Hartz IV – Das Einmaleins beim Arbeitslosengeld II-Anspruch

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Regelleistungen bei Hartz IV – Das ist ihr Anspruch!

Die Leistungsberechnung bei Hartz IV funktioniert wie eine Waage: In die eine Waagschale fällt Ihr Bedarf; also in der Regel das, was Sie laut Gesetzgeber zum Leben brauchen plus Kosten der Unterkunft und Heizung.

In die andere Waagschale kommt all das, was Ihnen aus verschiedenen Quellen zufließt. Dies kann zum Beispiel Elterngeld, Kindergeld, Unterhalt, eine Erstattung Ihres Vermieters aus einer Nebenkostenabrechnung, eine Steuerrückerstattung oder auch ein Zinszufluss Ihrer Bank sein.

Das, was benötigt wird, um die Waage ins Gleichgewicht zu bringen, ist Hartz IV, also Ihr Leistungsanspruch gegenüber dem Jobcenter. Das heißt, Sie bekommen niemals etwas zu Hartz IV dazu, sondern Hartz IV ist das, was Sie zu ihren sonstigen Einnahmen hinzubekommen. Nur wenn Sie keine sonstigen Einnahmen haben, steht Ihnen der volle Hartz-IV-Satz zu.

Freibetrag bei Einkommen (§11b SGB II)

Besonderheiten gibt es zum Beispiel beim Erwerbseinkommen: Dort gibt es einen Freibetrag in Höhe von100 Euro plus 20 Prozent des übersteigenden Betrages, der nicht in die zweite Waagschale fällt. Das heißt, er wird beim Ausgleich der Waage nicht beachtet.

Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2, 3, 3a SGB II)

Das Besondere im Sozialhilferecht ist das »Füreinander-Einstehen«; der alte Gedanke, dass alle, die aus einem Topf essen, alles miteinander teilen.

Die Fortführung dieser Idee im SGB II heißt Bedarfsgemeinschaft. Hartz IV erhalten Sie daher nur allein, wenn Sie allein leben. Der oft gehörte Satz »Ich gehe arbeiten und mein Partner bekommt Hartz IV« ist daher sachlich falsch – beide bekommen ALG II! Das gilt sowohl für die Ehe als auch für die Lebensgemeinschaft. Dies muss hier, wenn auch nur kurz, erwähnt werden, weil daraus etliche Rechtsstreitigkeiten entstehen. Prüfen Sie daher immer bei Ihren Bescheiden, ob die Bedarfsgemeinschaft korrekt angegeben ist.

Zuflussprinzip (§11 Abs. 2 SGB II)

Bei der Prüfung, ob Sie ALG II benötigen, ist das Zuflussprinzip zu beachten, nach dem die Jobcenter arbeiten. Zuflussprinzip bedeu- tet, dass eine Anrechnung von Einkommen in dem Monat erfolgt, in dem es zufließt und nicht in dem Monat, aus dem es stammt. Dies ist rechtlich umstritten, soll aber der Vereinfachung dienen.
Praktisch bedeutet das zum Beispiel bei einer Arbeitsaufnahme nach Hartz-IV-Bezug (z. B. zum1. April des Jahres), dass für den Monat April, in dem ja schon gearbeitet wird, trotzdem noch Leistungen des Jobcenters erfolgen, die ja bereits zum Ende des vorherigen Monats, (z. B. am 31. März) zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Monat April gezahlt wurden. Voraussetzung dafür aber ist, dass im Monat April noch kein Arbeitsentgelt zufließt, obwohl der Anspruch darauf ja bereits in diesem Monat entstanden ist. Wenn also in diesem Beispiel das erste Gehalt am1.Mai zufließt, kann eine Rückforderung für den April nicht erfolgen.

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Wenn das Gehalt aber bereits am 30. April auf Ihren Konto wäre (Kontoauszug entscheidet!), würde das Jobcenter das am 31.März gezahlte Geld zurückfordern.

Ähnliches gilt für Mietnebenkostenabrechnungen: Entscheidend ist der Monat des Zuflusses, nicht das Jahr der Entstehung. Wenn Ihr Vermieter zum Beispiel erst abrechnet, nachdem Sie bereits Rentnerin oder Rentner geworden sind, kann das Jobcenter auch für die Jahre nichts zurückfordern, in denen Sie vor Ihrer Berentung Hartz IV bezogen haben. Achten Sie darauf, wann Geld auf Ihrem Konto eingeht.

Einmalige Einnahmen (§11 Abs. 3 SGB II)

Generell gilt: Einkommen ist das, was bei Ihnen einkommt. Was nicht zufließt, ist auch kein Einkommen. Wenn Sie zum Beispiel mit Ihrer Bank vereinbaren, dass Rücklagen für Ihre Altersversorgung gar nicht bei Ihnen, sondern auf der Bank verbleiben sollen, und Sie mit Ihrer Bank einen Verwertungsausschluss dieser Einnahmen bis zu Ihrer Rente vereinbaren, haben Sie kein anrechenbares Einkommen.

