Jobcenter zahlt nicht: Vorläufiges Recht beim Bürgergeld durchsetzen

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Die Jobcenter bearbeiten Anträge oft nur schleppend. Für die Betroffenen bedeutet dies, dass sie zum Beispiel auf wichtige Mehrbedarfe manchmal monatelang warten müssen. Solche Verzögerungen müssen Bürgergeldberechtigte aber nicht hinnehmen. Bei überlangen Bearbeitungszeiten kann eine einstweilige Anordnung sinnvoll sein.

Einstweilige Anordnung: Dann ist sie sinnvoll

In den Jobcentern werden Anträge oft zu lange bearbeitet. Das muss nicht sein. Mit einer einstweiligen Anordnung können zustehende Leistungen gerichtlich durchgesetzt werden.

Eine einstweilige Anordnung kann sinnvoll sein, wenn Verfahrensfristen oder die behördliche Bearbeitung von Anträgen auf Bürgergeld oder Sozialhilfe zu lange dauern. Wir zeigen Ihnen, wie es funktioniert.

Vorläufige Gewährung von Anträgen über das Sozialgericht

Bei langen Verfahrens- bzw. Bearbeitungszeiten der Behörden kann das Jobcenter durch eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts verpflichtet werden, die voraussichtlich zustehenden Leistungen vorläufig zu zahlen und insbesondere den Versicherungsschutz zu gewährleisten (§ 86b Abs. 2 SGG). Diesen Antrag stellen Sie am besten auf der Geschäftsstelle des Sozialgerichts.

Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung erhalten Sie also vorläufig Recht oder eben nicht. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung, die in der Regel Leistungen betrifft, ist daher insbesondere, dass ohne die vorläufige Regelung ein wesentlicher Nachteil eintritt, z.B. dass ohne die (höhere) Leistung das Existenzminimum nicht gesichert ist.

In § 86b Abs. 2 SGG heißt es wörtlich: “(…) wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.”

Bedingungen für eine „einstweilige Anordnung“

Für einen aussichtsreichen Antrag auf eine „einstweilige Anordnung“ müssen diese Bedingungen erfüllt sein:

Es muss ein Leistungsanspruch nach dem SGB II bestehen und im Bürgergeld-Bescheid wurden Leistungen rechtswidrig ganz abgelehnt oder nur rechtswidrig gekürzte Leistungen bewilligt.

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht in der tatsächlichen Höhe übernommen wurden, rechtswidrig Einkommen von Dritten angerechnet wurde (z.B. Mitbewohner wurden fälschlicherweise zu eheähnlichen Partnern gemacht; Unterstützungsvermutung durch Verwandte im Haushalt, obwohl der Vermutung widersprochen wurde), die Einkommensanrechnung fehlerhaft ist und zu viel Einkommen angerechnet wurde (Nicht-Berücksichtigung von Absetz- und Freibeträgen).

Anders formuliert: Die einstweilige Anordnung eignet sich nicht, um grundlegende, verfassungsrelevante Einwände gegen das SGB II zu klären. Der Leistungsanspruch muss vielmehr klar sein.

Es besteht ein so genannter Anordnungsgrund

Das heißt, es besteht Eilbedürftigkeit, eine vorläufige Entscheidung ist geboten, da das reguläre Verfahren nicht abgewartet werden kann.

Eilbedürftigkeit ist wohl zumindest dann gegeben, wenn die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht vollständig übernommen wurden und die Deckungslücke nicht unerheblich ist (Orientierung: ab 50 Euro) oder das in der Bedarfsgemeinschaft vorhandene Einkommen das „Existenzminimum“ (Summe Regelleistungen plus Unterkunfts- und Heizkosten nach SGB II) deutlich unterschreitet (Orientierung: etwa 20 % unter SGB II-Bedarf) und der Lebensunterhalt und die Mietzahlungen nicht aus eigenen anderen Mitteln sichergestellt werden können (z.B. aus dem Schonvermögen, oder anrechnungsfreien Einkommen wie etwa Erziehungsgeld, anrechnungsfreier Teil des Erwerbseinkommens).

Mit anderen Worten: Selbst wenn Bürgergeld-Leistungen eindeutig zu Unrecht verweigert oder gekürzt wurden, macht eine einstweilige Anordnung trotzdem keinen Sinn solange z.B. ausreichendes Vermögen vorhanden ist.

Glaubhaft machen

Dies sollte glaubhaft gemacht werden. Das kann durch die Vorlage von Kontoauszügen oder eine eidesstattliche Versicherung, dass man kein Geld zum Leben hat, geschehen. Wenn schon ein Widerspruchsbescheid ergangen ist, sollte neben der einstweiligen Anordnung auch immer eine Klage erhoben werden.

Achtung: Die einstweilige Anordnung ermöglicht nur vorläufige Sicherungen oder Regelungen. Die endgültige Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch wird erst im Hauptsacheverfahren getroffen.

Wie kann ich einen einstweiligen Rechtschutz beantragen?

Um einen einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen, müssen Betroffene schreiben, gegen welches Jobcenter die einstweilige Anordnung gerichtet ist. Nun muss belegt werden, warum eine Berechtigung vorliegt, eine einstweilige Anordnung bei dem Sozialgericht zu beantragen. Hat beispielsweise das Jobcenter eine Leistung verweigert, die ihre Existenz gefährdet, sollte dies genau beschrieben sein.

Beweise erhöhen die Chancen

Es sollten alle nötigen Unterlagen als Beweis in Kopie an das Gericht geschickt werden. Um so mehr “Beweise” geliefert werden können, um so höher sind auch die Chancen auf dem Weg der einstweiligen Anordung vorläufiges Recht zu bekommen.

Für den einstweiligen Rechtschutz gelten keine Fristen. Betroffene können zu jeder Zeit eine einstweilige Anordnung beantragen, wenn das Jobcenter Leistungen kürzt oder gestrichen hat.

Was kostet der einstweilige Rechtsschutz?

Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht existiert keine Anwaltspflicht. Allerdings ist es ratsam sich anwaltschaftlich vertreten zu lassen. Die Beauftragung eines Anwalts kostet natürlich auch Geld. Über die Prozesskostenhilfe können die Anwaltskosten finanziert werden. Das einstweilige Rechtschutzverfahren bei einem Sozialgericht ist grundsätzlich gebührenfrei.

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