In der Praxis ist die Vorlage vieler Unterlagen bei der Beantragung von Bürgergeld, ob Erstantrag, Weiterbewilligungsantrag (WBA) oder Veränderungsmitteilung, nicht zwingend erforderlich. Und dennoch verlangen die Jobcenter Unterlagen, die sie jedoch überhaupt nicht anfordern dürfen.
Denn aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen viele der nachfolgend genannten Dokumente nur unter bestimmten Voraussetzungen verlangt und gespeichert werden. Wir geben eine Übersicht darüber, was die Leistungsbehörden verlangen dürfen und was nicht.
Arbeitsverträge: Muss der Arbeitsvertrag vorgelegt werden?
Kurzantwort: Nein, der Arbeitsvertrag ist eine private Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und geht das JobCenter nichts an.
Der Arbeitsvertrag enthält sensible Informationen, die datenschutzrechtlich geschützt sind. Eine Weitergabe an das JobCenter ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers kann sogar strafrechtliche Konsequenzen haben und im schlimmsten Fall zu einer Kündigung führen.
Es gibt jedoch eine Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers nach § 57 und § 58 SGB II. Der Arbeitgeber muss die erforderlichen Nachweise über das Arbeitsverhältnis erbringen.
Eine Kopie des Arbeitsvertrages ist hierfür jedoch nicht notwendig, wie auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) feststellt.
Arbeitszeugnisse: Darf das JobCenter das Arbeitszeugnis einfordern?
Kurzantwort: Nein, Arbeitszeugnisse enthalten keine relevanten Daten für die Vermittlung oder Leistungsberechnung.
Auch hier ist der Schutz personenbezogener Daten entscheidend. Der BfDI hat klargestellt, dass eine Vermittlung in Arbeit auch ohne Kenntnis des Arbeitszeugnisses möglich ist. Es gibt also keine rechtliche Grundlage, die eine Vorlage von Arbeitszeugnissen rechtfertigt.
Schulzeugnisse: Sind sie für den Bürgergeld-Anspruch relevant?
Kurzantwort: Nein, Schulzeugnisse dürfen nicht verlangt werden.
Es gibt weder eine gesetzliche Grundlage, noch eine Pflicht zur Vorlage von Schulzeugnissen beim JobCenter. Eine Ausnahme besteht jedoch für aktuelle Schulbescheinigungen, die gefordert werden können, um den Schulstatus eines Kindes zu bestätigen.
KFZ-Unterlagen: Welche Dokumente sind relevant?
Kurzantwort: Nur bestimmte KFZ-Unterlagen sind unter bestimmten Umständen relevant.
Der Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil 2) ist zum Beispiel nur dann notwendig, wenn es um die Prüfung des Vermögens geht, um den Verkehrswert des Fahrzeugs festzustellen.
Auch hier dürfen nur die für diese Prüfung relevanten Daten erhoben und gespeichert werden. Die Identität des Fahrzeughalters und des Eigentümers kann ebenfalls von Bedeutung sein, allerdings sollte die Vorlage dieser Unterlagen genügen, ohne dass umfassende Kopien angefertigt werden.
Sozialversicherungsausweis: Wird dieser benötigt?
Kurzantwort: Nein, der Sozialversicherungsausweis enthält keine für das JobCenter relevanten Informationen.
Weder für die Feststellung noch für die Berechnung des Bürgergeld-Anspruchs ist dieser Ausweis erforderlich. Er muss daher auch nicht vorgelegt oder kopiert werden.
Versicherungsunterlagen: Welche sind notwendig?
Kurzantwort: Nur der aktuelle Rückkaufswert einer Lebensversicherung kann relevant sein.
Versicherungsunterlagen, wie etwa Policen oder Verträge, müssen grundsätzlich nicht eingereicht werden. Lediglich ein Nachweis über den aktuellen Rückkaufswert einer Lebensversicherung kann verlangt werden, da dieser für die Vermögensprüfung von Bedeutung ist.
Grundbuchauszüge: Wann darf Einsicht genommen werden?
Kurzantwort: Bei berechtigtem Interesse, etwa im Rahmen der Vermögensprüfung, kann ein Grundbuchauszug verlangt werden.
Das JobCenter darf Einsicht in das Grundbuch verlangen, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, beispielsweise um festzustellen, ob Vermögen in Form von Grundbesitz vorhanden ist.
Personalausweis: Muss dieser kopiert werden?
Kurzantwort: Nein, in der Regel genügt die Vorlage zur Einsichtnahme.
Seit einer Gesetzesänderung 2017 ist es weitgehend erlaubt, Personalausweise zu kopieren, doch dies sollte nur in Ausnahmefällen geschehen. In den meisten Fällen reicht es aus, den Ausweis lediglich vorzulegen. Eine Verpflichtung, eine Kopie anzufertigen, besteht nicht.
Verdienstnachweise: Wann müssen sie vorgelegt werden?
Kurzantwort: Für Erstanträge sind Verdienstnachweise der letzten drei Monate irrelevant.
Nur bei Weiterbewilligungsanträgen können Verdienstnachweise erforderlich sein. Für Erstanträge hingegen spielt Einkommen, das vor dem Antrag erzielt wurde, keine Rolle, da es als Vermögen gewertet wird.
Einkommensteuerbescheid: Muss dieser eingereicht werden?
Kurzantwort: Ja, aber nur, wenn der Steuerbescheid während des Bürgergeld-Bezugs eingeht.
Sollte der Einkommensteuerbescheid während des Bezugs von Bürgergeld eingehen, kann das JobCenter dessen Vorlage verlangen. Wenn der Bescheid für ein Jahr ausgestellt wird, in dem Bürgergeld bezogen wurde, ist dieser leistungsrelevant.
Geburtsurkunden: Wann müssen diese vorgelegt werden?
Kurzantwort: Nur zur Feststellung des Kindschaftsverhältnisses.
Die Geburtsurkunden der Kinder müssen nur dann vorgelegt werden, wenn das Kindschaftsverhältnis nachgewiesen werden soll. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn es um den Bezug von Leistungen für die Kinder geht.
Mietverträge: Was darf verlangt werden?
Kurzantwort: Entweder der Mietvertrag oder eine Vermieterbescheinigung, aber nicht beides.
Das JobCenter darf entweder den Mietvertrag oder eine Vermieterbescheinigung verlangen, aber nicht beides, da dies eine doppelte Datenerhebung darstellt. Hier greift der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Schweigepflichtentbindungen für Ärzte: Sind sie notwendig?
Kurzantwort: Nur in Ausnahmefällen für konkrete Untersuchungen.
Eine allgemeine Schweigepflichtentbindung darf nicht verlangt werden. Sollte eine Untersuchung beim Ärztlichen Dienst anstehen, kann eine spezifische Schweigepflichtentbindung notwendig werden, jedoch nur für diesen konkreten Fall.
Welche Unterlagen wirklich relevant sind
Die rechtlichen Rahmenbedingungen machen klar, dass viele Unterlagen, die oft vom JobCenter angefordert werden, nicht erforderlich sind und aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht eingereicht werden müssen.
Für den Bürgergeld-Anspruch sind nur spezifische, für die Leistungsgewährung relevante Informationen von Bedeutung. Betroffene sollten sich stets über ihre Rechte informieren und unzulässige Anforderungen seitens des JobCenters ablehnen.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.