Doppelbesteuerung der Rente: Diese Jahrgänge haben Glück

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Die Gefahr, dass die Rente doppelt besteuert wird, ist ein heißes Eisen und beschäftigte sogar schon das Verfassungsgericht. Noch heute kommt es vor, dass Renten doppelt besteuert werden, obwohl dies gegen die Verfassung verstößt.

Urteil des Verfassungsgerichts zum Ertragsanteilsverfahren

Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichts war das sogenannte Ertragsanteilsverfahren. Das bedeutet: Bis 2002 wurde nur ein bestimmter Prozentsatz der Rente als Einkommen versteuert, und dieser hing vom Alter des Rentenempfängers bei Rentenbeginn ab.

Das Bundesverfassungsgericht erkannte, dass dieses System zu Ungerechtigkeiten führte. Auch die demografische Entwicklung, in der wegen der steigenden Lebenserwartung weniger in die Rente einzahlen, während die Zahl der Rentner zunimmt, ließ das alte Verfahren als nicht tragfähig erscheinen.

Neuregelung der Besteuerung

Das Bundesverfassungsgericht forderte eine Neuregelung. Deshalb wurde die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Kurz gesagt, an die Stelle der Besteuerung der Renteneinzahlungen durch die Beitragszahler sollte eine Besteuerung der Renten kommen.

Da im Rentenrecht Veränderungen aber nicht rapide, sondern nur schrittweise eingeführt werden dürfen, stieg von Jahr zu Jahr der zu versteuernde Teil der Rente, während der zu versteuernde Anteil der Rentenbeiträge sank.

Steuern auf Renten und Rentenbeiträge

In der Praxis führte dies dann häufig zu einer Doppelbesteuerung. Viele Rentner mussten Steuern auf ihre Rente zahlen, obwohl sie bereits Steuern auf ihre Rentenbeiträge geleistet hatten. Die Ampelregierung musste sich mit diesem Missstand beschäftigen und führte eine Neuerung ein, um ihn zu beseitigen.

Wie kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen?

Es geht bei der möglichen Doppelbesteuerung zum einen um den steuerfreien Rentenzufluss und zum anderen um die versteuerten Rentenbeiträge.

Der steuerfreie Rentenzufluss umfasst den kompletten steuerfreien Anteil der Rente bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung. Versteuerte Rentenbeiträge sind die gesamten Beiträge für die Rentenversicherung aus bereits versteuertem Einkommen, die nicht von der Steuer abgesetzt werden konnten.

Bei der nachgelagerten Besteuerung werden die Renteneinkünfte erst im Ruhestand gänzlich besteuert, während der Erwerbsbeschäftigung lassen sich Rentenbeiträge hingegen steuermindernd absetzen.

Ist der steuerfreie Rentenzufluss jetzt geringer als die versteuerten Rentenbeiträge, dann liegt eine Doppelbesteuerung vor. Sie zahlen noch einmal Steuern auf geleistete Beiträge, die bereits versteuert wurden.

Für wen besteht die Gefahr einer Doppelbesteuerung der Rente?

Das größte Risiko einer Doppelbesteuerung besteht erstens für diejenigen, die erst seit kurzer Zeit Rente beziehen, zweitens für frühere Selbstständige, die ihre Rentenversicherung ohne steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse finanzierten und für Ledige, die keine Hinterbliebenenrente erhalten

Begrenzung des Sonderausgabenabzugs

2023 endete die prozentuale Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen. Der besteuerte Anteil für Renten aus der Basisversorgung steigt ab 2023 langsamer an. Statt zuvor einen Prozentpunkt beträgt der jährliche Anstieg nur noch einen halben.

Die Ampelregierung sagte aber klar, dass diese Maßnahmen nicht gänzlich ausreichen, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern. Bisher blieben aber neue Regelungen oder Anpassungen aus, die direkt der Doppelbesteuerung entgegenwirken.

Welche Jahrgänge profitieren am meisten?

Der Finanzmathematiker und Rentenexperte Werner Siepe hat im Auftrag der Süddeutschen Zeitung errechnet, welchen steuerlichen Vorteil verschiedene Geburtsjahrgänge durch die anvisierte Abschaffung der Doppelbesteuerung erzielen könnten.

Da noch unklar ist, wie stark die Rentenbesteuerung zwischen 2040 und 2060 tatsächlich ansteigt, legte er bei seinen Modellrechnungen eine geschätzte jährliche Steigerungsrate von 0,5 Prozent zugrunde.

Jahrgänge 1975 bis 1980 am stärksten begünstigt

Laut Siepes Fallstudie profitieren insbesondere Personen, die zwischen 1975 und 1980 geboren sind. Wer 1975 zur Welt kam, kann bei einem durchschnittlichen Einkommen mit einem zusätzlichen Spielraum von 12.482 Euro rechnen; Spitzenverdienerinnen und -verdiener desselben Jahrgangs dürften sogar rund 23.522 Euro weniger an den Staat abführen müssen.

Für 1980 ergeben sich ähnlich hohe Werte: Rund 9.952 Euro (Durchschnittseinkommen) und 18.819 Euro (Spitzeneinkommen).

Bescheidene Entlastung für 1960er und 1990er

Deutlich geringer fällt der Vorteil bei den Jahrgängen 1960 und 1990 aus. Wer 1960 geboren wurde, profitiert – je nach Einkommensniveau – nur mit Beträgen zwischen 1.538 Euro (durchschnittliches Einkommen) und 2.937 Euro (hohes Einkommen). Bei den 1990er-Jahrgängen liegt die Spanne zwischen 2.800 Euro und 5.259 Euro.

Kein „Steuervorteil“ im eigentlichen Sinne

Die Süddeutsche Zeitung betont, dass es sich genau genommen nicht um einen echten Steuervorteil handelt. Vielmehr würden die Berechnungen nur verdeutlichen, welche Summen Rentnerinnen und Rentner ohne das Eingreifen des Bundesfinanzhofs über einen längeren Zeitraum hinweg vermutlich zu viel an den Fiskus gezahlt hätten.

Steuerbescheide aufbewahren

Rentner sollten ihre Steuerbescheide in jedem Fall aufbewahren, um so vor Gericht eine möglicherweise verfassungswidrige Doppelbesteuerung zu belegen.