Immer wieder berichten Menschen, die Arbeitslosengeld II (oder Bürgergeld) beziehen, von eher zweifelhaften Bildungsmaßnahmen. Auf dem Papier sollen sie die berufliche Qualifikation steigern, in der Praxis wirken sie jedoch oft wie Mittel zum Zweck: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erscheinen in der Statistik nicht mehr als arbeitslos und der Maßnahmeträger erhält finanzielle Zuschüsse.
Doch wie sinnvoll sind diese Kurse tatsächlich, und was können Betroffene tun, wenn ihnen die Maßnahme eher schadet als hilft?
Welche Ausgangslage schildert Herr Meyer?
Herr Meyer ist Akademiker und gesundheitlich stark eingeschränkt. Dennoch wurde er vom Jobcenter in eine neue Maßnahme geschickt, die ihn angeblich zweimal pro Woche für jeweils acht Stunden weiterbilden sollte.
Als Anreiz erhielt er ein Deutschlandticket, dessen Kosten sozial erstattet werden. Nach seiner Einschätzung handelt es sich jedoch um ein eher fragwürdiges Angebot. Viele Inhalte sind ihm längst bekannt, und er sieht in den Gesprächen mit den übrigen Teilnehmenden wenig Mehrwert.
Hinzu kommen Probleme wie ein deutlich geringerer Zeitumfang als angekündigt. Statt zweimal acht Stunden gab es nur etwa viereinhalb Stunden Unterricht, ein anderer Termin fiel sogar ganz aus. Dass Träger und Jobcenter von ganz anderen Laufzeiten sprechen, wirkt auf Herr Meyer wenig seriös. Er fühlt sich nicht wirklich gefördert, sondern eher „geparkt“.
Ist der Ausstieg aus einer laufenden Maßnahme überhaupt möglich?
Wie kann man aus einer verpflichtenden Maßnahme herauskommen, ohne gleich mit Leistungskürzungen oder Rückforderungen rechnen zu müssen?
Häufig wird empfohlen, vor Beginn keinen Vertrag mit dem Träger zu unterschreiben. Viele Maßnahmeträger bestehen zwar auf dieser Unterschrift, um ihre Leistungen abrechnen zu können, aber wer sie verweigert, wird oft von ihnen selbst ausgeschlossen – was wiederum in manchen Fällen dazu führt, dass keine Sanktionen greifen.
Herr Meyer hat in seiner Vergangenheit sogar schon einmal eine Maßnahme ohne Konsequenzen abgebrochen. Er vermutet, dass weder der Träger noch das Jobcenter den Abbruch kommuniziert haben, vielleicht um die Statistik zu schönen und die Fördergelder nicht zu gefährden.
Eine Garantie für Sanktionsfreiheit ist das jedoch nicht. Theoretisch darf das Jobcenter die Leistungen kürzen, wenn es von einem selbstverschuldeten Abbruch erfährt.
Lesen Sie auch:
– Minijob und Bürgergeld: So zahlt das Jobcenter dann die Rente
Warum sind gute Argumente für den Abbruch so entscheidend?
In vielen Fällen kommt es darauf an, wie glaubhaft man belegen kann, dass die Maßnahme kein geeignetes Instrument zur beruflichen Eingliederung ist oder sogar dem gesundheitlichen Zustand schadet.
Wer zum Beispiel dokumentiert, dass der Umfang der Schulungen weit hinter dem versprochenen Angebot zurückbleibt oder dass der Träger elementare Inhalte nicht vermittelt, kann sich gegenüber dem Jobcenter auf die Verletzung des vereinbarten Bildungsziels berufen.
Herr Meyer erwägt, offen mit seiner Fallmanagerin zu sprechen und die Mängel zu benennen. Die Maßnahme bringt ihm nichts, ist nicht zielführend und entspricht weder dem veranschlagten Zeitplan noch seinen gesundheitlichen Bedürfnissen.
