Es sind die alltäglichen Schikanen, die Bürgergeldempfänger tagtäglich erleben. Wer nicht auf die Hilfe des Jobcenters angewiesen ist, kann sich die Probleme mit der Behörde meist kaum vorstellen.
Anna S. zum Beispiel muss dem Jobcenter nachweisen, dass sie den Strom, den sie verbraucht, auch wirklich verbraucht.
Unverschuldet in Hartz IV gelandet
Anna S. ist gelernte Hotelfachfrau und hatte sich auf Service und Restaurantleitung spezialisiert. Aufgrund einer schweren Erkrankung konnte sie diesen Beruf nicht mehr ausüben. Für andere Bereiche fehlten ihr einfach die beruflichen Kenntnisse. Sie landete unverschuldet in der Arbeitslosigkeit und später in Hartz IV (heute Bürgergeld).
Jobcenter lehnt Fortbildung ab
Deshalb schlug sie ihrem Jobcenter vor, eine entsprechende Weiterbildung bei der IHK zu machen, um Grundkenntnisse in anderen Hotelbereichen zu erwerben. Doch das Jobcenter hatte kein Interesse daran. Die damalige Arbeitsvermittlerin sagte “Nein”.
Unter Androhung von Sanktionen sollte Anna S. stattdessen an Bewerbungstrainings teilnehmen und sich ohne jegliche Qualifikation als Quereinsteigerin auf alle möglichen Stellen bewerben.
Bei einem Jobangebot des Arbeitsamtes sollte Anna im Krankenhaus Medikamente stellen. Eine Tätigkeit, die ohne entsprechende Qualifikation nicht möglich ist. Die Bewerbung wurde abgelehnt.
Nachweis darüber, ob Strom allein genutzt wird
Statt Anna wirklich “auf Augenhöhe” beim Wiedereinstieg ins Berufsleben zu unterstützen, begannen die bürokratischen Schikanen. Das Jobcenter verlangte nicht nur Nachweise über die Zahlung der Stromabschläge, sondern auch darüber, “ob der Strom tatsächlich verbraucht wird”.
Anna S. hatte nämlich eine Pauschale für Durchlauferhitzer und Elektroheizung beim Jobcenter beantragt. Daraufhin unterstellte die Behörde, dass Anna S. den Strom nicht allein verbrauche.
Die Kosten waren nicht durch eine gemeinsame Nutzung gestiegen, sondern durch die gestiegenen Stromkosten. “Ich sollte also Beweise dafür liefern, dass ich den Strom auch wirklich selbst verbrauche”, sagt Anna gegenüber “Perspektive”.
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Schuld an der erhöhten Rechnung sind die gestiegenen Stromkosten
Also schickte Anna Rechnungen an das Jobcenter und legte auch Zeitungsartikel bei, in denen über die hohen Stromkosten berichtet wurde.
Die zuständige Sachbearbeiterin ist jedoch der Meinung, dass höhere Abschläge auch mit einem höheren Verbrauch zusammenhängen würden. Dies könne bei einer Einzelperson nicht der Fall sein.
Allerdings wohnt Anna erst seit knapp einem Jahr in der Wohnung. Die erste Abrechnung bezog sich daher nur auf einen Monat.
“Die sieht dann natürlich anders aus als eine Jahresabrechnung, die nach einem Jahr kommt und auf dem Durchschnittsverbrauch von 12 Monaten basiert”, berichtet Anna.
Oft Willkür in den Behörden
Leider enden Ermessensentscheidungen sehr oft in der Willkür der Behörde, beklagt Anna. Es gäbe auch Sachbearbeiter in den Jobcentern, die wirklich helfen wollen, sagt sie. Aber viele hätten kein Interesse daran, zu beraten, zu fördern und zu helfen.
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