Als die btroffene Bürgergeld-Bezieherin in ihren Postkasten schaute, traute sie ihren Augen nicht. Weil sie eine Arbeit aufgenommen hatte und sich somit den Leistungsbezug verringerte, soll sie nun ein Bußgeld zahlen. Kurios und tatsächlich aktuell geschehen. Aber wie kam es dazu?
Bußgeld wegen angeblich fehlender Mitwirkungspflichten
Endlich einen Job finden. Das erhoffen sich die allermeisten Leistungsbeziehenden. Doch wehe man geht diesen Schritt, dann kann es nämlich ein Bußgeld geben. Was aber war konkret geschehen?
Die Betroffene bekam vom Hauptzollamt folgendes Schreiben:
“Sie haben Ihre Mitwirkungspflicht als Leistungsbezieherin gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verletzt und damit fahrlässig zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 63 Abs. 1 Nr. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begangen. Wegen dieser Verstöße wird gegen Sie gemäß § 63 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit §§ 65, 35 und 17 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) eine Geldbuße auf Grund Ihrer Arbeitsaufnahme zum 01.02.2022 110,00 Euro eine Geldbuße auf Grund Ihrer Arbeitsaufnahme zum 01.09.2022 45,00 Euro festgesetzt.” hieß es in dem Schreiben, dass der Betroffene verwundert in den Händen hielt.
Job aufgenommen und dem Jobcenter gemeldet
Im 2022 hatte die Betroffene zwei Beschäftigungsverhältnisse aufgenommen. Die Arbeitsaufnahme wurde dem zuständigen Jobcenter “Märkischer Kreis” noch vor Antritt der Jobs mitgeteilt, damit es eben nicht zu einer Überzahlung von SGB II Leistungen kommt.
Im Jahr 2022 herrschte noch die Pandemie-Zeit, weswegen die Arbeit in den Behörden nur schleppend voranging. So passierte es, dass auch die Mitteilung darüber, dass Jobs angetreten wurden, nicht zeitnah bearbeitet wurden.
Diese Verzögerung der Bearbeitung soll nun die Betroffene bezahlen – in Form eines Bußgeldes, weil die Anrechnung des Einkommens mit Verzögerung erfolgte. Dann folgte zusätzlich die Unterstellung des Sozialleistungsbetrugs.
Wie kam es dazu?
Das Hauptzollamt kann über Mitteilungen des Jobcenters, Datenabgleiche oder Ermittlungsverfahren Kenntnis über Verstöße erlangen. Nach §§ 65 und 35 OWiG übernimmt es dann die Rolle der Verwaltungsbehörde, die Bußgeldverfahren führt.
Diese Verlagerung der Zuständigkeit wird oft von Erwerbslosengruppen und Sozialverbänden kritisiert, da sie für Betroffene undurchsichtig erscheinen kann. Aber das nur nebenbei angemerkt.
Wieso kam es zur Unterstellung des Sozialleistungsbetrugs trotz gemeldeter Beschäftigungen?
Die Verzögerung bei der Anrechnung der gemeldeten Beschäftigungen wirft nun die Frage auf, ob tatsächlich eine Verletzung der Mitwirkungspflichten und somit “Sozialleistungsbetrug” überhaupt vorlag. Betroffene berichten nämlich häufig davon, dass es gerade während der Coronazeit es zu erheblichen Bearbeitungsrückständen in den Jobcentern kam.
Wenn Leistungsbeziehende nämlich ihre neue Arbeit rechtzeitig melden, liegt die Verantwortung für die korrekte Anrechnung bei der Behörde und nicht beim Leistungsbeziehenden.
Deshalb hat die Betroffene nunmehr eine Klage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vor dem Sozialgericht Dortmund eingereicht (Az.: S 91 AS 2931/23) . Bis das Gericht eine Entscheidung getroffen hat, ruht der Bußgeldbescheid.
Aber auch beim Sozialgericht mahlen die Mühlen aufgrund einer Vielzahl von Klagen langsam. Wir berichten weiter.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.