Bürgergeld: Diese Unterlagen dürfen Jobcenter nicht verlangen – tun es aber trotzdem

Lesedauer 3 Minuten

Die Frage, welche Daten das Jobcenter von Antragstellern einfordern darf, sorgt immer wieder für Unsicherheit. In der Praxis zeigt sich, dass viele Sachbearbeiter (SB) entweder unzureichende Kenntnisse über die datenschutzrechtlichen Vorschriften haben oder diese ignorieren.

Das führt dazu, dass Leistungsbezieher mit der Aufforderung konfrontiert werden, Dokumente vorzulegen, die sie rechtlich gesehen gar nicht einreichen müssen.

Warum sind Arbeitsverträge für das JobCenter irrelevant?

Der Arbeitsvertrag ist ein Dokument, das eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber darstellt und daher unter besonderen Schutz fällt. Die Vorlage des Arbeitsvertrages kann zu erheblichen Datenschutzproblemen führen, da hierin sensible Informationen enthalten sein können.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat klargestellt, dass die Vorlage des Arbeitsvertrages in der Regel nicht erforderlich ist, solange andere Nachweise über das Arbeitsverhältnis vorgelegt werden können, wie z.B. eine Einkommensbescheinigung. Diese Nachweise reichen aus, um den Leistungsanspruch nach § 57 und § 58 SGB II zu ermitteln.

Zusammenfassung: Das JobCenter darf keine vollständigen Arbeitsverträge anfordern, es sei denn, der Antragsteller stimmt ausdrücklich zu.

Sind Arbeitszeugnisse erforderlich für die Vermittlung?

Nein, Arbeitszeugnisse enthalten keine Informationen, die für eine Vermittlung relevant sind. Der BfDI betont, dass die Vermittlung in Arbeit ohne die Kenntnis von Arbeitszeugnissen erfolgen kann. In der Praxis bedeutet das, dass die Anforderung von Arbeitszeugnissen durch das JobCenter unzulässig ist.

Wichtiger Hinweis: Antragsteller können ein offizielles Schreiben des BfDI nutzen, um diese Position zu untermauern.

Gibt es eine Pflicht zur Vorlage von Schulzeugnissen?

Im Gesetz gibt es keine Vorgabe, die eine Vorlage oder Einsichtnahme von Schulzeugnissen vorschreibt. Schulzeugnisse dürfen auch nicht als verpflichtender Bestandteil einer Eingliederungsvereinbarung deklariert werden. Lediglich eine aktuelle Schulbescheinigung kann in bestimmten Fällen verlangt werden.

Merke: Die Vorlage von Schulzeugnissen darf nicht erzwungen werden.

Was ist bei Kfz-Dokumenten zu beachten?

Das JobCenter kann in bestimmten Fällen Dokumente zu Fahrzeugen verlangen, insbesondere zur Ermittlung des aktuellen Verkehrswertes im Rahmen einer Vermögensprüfung. Die Vorlage von Kfz-Briefen, Zulassungspapieren oder Kaufverträgen kann jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen gefordert werden. Wichtig ist, dass der Datenschutz gewahrt bleibt und keine überflüssigen Daten gespeichert werden.

Erlaubt: Vorlage zur Einsichtnahme. Nicht erlaubt: Speicherung sensibler Daten, die nicht relevant sind.

Lesen Sie auch:

Sind Sozialversicherungsausweise relevant?

Sozialversicherungsausweise enthalten keine relevanten Informationen, die zur Berechnung des ALG-II-Anspruchs notwendig sind, und sind daher für das JobCenter irrelevant. Auch in diesem Punkt gibt es klare Aussagen seitens der Datenschutzbehörden, dass eine Anforderung nicht gerechtfertigt ist.

Dürfen Versicherungsunterlagen verlangt werden?

Unterlagen zu Versicherungen, wie beispielsweise Lebensversicherungen oder Hausratversicherungen, dürfen nur in speziellen Fällen angefordert werden. Wenn es um die Prüfung von Vermögen geht, kann ein Nachweis über den Rückkaufswert einer Lebensversicherung verlangt werden. Kopien der gesamten Police oder anderer Vertragsdetails dürfen jedoch nicht routinemäßig angefordert werden.

Ausnahme: Rückkaufswertnachweise bei Lebensversicherungen.

Wie sieht es mit der Einsicht in Grundbücher aus?

Die Einsichtnahme in Grundbücher und Grundbuchauszüge kann dann gefordert werden, wenn es um die Vermögensprüfung geht. Auch hier gilt jedoch, dass das JobCenter den Datenschutz und die Verhältnismäßigkeit wahren muss.

Welche Regeln gelten für Personalausweise?

Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 ist das Kopieren von Personalausweisen unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Grundsätzlich sollte jedoch gelten: Nur anschauen, nicht kopieren. Eine Kopie ist nur in Ausnahmefällen erforderlich und die Einsichtnahme reicht in den meisten Fällen aus.

Fazit: Der Personalausweis sollte nicht ohne triftigen Grund kopiert werden.

Was gilt für Verdienstnachweise?

Für Erstanträge auf Bürgergeld ist es unzulässig, Verdienstnachweise zu fordern, die Einkommen vor dem Antragszeitpunkt betreffen. Diese Einkünfte zählen als Vermögen, nicht als Einkommen, und sind daher für die Antragstellung irrelevant. Bei Weiterbewilligungsanträgen (WBA) gelten jedoch andere Regelungen.

Müssen Einkommensteuerbescheide vorgelegt werden?

Einkommensteuerbescheide müssen nur dann vorgelegt werden, wenn sie während des ALG-II-Bezugs ausgestellt wurden. Die Vorlage kann also nicht für Einkünfte verlangt werden, die vor Beginn des Bezugs lagen.

Wichtig: Das JobCenter kann eine Steuererklärung verlangen, aber nicht deren Vorlage.

Welche Unterlagen sind bei Kindern relevant?

Die Vorlage von Geburtsurkunden kann nur dann gefordert werden, wenn ein Nachweis des Kindschaftsverhältnisses erforderlich ist. Eine allgemeine Pflicht zur Vorlage besteht nicht.

Fazit: Was bedeutet das für die Praxis?

Zusammengefasst ist es entscheidend, dass Leistungsbezieher ihre Rechte kennen und sich bewusst sind, welche Unterlagen sie vorlegen müssen und welche Forderungen des JobCenters unzulässig sind.

Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind dazu da, die Privatsphäre zu schützen und sollten ernst genommen werden. Ein übermäßiges Einfordern und Speichern von Daten verstößt nicht nur gegen den Datenschutz, sondern kann im schlimmsten Fall auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.