Augsburg. Eine junge Augsburgerin staunte nicht schlecht, als sie den Brief der Arbeitsagentur öffnete. Der 19Jährigen Erwerbslosen wurde eine Arbeitsstelle in einem Bordell angeboten. Die Agentur für Arbeit in Augsburg spricht von einem “Versehen”.
Dass Behörden in Billigjobs ala Zeitarbeit vermitteln und sich bei der individuellen Förderung des Einzeln kaum oder überhaupt nicht ins Zeug legen, kann mittlerweile als traurige Normalität angesehen werden. Doch was eine junge Frau aus Augsburg erlebte, entbehrt jeglichem Anstand. Die Arbeitsagentur bot der Arbeitssuchenden eine Stelle in einem Bordell an.
Brief mit kuriosem Jobangebot im Briefkasten
Am Anfang freute sich Christine H. (Name geändert) über den Brief von der Arbeitsagentur. Schließlich bemüht sie sich schon lange um einen Job. Seit November letzten Jahres sucht die ausgebildete Hauswirtschafterin einen Arbeitsplatz. Alle Bewerbungen scheiterten bislang. Als sie aber das Arbeitsangebot genauer durchlas, war sie geschockt.
Tatsächlich sollte sie als Servicekraft in einem stadtbekannten Großbordell arbeiten. „Ich war total entsetzt„, erzählt sie gegenüber der “Augsburger Allgemeinen”: „Meine Mutter hat sogar geschrien, als sie den Brief gesehen hat.„ Verständlich. Welche Eltern wollen schon, dass die eigenen Kinder in einem Sexclub arbeiten?
Weiterhin stand in dem Schreiben, dass ein “ansprechendes Auftreten” eine Grundvoraussetzung sei. Ferner solle sie 42 Stunden arbeiten. Die Kernzeiten waren in der Nacht und am Wochenende. In dem Bordell sollte die junge Frau die Freier an der Theke bedienen. Das bedeutet Nacht für Nacht sexistische Anmachen der untersten Schublade.
Der einzige Weg, um eine Sanktion zu vermeiden, war dann der Schritt an die Öffentlichkeit. „Ich kann das einfach nicht verstehen. Ich habe doch einen anständigen Job als Hauswirtschafterin gesucht„, sagt sie der Zeitung. Und „nicht an einer Theke in einem Bordell”.
Als dann die Presse anfragte, “bedauert” die Augsburger Agentur für Arbeit die Vermittlung. Es sei ein Versehen, wie der Geschäftsführer Roland Fürst betonte.
Stelle wurde der Arbeitsagentur gemeldet
Die offene Arbeitsstelle sei von dem Betreiber der Arbeitsagentur gemeldet worden. Grundsätzlich wolle man solche Stellen nicht an die “Kunden” weitergeben.
Zwar hatte man das Arbeitsangebot geprüft, diese Prüfung belief sich aber nur auf die Solvenz des Bordells. Im letzten Jahr sei der Club zahlungsunfähig gewesen. Nun aber sei die Situation wieder besser und aus diesem Grund habe man dann die Stelle auch vermitteln wollen.
Obwohl das Großbordell stadtweit bekannt ist, sei es der Arbeitsagentur angeblich nicht bewusst gewesen, “dass es sich um einen Betrieb handelt, der dem Rotlichtmilieu zuzuordnen ist„, erklärte der Geschäftsführer Fürst.
Etwas widersprüchlich gab Fürst dann aber zu Protokoll, dass sich die Arbeitsagentur entschied, zunächst mit den Bewerbern persönlich oder telefonisch zu besprechen, ob ein Interesse besteht, auch an der Theke in einem sog. FKK Club zu arbeiten.
Erst danach sollte das Jobangebot zugestellt werden, so Fürst. Eben jene Vorgehensweise war in dem beschriebenen Fall aber nicht geschehen. Hier sei ein Fehler passiert, beteuert Fürst. Künftig wolle man deshalb “offene Stellen genauer prüfen”.
Öffentlichkeit muss hergestellt werden
Christine H. muss nun erstmal den Schock verdauen. Durch den Schritt an die Öffentlichkeit wird ihr nun ersteinmal eine Sanktion erspart bleiben. “Betroffene sollten sich immer an die Öffentlichkeit wenden, wenn sie derart mies behandelt werden”, rät Sebastian Bertram.
“Wir konnten schon oft beobachten, dass Jobcenter und Arbeitsagenturen schnell einen Rückzieher machen, wenn die Öffentlichkeit von den Schweinereien erfährt”. Dass was sich die Arbeitsagentur in Augsburg leistete, nennt Bertram “zutiefst menschenverachtend”. Schließlich würde der Behördenleiter “seine eigene Tochter auch nicht in ein Bordell vermitteln.” Bild: Gerd Altmann, pixelio.de
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