Bürgergeld: Jobcenter streicht alle Leistungen weil der Vater starb

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Die Initiative Sanktionsfrei e.V. engagiert sich dafür, dass Menschen, die Bürgergeld beziehen, nicht dem Druck der Jobcenter durch Sanktionen ausgesetzt sind und leistet konkrete Hilfe für diejenigen, die durch Entscheidungen der Behörden in akute Not geraten.

Gründerin Helena Steinhaus veröffentlichte die dramatische Situation eines Leistungsberechtigten. Dieser hatte mit seinem Vater zusammen Bürgergeld bezogen. Plötzlich starb sein Vater, und der Sohn meldete dies dem Jobcenter.

Der Sohn steht ohne finanzielle Mittel da

Die Behörde stellte sofort alle Leistungen ein, und der Sohn stand vor dem finanziellen Nichts. Er schrieb: „Ich kann weder Miete noch die laufenden Kosten bezahlen, die Miete ist offen, ich kann kein Essen mehr kaufen.“

Sanktionsfrei e.V unterstützt mit Geld

Der Betroffene schilderte, dass er aus einem Trauma heraus agiere und den Verlust des Vaters noch gar nicht richtig betrauern könnte. Er hätte sich um die Formalien gekümmert, doch jetzt stünde alles still. Sanktionsfrei e.V. unterstützte den traumatisierten Sohn mit Geld und wollte dies tun, bis sich die Angelegenheit geklärt hatte.

Personelle Unzulänglichkeiten im Jobcenter

Jetzt erreichte die Initiative eine Nachricht des Sohnes. Er schreibt: „Dank Ihrer Unterstützung rief gestern ein Mitarbeiter des Jobcenters an. Mit spürbarer Reue entschuldigte er sich, für die Fehler, die hier gemacht wurden. Er gestand ein, dass es durch personelle Unzulänglichkeiten zu erheblichen Missständen gekommen sei.“

Wie ist die rechtliche Situation?

Rechtlich kommt es beim Tod eines Bürgergeld-Beziehers darauf an, ob die betroffenen Angehörigen ebenfalls einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Ist allein der Verstorbene begünstigt, dann muss das Jobcenter die Zahlungen einstellen. Der Bewilligungsbescheid endet an dem Tag, an dem der leistungsberechtigte Mensch verstirbt. Das steht ausdrücklich im Paragrafen 39 Absatz 2 Sozialgesetzbuch II.

Ist der Sohn Teil der Bedarfsgemeinschaft, dann dürften die Leistungen nicht komplett gestrichen werden. Denn gemäß Paragraf 40 Absatz 5 Satz 1 im Sozialgesetzbuch II bleiben „im Sterbemonat die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt.“

Alter des Sohnes wirkt sich auf Zuständigkeit aus

Ist der Sohn minderjährig, dann ist nach dem Tod des Vaters, der Bürgergeld bezog, das Sozialamt beziehungsweise das Jugendamt zuständig. Ist er volljährig und hat einen eigenen Anspruch auf Bürgergeld, dann bleibt dieser bestehen, allerdings wären die Kosten der Unterkunft für ihn allein nicht mehr angemessen.

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Zählt der Sohn aber nicht zur Bedarfsgemeinschaft des Vaters und bezog vor dem Tod kein Bürgergeld, dann besteht auch kein Anspruch auf Leistungen des Jobcenters. Da Bürgergeld der Sicherung des Existenzminimums dient, lässt es sich nicht auf Hinterbliebene übertragen.

Leistungszahlung kann beim Tod enden

Wenn der Vater der einzige Bürgergeldempfänger war, der Mietvertrag auf den Verstorbenen lief und das Jobcenter die Mietkosten entweder an den Verstorbenen oder direkt an den Vermieter zahlte, endet die Mietzahlung berechtigterweise mit dem Tod des Vaters.

Wenn der Sohn nicht unter das Bürgergeld fällt, und in dieser akuten Notlage ohne Mittel da steht, dann ist nicht das Jobcenter zuständig, sondern das Sozialamt. Dieses springt dann ein, wenn keine anderen Sozialleistungen Vorrang haben.

In diesem Fall war der Sohn offensichtlich Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft und der zuständige Mitarbeiter des Jobcenters beging einen Fehler, weil er dies nicht berücksichtigte. Darauf lässt zumindest die Entschuldigung des Jobcenters schließen, die „personelle Unzulänglichkeiten“ und „Missstände“ einräumt.

Was können Sie tun?

Der Tod seines Vaters führte beim Sohn nicht nur zur Trauer, sondern Unklarheiten beim Bürgergeld-Bezug brachten ihn auch noch in akute finanzielle Not. Uns bei Gegen Hartz erreichen ebenfalls Hilferufe von Menschen im Bürgergeld-Bezug, deren Partner verstorben ist und die nicht wissen, wie es jetzt weitergeht.

Grundsätzlich raten wir zur Vorsorge. Es ist immer besser, sich auf den Tag X vorzubereiten, als in dieser psychischen Ausnahmesituation von möglichen behördlichen Problemen überwältigt zu werden.

Wenn Sie sich in einer Bedarfsgemeinschaft beim Bürgergeld befinden oder mit Angehörigen zusammen leben, die diese Sozialleistung erhalten, dann klären Sie mit dem Jobcenter, wie die rechtliche Lage im Todesfall aussieht.

Setzen Sie sich außerdem mit Sozialverbänden in Kontakt, denn dort arbeiten Fachleute, die sich mit solchen Situationen auskennen und Sie gerne beraten.