Mal wieder werden Hartz IV Beziehende als Trottel der Nation dargestellt. Die Leistungsberechtigten würden ständig Alkohol trinken, zur Kriminalität neigen und keine Lust zum Arbeiten haben. Dieses Bild wird derzeit Woche für Woche in Deutschlands Wohnzimmer mit Hilfe der TV-Sendung „Armes Deutschland“ transportiert.
Zuschauern wird schlechtes Bild von Hartz IV-Betroffenen vermittelt
Die Sendung „Armes Deutschland“ läuft einmal wöchentlich auf RTL II. Ihr Sinn scheint es zu sein, ein möglichst schlechtes Bild von Hartz IV-Betroffenen zu entwickeln. Jedes Klischee, das Außenstehende von Leistungsbeziehern haben können, erfüllt die Sendung selbstverständlich. Schließlich muss der Zuschauer ordentlich Unterhaltung bekommen. Die dargestellten Leistungsbezieher sind arbeitslos und leben mit ihren Kindern, sofern ihnen diese nicht vom Jugendamt weggenommen wurden, in dreckigen und heruntergekommenen Wohnungen. Arbeit verweigern sie aus Prinzip. Ganz bewusst scheint man den Zuschauer verleiten zu wollen, eine generelle Abneigung gegenüber armen Menschen, beziehungsweise Erwerbslosen zu entwickeln.
Aussagen sollen bewusst provozieren
Offensichtlich erfolgte die Auswahl der Protagonisten nach ganz spezifischen Kriterien. Mit einer passenden Frage und dem richtigen Schnitt bekommt der Zuschauer Kommentare zu hören wie „Für 8,50 Euro geh ich nicht arbeiten“. Solche Aussagen provozieren die arbeitende Bevölkerung. Aber auch viele Hartz IV-Betroffene dürften über das Verhalten erschreckt sein. Schließlich sind derartige Darstellungen der Grund dafür, dass Leistungsbezieher allesamt über einen Kamm geschert werden. Ferner vermittelt die Sendung dem Zuschauer das Gefühl, das Hartz IV-Betroffene mit dem zufrieden sind, was sie haben und eine Verbesserung ihrer Situation keineswegs anstreben. Arbeit kommt für sie nicht in Frage.
Extrembeispiele werden als Norm dargestellt
So auch in der Folge vergangene Woche. Alex und Maria, beide 23 Jahre alt, sind seit 3 Jahren verheiratet. Die Eltern von drei Kindern leben beide von Hartz IV. Allerdings ist Alex aufgrund mehrfachen Fehlverhaltens komplett sanktioniert. Diese Tatsache hält ihn jedoch nicht davon ab, sich neue Elektronik von dem Kindergeld zu kaufen. Zusätzlich ist er vorbestraft. Einem Strafantritt entging er nur knapp, weil ihm ein kostenloser Anwalt zur Seite gestellt wurde. Auch als zwei der drei Kinder bis mittags im Kindergarten sind, weigert der 23-jährige sich eine Arbeit zu suchen. Es fallen Sätze wie „Wir leben auf Staatskosten, aber das steht uns auch zu“, „Das Leben mit Hartz IV ist schon chillig“ oder „Ich möchte nicht arbeiten und werde auch nicht arbeiten“. Aussagen, die in vielen Zuschauern Wut auslösen dürften.
Darstellungen verzerren Wahrnehmung von Langzeitarbeitslosen extrem
Derartige Darstellung heizen das ohnehin schon voreingenommene Bild der Zuschauer verständlicherweise an. Jedoch verzerren derartige Darstellungen die Wahrnehmung von Langzeitarbeitslosen extrem. Denn solche Bilder entsprechen nicht der Realität. Zudem ist anzuzweifeln, ob die Aussagen tatsächlich in dem dargestellten Zusammenhang gefallen sind. Mit dem richtigen Schnitt und den passenden Worten, die einem Drehbuch entspringen, ist das Negativbild eines Hartz IV-Betroffenen schnell erstellt und bietet ordentlich Raum für Diskussionen.
Erwerbslose als Unterhaltungsprogramm
Leistungsberechtigte haben es ohnehin nicht leicht. Nun wird ihre Situation als Belustigung für Fernsehzuschauer ausgenutzt. Sendungen wie diese erschweren ihnen den Alltag dadurch zusätzlich. Besonders tragisch, wenn man bedenkt, dass der Großteil der Hartz IV-Betroffenen keinesfalls so lebt. Doch davon scheinen die Produzenten nichts wissen zu wollen. Vielmehr braucht der Zuschauer genügend Zündstoff, um sich ausgiebig über Leistungsbezieher aufregen zu können. RTL manipuliert die Zuschauer ganz bewusst, indem sich der Sender an Extrembeispielen bedient und sie als Realität verkauft. Eine ganze gesellschaftliche Gruppierung wird ganz bewusst in ein falsches Licht gerückt. „Armes Deutschland“ ist eine Sendung, die auf dem Rücken derer ausgetragen wird, die ohnehin schon mit zahlreichen Vorurteilen und Hindernissen zu kämpfen haben und das ist respektlos.
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