Anders ist es bei plötzlichen und überraschenden Einnahmen, zum Beispiel aus einem Lottogewinn oder einer Erbschaft. Diese werden auf sechs Monate aufgeteilt und so über sechs Monate gleichmäßig von Ihrem Anspruch abgezogen. Sollte die Einnahme so hoch sein, dass Ihr Anspruch für diese sechs Monate ganz entfiele, könnten Sie ab dem siebten Monat erneut einen Antrag stellen, wenn Ihr Vermögen nicht durch diese Einnahme noch über der Freigrenze liegt, denn der überschießende Betrag aus der einmaligen Einnahme gilt dann als Vermögen. Hierfür gilt der Freibetrag von derzeit 150 Euro pro Lebensjahr; bei Verwendung als Altersvorsorge auch höher. Auch hier könnte die Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses während des Nicht-Leistungsbezuges lohnen. Allerdings kommen dann nicht nur das Jobcenter, sondern auch Sie selbst nicht mehr an Ihre Rücklagen heran.

Prüfen Sie, ob die Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses mit Ihrer Bank oder Versicherung für Sie in Ihrer konkreten Lebenssituation sinnvoll ist.

Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II)

Wie bereits oben ausgeführt, ist die andere Seite der Waagschale Ihr Bedarf. Während der Regelsatz bundeseinheitlich – nach Auffassung zahlreicher Experten und Sozialverbände zu niedrig – durch den Bundesgesetzgeber festgelegt wurde, herrscht bei den Unter- kunftskosten ein Flickenteppich. Die Begründung hierfür sind die unterschiedlichen Wohnkosten zum Beispiel in der Uckermark oder in München. Zuständig hierfür sind dann folgerichtig die Landkreise und Städte, nicht – wie beim Hartz IV Regelsatz – die Bundes- agentur für Arbeit. Das Gesetz sagt dazu nur, dass die Wohnkosten übernommen werden müssen, »soweit sie angemessen sind«.
Einige Kommunen haben versucht, hierfür eigene Regeln zu erlassen, weil sie für Kosten der Unterkunft und Heizung zu- ständig sind – hier also nicht die Bundesagentur für Arbeit.

Die Sozialgerichte haben stattdessen auf die zumeist günstigere Wohngeldtabelle nach dem Wohngeldgesetz verwiesen.
Auch »Zwangsumzüge« können in der Praxis kaum durchgesetzt werden. Allerdings werden vielfach nicht die kompletten Kosten vom Jobcenter getragen und damit Druck aufgebaut. Auch hier gilt es, sich – in Abstimmung mit Beratungsstellen – zu wehren.

Ebenso wenig brauchen Sie eine »Genehmigung« der Jobcenter

für Ihren Umzug, denn in der BRD herrscht das Grundrecht auf Freizügigkeit. Da Sie aber auf die vollständige Übernahme der Kosten für die Unterkunft durch das Jobcenter angewiesen sind, empfehlen wir vor dem Abschluss des Mietvertrages die Kosten- übernahme beim Jobcenter zu beantragen. Ansonsten droht eine Auseinandersetzung mit dem Jobcenter, ab wann und bis zu welcher Höhe die neuen Kosten der Unterkunft von wem übernommen werden müssen. Sechs Monate würde man bei einem Umzug ohne »Genehmigung« einen niedrigeren Satz akzeptieren müssen. Eine dauerhafte Reduzierung dürfte jedoch rechtswidrig sein.

Wegen der Zuständigkeit der Kommune ist eine genaue Prüfung vor Ort unerlässlich. Widersprüche gegen sogenannte »Kostensenkungsverfahren« wegen angeblich zu hoher Unterkunftskosten lohnen fast immer.

Und noch etwas: Die Höhe der Angemessenheit müssen die Verwaltungen der Landkreise und kreisfreien Städte alle zwei Jahre neu festlegen, nach jeweils vier Jahren durch eine fach- gerechte Datenermittlung und -auswertung, dazwischen nach jeweils zwei Jahren ist eine Anpassung durch den Mietpreisindex zulässig. Zu beschließen sind diese Richtwerte dann von den Kreistagen beziehungsweise Stadträten.

Durch Verstöße gegen Rechtsvorschriften fallen die Richtwerte nicht selten zu niedrig aus, sind aber bindende Vorschriften für die Jobcenter.

Besonders häufig wurden von Gerichten folgende Ermittlungsfehler festgestellt: Nach dem Ermittlungsprozess wurde nicht kontrolliert, ob zu den »angemessenen Mieten« tatsächlich ohne Gefahr der Ghettobildung ausreichend Wohnungen vorhanden sind. Ist das nicht der Fall, muss der Ermittlungsvorgang mit veränderten Vorgaben wiederholt werden. Oder: Die Daten sind älter als vier Jahre, es wurden zu wenig Neuvertrags- und Ange- botsmieten einbezogen, Bestandsmieten waren zum Teil älter als vier Jahre, es wurden zu wenig Wohnungen privater Vermieter erfasst, bei Landkreisen entsprechen die Teilwohnungsmärkte nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts.
Betroffenen, die einen Teil ihrer Miete aus der Regelleistung zahlen müssen, weil die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht ausreichen, raten wir, Beratungsstellen von »Links hilft«, Abgeordnete der zuständigen Kreistage bzw. Stadträte oder einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Dort sollten Sie fragen, ob die lokalen KdU-Angemessenheitswerte korrekt ermittelt wurden oder ob Widerspruch und Klage empfehlens- wert sind.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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