Ein Flohmarkt ist ursprünglich ein Markt, auf dem Privatleute private Gegenstände anderen Privatleuten anbieten, oft weit unter dem Neupreis. Die Verkäufer müssen weder einen Gewerbeschein haben, noch Rechnungen ausstellen. Zum alten Flohmarkt kommen heute Online-Flohmärkte hinzu.
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Ein paar Cents mehr oder Ärger mit dem Jobcenter?
Für Leistungsberechtigte beim Bürgergeld sieht das wie eine gute Möglichkeit aus, ein paar Cent mehr als den kargen Regelsatz in die Tasche zu bekommen. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn es gilt, einiges zu beachten, um keine böse Überraschung durch Jobcenter oder Finanzamt zu erleben.
Der private Verkauf von alten Gegenständen des täglichen Gebrauchs weit unter Einkaufspreis schuf einen rechtlichen Freiraum, den kommerzielle Händler nur zu gerne nutzen. Viele Flohmärkte reagieren darauf, indem die Hausregeln gewerbliche Verkäufer ausschließen. Rechtlich ist der gewerbliche (!) Verkauf auch auf dem Flohmarkt nicht steuerfrei und muss als Gewerbe angemeldet werden.
Wann liegt ein Gewerbe vor?
Ein gewerblicher Verkauf liegt dann vor, wenn Waren gezielt eingekauft werden, um sie auf dem Flohmarkt gewinnbringend weiterzuverkaufen und generell, wenn der Verkauf nachhaltig dem Erzielen von Gewinn dient.
Hier müsste rechtlich ein Gewerbe angemeldet werden, und es gelten dafür die steuerlichen Vorschriften eines Gewerbes sowie eines Einkommens – nicht nur bei dem Finanzamt, sondern beim Bürgergeld auch gegenüber dem Jobcenter.
Online-Flohmarkt und Steuerpflicht
Auch Online-Marktplätze, ob Ebay oder Amazon, sind keine rechtlichen Freiräume. Wer regelmäßig online Waren verkauft und dabei bestimmte Freigrenzen überschreitet, wird schnell vom Privatverkäufer zum steuerpflichtigen gewerblichen Händler. Das Plattformen-Steuertransparenzgesetz verlangt, dass die Plattformen bestimmte Daten der Verkäufer dem Finanzamt melden.
Nur ohne Gewinn ist Verkauf anrechnungsfrei
Gerade bei dem Verkauf auf Online-Plattformen gucken die Jobcenter inzwischen genau hin. Generell wird ein Verkauf nicht als Einkommen bewertet, wenn sich der Gegenstand bereits im Besitz des Leistungsberechtigten befand, und er damit keinen Gewinn erzielt.
Das gilt auch, wenn ein Leistungsbezieher etwas während des Leistungsbezugs kauft, und es zu einem günstigeren oder zum gleichen Preis auf Ebay weiterverkauft. Doch Vorsicht: Wenn das Jobcenter einen Gewinn erkennt, dann unterstellt es ein Einkommen und rechnet dieses an.
Mit anderen Worten: Die Schuhe, die sich als Fehlkauf erwiesen, und die sie deshalb zum halben Kaufpreis weiterverkaufen, sind kein Einkommen. Wenn Sie hingegen ein hoch gehandeltes Porzellan-Service für einen “Appel und ein Ei” erwerben und mit reichlich Profit bei Ebay verkaufen, dann zählt das beim Jobcenter als Einkommen.
Vorsicht bei regelmäßigem Ein- und Verkauf
Besonders aufpassen müssen Sie, wenn Sie oft auf Online-Plattformen ein- und verkaufen. Auch wenn Sie selbst das anders sehen, kann dies als gewerblicher Handel eingestuft werden – und das sogar, wenn Sie unterm Strich weniger einnehmen, als Sie ausgeben.
Werden ihre Online-Aktionen als gewerblich eingestuft, dann müssen Sie diese sowohl dem Jobcenter wie dem Finanz- und Gewerbeamt melden und den Behörden ihre Ausgaben und Einnahmen vorlegen. Ihre Einnahmen werden dann als Einkommen angerechnet.
Im besten Fall kostet das Sie viel Zeit und Energie, in weniger guten Fällen wird Ihnen der Regelsatz gekürzt, und das Finanzamt fordert Zahlungen. Es kann sogar dazu kommen, dass Sie bis zu 1.000 Euro Bußgeld zahlen müssen, weil Sie kein Gewerbe angemeldet haben und Sie außerdem das Jobcenter wegen “Verletzung der Mitwirkungspflicht” sanktioniert.
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Einkommen oder Vermögen?
Müssen Bürgergeld-Bezieher jetzt also fürchten, dass das Jobcenter ihnen den Verkauf von gebrauchten Büchern, Spielsachen oder Kleidung auf dem Flohmarkt als Einkommen anrechnet? Wenn es sich hier um Dinge aus ihrem Eigenbesitz handelt, dann wird dies nicht als Einkommen gewertet.
Es handelt sich vielmehr um ihr Schonvermögen und um eine Vermögensumschichtung. Auch verkauftes Vermögen ist Vermögen. Wenn Sie in der Gegenwart ihren Regelsatz mit dem Verkauf alter Sachen von Ihrem Dachboden aufstocken, dann kann Ihnen das Jobcenter keine Gewinnabsicht unterstellen.
Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie Ihren Sachbearbeiter frühzeitig informieren. Dann räumen Sie im Vorfeld den Verdacht aus, Sie würden heimlich ein Gewerbe betreiben und beugen möglichen Denunzianten vor.
Worauf sollten Sie achten?
Wenn Sie Gegenstände aus Ihrem Schonvermögen verkaufen, dann wird daraus kein Einkommen und der Erlös wird auch nicht angerechnet. Falls Sie dies aber nicht frühzeitig mitteilen, dann schöpft das Jobcenter schnell Verdacht, wenn dieses Geld auf den Kontoauszügen erscheint.
Sie sollten auch darauf achten, dass nicht der Eindruck eines gewerbsmäßigen Handels entsteht.
Was gilt bei einer Erbschaft?
Bei einer Erbschaft sind Sie seit dem 01.07.2023 auf der sicheren Seite. Hinterlässt zum Beispiel Ihre Großmutter Ihnen Geschirr, eine Büchersammlung, Teppiche oder Brieföffner, dann müssen Sie das zwar dem Jobcenter melden.
Im Unterschied zur Regelung vor 2023 gilt dies aber nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen. Einkommen wird ab 100,00 Euro auf das Bürgergeld angerechnet, bei Vermögen gilt ein Freibetrag von 15.000 Euro (und sogar 40.000 Euro im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezugs).
Als Teil des Schonvermögens können Sie also auch geerbte Gegenstände auf dem Flohmarkt veräußern, ohne dass das Jobcenter Ihnen dies als Einkommen anrechnet.
Grenzen und Grauzonen
Beim Flohmarktverkauf gibt es tatsächlich rechtliche Grauzonen zwischen freiem privaten Verkauf und gewerblichem Handel. Ist es zum Beispiel gewerblich, wenn Sie auf Bitte ihrer Nachbarin “alten Krempel” verkaufen, den sie loswerden will?
Spätestens dann, wenn Sie gebrauchte Gegenstände erstens regelmäßig verkaufen, und diese zweitens von Dritten stammen, kann Ihnen dies als gewerblich unterstellt werden.
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht, Sozialpolitik und Naturwissenschaften. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.