In den vergangenen Monaten taucht immer häufiger die Frage auf, ob sich die Voraussetzungen für einen vorgezogenen Rentenbeginn bei Menschen mit Behinderung geändert haben. Viele Betroffene und Angehörige berichten davon, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 inzwischen ausreichen solle, um früher in die Altersrente gehen zu können.
Hier liegt allerdings ein Missverständnis vor. Trotz einzelner Diskussionen und Gerüchte ist das Gesetz unverändert: Wer die sogenannte Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen möchte, benötigt nach wie vor einen GdB von mindestens 50.
Warum reicht ein GdB von 30 oder 40 nicht aus?
Eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen im Berufsleben ist ein wichtiger Schutz, der Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 zugutekommen kann.
Diese Gleichstellung bezieht sich allerdings ausschließlich auf arbeitsrechtliche Aspekte wie Kündigungsschutz oder Zusatzurlaub und bietet im Rentenrecht keinen Vorteil. Um also die Altersrente für schwerbehinderte Menschen beanspruchen zu können, ist ein Schwerbehindertenausweis mit mindestens GdB 50 nötig.
Welche Voraussetzungen gelten für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen?
Wer sich mit dem Thema Frühverrentung bei Behinderung befasst, stößt oft auf verschiedene Begriffe und Rentenarten. Entscheidend sind zum einen der festgestellte GdB von mindestens 50 und zum anderen die sogenannte Wartezeit von 35 Versicherungsjahren.
Diese 35 Jahre setzen sich aus allen Zeiten zusammen, in denen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt oder gleichgestellte Tatbestände berücksichtigt wurden. Hierzu gehören neben Zeiten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung auch Kindererziehungszeiten, Phasen der Arbeitslosigkeit oder sogar Bezugszeiten einer Erwerbsminderungsrente.
Wie unterscheiden sich die Altersrente für schwerbehinderte Menschen und die Rente nach 45 Versicherungsjahren?
In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Altersrente nach 45 Versicherungsjahren, auch bekannt als „Rente für besonders langjährig Versicherte“, deutlich präsenter.
Dies liegt unter anderem an ihrer relativ hohen durchschnittlichen Rentenhöhe und an der Vielzahl der Personen, die 45 Beitragsjahre erreichen. Jedoch bietet die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wichtige Vorteile in Bezug auf Flexibilität. Während bei 45 Versicherungsjahren eine vorzeitige, abschlagsfreie Rente zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze möglich ist, kann bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen sogar noch weiter vorgelagert in Rente gegangen werden – dann allerdings mit Abschlägen, die jedoch in vielen Fällen geringer ausfallen als bei anderen Rentenarten.
Weshalb ist die Flexibilität so entscheidend?
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen eröffnet nicht nur die Möglichkeit, zwei Jahre vor der regulären Altersgrenze ohne Abschläge in Rente zu gehen. Wer sich dazu entscheidet, noch früher aufzuhören zu arbeiten, zahlt für jeden Monat vor diesem frühen Zeitpunkt einen Abschlag von 0,3 Prozent.
Entscheidend ist, dass diese Abschläge nicht vom gesetzlichen Renteneintrittsalter (zum Beispiel 67 Jahre), sondern von der individuell abschlagsfreien Grenze berechnet werden.
Bei der Rente für schwerbehinderte Menschen liegt dieser individuelle Startpunkt zwei Jahre unterhalb der gesetzlichen Regelaltersgrenze. Wer also zusätzliche Monate vorzeitig in Rente geht, wird so häufig mit einem niedrigeren Abschlag konfrontiert als eine Person, die zwar 45 Versicherungsjahre erfüllt, aber noch weiter vor dem regulären Rentenbeginn aufhören möchte.
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Warum wird die Rente nach 45 Jahren dennoch häufiger erwähnt?
Die Beliebtheit der Altersrente für besonders langjährig Versicherte ergibt sich nicht nur aus ihren vergleichsweise hohen Durchschnittsrenten, sondern auch aus dem Umstand, dass sehr viele Versicherte auf 45 Beitragsjahre kommen.
Viele Menschen kennen genau diese Möglichkeit der abschlagsfreien Rente ab 63 oder 64 (je nach Geburtsjahr), weil sie medial stark verbreitet wurde. Dagegen haben deutlich weniger Menschen einen Schwerbehindertenausweis mit mindestens GdB 50 und die entsprechende Beitragszeit, sodass das Thema Altersrente für schwerbehinderte Menschen in der Berichterstattung oft weniger Raum einnimmt.
Die “Superrente” bei einer Behinderung
Mitunter stellen sich Betroffene die Frage, ob eine Kombination aus 45 Versicherungsjahren und dem Schwerbehindertenstatus für eine besonders günstige Rentenkonstellation sorgt. Grundsätzlich kann sich diese Doppelvoraussetzung insofern lohnen, als Betroffene sich aus zwei Optionen die für sie vorteilhafteste auswählen können.
Wer neben den 45 Jahren noch einen GdB von 50 besitzt, sollte genau prüfen, welche Rentenart in puncto Abschläge oder Rentenhöhe am besten passt. Für manche kann es sinnvoll sein, bereits zwei Jahre vor der eigentlichen Schwerbehinderten-Altersgrenze auszusteigen und einen niedrigen Abschlag in Kauf zu nehmen. Andere möchten möglichst lange versicherungspflichtig beschäftigt bleiben, um ihren Rentenanspruch zu maximieren.
Was ist das Fazit und worauf sollten Versicherte jetzt achten?
Der hartnäckige Mythos, ein GdB von 30 reiche bereits für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus, hält sich zwar im Internet und in Gesprächen unter Betroffenen, entspricht jedoch nicht den gesetzlichen Tatsachen.
Wer diesen Rentenweg gehen möchte, muss einen GdB von mindestens 50 haben. Gleichzeitig lohnt es sich aber, die individuelle Situation genau zu prüfen. Unterschiedliche Lebensläufe und Beitragsverläufe führen zu verschiedenen Perspektiven. Menschen mit einem GdB 50 oder höher profitieren von einer größeren Flexibilität beim Vorziehen der Rente als diejenigen, die sich allein auf ihre 45 Versicherungsjahre stützen können.
In jedem Fall empfiehlt es sich, frühzeitig eine Rentenberatung in Anspruch zu nehmen, um die jeweiligen Vor- und Nachteile detailliert abzuwägen. Eine professionelle Beratung hilft dabei, Klarheit über die persönliche Rechtslage zu gewinnen und Entscheidungen fundiert zu treffen.