Hartz IV: Jobcenter betreibt absurde Schikane bei der Suche einer Wohnung

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Trotz Einhalten der Mietkostengrenze stellt sich das Jobcenter quer

Der tägliche Überlebenskampf zermürbt Hartz IV Betroffene. So auch Kerstin Neumann. Sie ist seit einigen Jahren auf Arbeitslosengeld II Zahlungen angewiesen. 2017 zog sie in eine Zweieinhalbzimmer-Wohnung in Neuruppin. Die Stadt liegt rund 80 Kilometer nördlich von Berlin. Obwohl die Wohnung eigentlich nicht zu groß ist, hat sie sich als zu teuer herausgestellt. Denn die Wände sind wie üblich im Altbau sehr hoch. Dadurch sind die Heizkosten viel zu hoch. Seit gut 1,5 Jahren versucht die Frau für sich und ihren Sohn eine neue Wohnung zu finden. Vergeblich. Denn das Jobcenter stellt sich immer wieder quer, so dass man hier von Schikane sprechen kann.

In ihre vorige Wohnung konnte Frau Neumann nicht mehr zurück. Bei vielen Wohnungsanbietern hat sie immer wieder versucht, eine Wohnung zu bekommen- aber ohne Erfolg.

Kaum mehr Geld zum Leben

Bei Wohnungsgenossenschaften kann sich Frau Neumann keine Wohnung mieten, weil sie nicht das Geld aufbringen kann, um die Genossenschaftsanteile zu bezahlen. Da das Jobcenter nicht die erhöhten Kosten für die derzeitige Wohnung bezahlt, muss sie den restlichen Betrag vom Hartz IV Regelsatz begleichen. Dann bleiben ihr nich gerade einmal 118,40 Euro im Monat. Von diesem kläglichen Betrag muss sie auch noch den Lebensunterhalt für ihren 11jährigen Sohn bestreiten. Ein Betrag, der nicht zum Leben reicht und weit unter dem Existenzminimum liegt.

In dieser prekären Situation hilft weder das Jobcenter noch die Wohnungsgesellschaften. Von Seiten der Vermieter heißt es immer wieder, dass sie keine Sozialwohnungen im Angebot hätten. Andere Wohnungen sind entweder noch teurer oder einfach viel zu klein.

Die Behörde stellt sich ebenfalls quer. Gegenüber dem Portal “moz.de” sagte die Betroffene: „Mir wurde auch gesagt, ich soll doch einfach aus Neuruppin wegziehen aufs Dorf. Aber ich möchte nicht aus Neuruppin weg“.

Ihren Sohn will sie aber aus dem vertrauten Umfeld nicht wieder herausreißen. “Er hat hier ein gutes Umfeld mit Freunden”, sagt sie. “Das will ich ihm nicht wegnehmen”.

Jobcenter stell sich quer

Das Jobcenter, das auch dafür da sein sollte, Menschen aus schwierigen Situationen zu helfen, stellt auf Durchzug. 424 EUR für maximal 50 Quadratmeter Wohnfläche wolle man maximal zahlen. Doch dieser Betrag reicht für Neuruppin kaum aus, um eine Wohnung zu finden. Immer wieder aber habe sie eine Wohnung gefunden, die unter der Grenze liegt. Das Jobcenter war aber nicht bereit, die Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Der Grund: Alle Wohnungen waren zwar unter 424 EUR Mietzins, allerdings größer als 50 Quadratmeter groß. Somit lagen die Wohnungen nicht in dem vorgegebenen Preis-Quadratmeter-Bereich.

Statt zu helfen wird seitens der Behöre geraten, sich einen externen Berater zu suchen. Dieser würde für die Familie eine Wohnung finden.

Mit “guten Ratschlägen” abserviert

Beim Amt wird Neumann mit Ratschlägen abserviert, sich einen Berater zu nehmen. Dann würde sie eine Wohnung finden. Durch solche Aussagen fühlt sich die Betroffene regelrecht für “dumm verkauft”. Stattdessen hat sie sich nun einen Anwalt genommen, der gegen das Jobcenter klagt. Doch die Sozialgerichte sind überlastet, weshalb sie Monatelang auf eine Entscheidung wartet.

Klagen könnte Erfolg haben

Die Chancen stehen nicht schlecht, da Leistungsberechtigte keinerlei Einfluss auf die Höhe der vom Vermieter umgelegten verbrauchsunabhängigen Nebenkosten und der vom Energieversorger festgelegten Brennstoffkosten hat und diese somit nicht senken kann, sondern einzig die Höhe seines Verbrauches beeinflussen kann, sind Heiz- und Nebenkosten in tatsächlicher Höhe als angemessen zu übernehmen, sofern dem Hilfebedürftigen nicht konkret zu hoher Verbrauch durch unwirtschaftliches Verhalten nachgewiesen werden kann (vgl. BSG Beschluss Az. B 7b AS 40/06 R).

Eine nur anteilige Übernahme nach angemessener Wohnungsgröße ist ebenfalls unzulässig, da dies eine rechtswidrige Pauschalierung darstellt. Der Hilfebedürftige kann aber im Regelfall seine tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten lt. Heizkostenspiegel mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen (vgl. auch BSG Urteil B 14 AS 36/08 R). Zur Bestimmung eines Grenzwertes für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung können die im “Kommunalen Heizspiegel” bzw. – soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen – die im “Bundesweiten Heizspiegel” genannten Höchtsbeträge herangezogen werden. Es macht also immer Sinn, sich auch rechtlich gegen schikanöses Verhalten der Jobcenter zu wehren.

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