Obwohl ein formaljuristischer Widerspruch durchaus möglich wäre, führt dieser selten zu einer schnellen Lösung. Widersprüche gegen Zuweisungen haben keine aufschiebende Wirkung, sodass man oft weiter teilnehmen muss, bis der Bescheid geprüft wird. Ist das Verhältnis zum Jobcenter jedoch gut, kann eine ehrliche Kommunikation erfolgversprechender sein.
Herr Meyer gibt an, aufgrund mehrerer Gebrechen nicht arbeitsfähig zu sein. Wenn es dafür ärztliche Bescheinigungen gibt, kann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den sofortigen Druck aus der Maßnahme nehmen.
Betroffene haben zudem die Möglichkeit, die Erwerbsfähigkeit vom Ärztlichen Dienst des Jobcenters überprüfen zu lassen.
Sollte sich zeigen, dass Herr Meyer nur eingeschränkt oder gar nicht erwerbsfähig ist, könnte ein ganz anderer Weg eröffnet werden, zum Beispiel der Wechsel in eine andere Leistungsform oder ein angepassteres Förderkonzept.
Wer jedoch hofft, durch punktuelles „Krankfeiern“ einfach den Terminen zu entkommen, sollte vorsichtig sein. Fehlzeiten ohne triftige Gründe können negative Folgen haben, sofern Träger und Jobcenter genau nachhaken. Die bessere Strategie ist meist, gesundheitliche Aspekte offen darzulegen und mit ärztlichen Gutachten zu belegen.
Wie lässt sich ein gutes Verhältnis zum Jobcenter aufrechterhalten?
Herr Meyer erwähnt, dass er bereits ein gewisses Vertrauensverhältnis zu seiner Fallmanagerin pflegt. Für viele Betroffene kann das ein entscheidender Faktor sein, um etwaige Konflikte zu lösen, ohne gleich in eine rechtliche Auseinandersetzung zu gehen.
Wer sachlich darlegt, warum eine Bildungsmaßnahme weder fachlich noch gesundheitlich sinnvoll ist, kann mit Verständnis rechnen und sich gegebenenfalls auf andere Förderwege einigen.
Gleichzeitig zeigt das Beispiel, dass Maßnahmeträger und Jobcenter gelegentlich weniger an Weiterbildung als an Statistik und Finanzierung interessiert sind.
Wer wiederholt in eher sinnlose Maßnahmen „abgeschoben“ wird, sollte daher überlegen, sich professionell beraten zu lassen. Es gibt unabhängige Sozialberatungen und Arbeitsloseninitiativen, die über die rechtlichen Spielräume informieren und im Ernstfall auch bei Widersprüchen unterstützen.
Offene Kommunikation statt stiller Protest
Herr Meyers Fall steht exemplarisch für viele Menschen, die in Bildungsmaßnahmen geschickt werden, ohne wirklich davon zu profitieren. Zwar kann ein ungeplantes Fernbleiben problemlos ausgehen, solange der Träger es nicht meldet, doch ein solches Vorgehen birgt immer das Risiko, sanktioniert zu werden.
In einer gut geführten Beratung mit dem Jobcenter lassen sich Argumente gegen die Maßnahme darlegen, insbesondere wenn die Inhalte nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen oder die gesundheitliche Situation des Betroffenen nicht berücksichtigt wird.
Hilft das offene Gespräch nicht weiter, bleibt immer noch der formale Weg über einen Widerspruch. Dieser dauert zwar lange, zeigt aber, dass man die Zuweisung nicht einfach hinnehmen will.
Wer ernsthafte gesundheitliche Einschränkungen hat, sollte sich ohnehin ärztlich begleiten lassen und eine Prüfung der Erwerbsfähigkeit anstoßen.
Auf diese Weise können unnötige Maßnahmen vermieden und die tatsächlichen Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt werden. Letztlich gilt: Ein respektvoller, aber bestimmter Umgang mit dem Jobcenter ist entscheidend, um unpassende Maßnahmen zu beenden und echte Unterstützung zu erhalten.