausstattung erforderlich macht.

Dabei werden Hilfen für Möbel und Hausratsgegenstände gewährt. Die Jobcenter orientieren sich bei der Erstausstattung an selbst errechnete Pauschbeträge für diverse Möbelstücke wie ein Bett, Schrank oder auch einen Herd. Diese Werte sind in den einzelnen Regionen unterschiedlich festgeschrieben.

So wurde wie beschrieben zuletzt in Weimar ein Betrag von 1500 Euro festgesetzt. In Leipzig bekommen aber Antragsteller 1.660 Euro. Doch das Urteil könnte Richtungsweisend sein, wie die Anwältin der Klägerin aus Weimar, Ulrike Grosse-Röthig gegenüber dem MDR sagte.

“Das Urteil sagt, dass eben nicht einfach nach Kassenlage der Kommunen entschieden werden kann, wie viel Ausstattungsgegenstände einem Grundsicherungsbezieher zustehen.”

Die Leistungsträger müssen nun sehr genau, wie hoch der Bedarf im Einzelfall ist und zu welcher Summe bestimmte Gegenstände gekauft werden müssen. Dennoch sei jedoch klar, “dass man, egal wie groß die Wohnung ist, mit 1.650 Euro keine großen Sprünge machen kann”.

Leistungebrechtigte haben ein Rechtsanspruch auf eine Erstausstung

– Erstausstattungsbedarfe
– Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten (§ 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II)
– Erstausstattung für Bekleidung einschließlich Schwangerschaft und Geburt (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II)

Unterschieden wird dabei zwischen:
Erstbeschaffungsbedarf
Alle im sozialhilferechtlichen Sinne notwendigen Hausratgegenstände, die nicht vorhanden sind, sind Erstbeschaffungsbedarfe. Sie müssen lediglich für die Wohnung sein.

Und:

Ersatzbeschaffung
Alle vorhandenen Hausratsgegenstände einschließlich Bekleidung, die ersetzt werden müssen, sind Ersatzbeschaffungen und müssen aus den Regelleistungen angespart werden.

Tipp:
Bedarfe für die Wohnung bedeutet: Alle Hausratsgegenstände die nicht vorhanden sind und zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens und Herstellung des soziokulturellen Existenzminimums notwendig sind (im Sinne von § 1 Abs. 1 SGB I), sind Erstbeschaffungsbedarfe und daher zu bewilligen!

Anspruch auf Erstausstattung auch in anderen Fällen

Einmalige Beihilfen im SGB II Teil II: Der Begriff Erstausstattungsbedarfe ist unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Leistungsberechtigten weit auszulegen: (Im Sinne von §§ 2 Abs. 2 SGB I, § 30 SGB I ) Erstausstattungsbedarf ist alles, was (noch) nicht in der Wohnung vorhanden ist.

Erstausstattungsanspruch besteht nicht nur einmal und dann nie mehr im Leben, sondern immer, wenn Grundausstattung aus besonderen Gründen notwendig ist:
– nach einem Wohnungsbrand
– nach Auszug aus dem Elternhaus
– nach Trennung vom Partner, wenn Hausrat fehlt
– für Obdachlose, die sich eine Wohnung einrichten
– nach einer Zwangsräumung, wenn der Hausrat nicht eingelagert wurde
– wenn eingelagerter Hausrat nicht mehr benutzbar ist.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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