Jobcenter dürfen nicht nur Kontoauszüge vom Leistungsberechtigten einfordern, sondern können bei einem bloßen Verdacht auf die Kontodaten zugreifen. Was bedeutet das für Bürgergeld Beziehende?
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Bloße Annahme reicht für Kontendaten-Abfrage aus
Bereits im August 2007 wurde § 93 Abs. 8 Abgabenordung (AO) dahingehend ergänzt, dass auch u.a. die Verwaltung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch das Recht erhalten, nach belieben, also ohne besonderen Grund, eine Kontendatenabfrage durchzuführen. Dazu reicht die bloße Annahme, also Unterstellung, der Erfolglosigkeit anderer Maßnahmen zur Klärung.
Keine Informationspflicht gegenüber der überprüften Person
Eine Informationspflicht gegenüber dem Betroffenen besteht nicht, es reicht die pauschale Mitteilung, das die Möglichkeit eines solchen Kontendatenabrufs besteht. Wann und ob ein solcher durchgeführt wurde, muss unter den in § 93 Abs. 9 S. 3 AO genannten Voraussetzungen nicht mitgeteilt werden, wobei insbesondere der dort unter 1. genannte Grund in Betracht kommt.
Welche Konten können abgefragt werden?
Jedes Kreditinstitut in Deutschland muss folgende Angaben von Konten und Depots, die sog. Kontostammdaten, speichern und auf Anfrage dem Bundeszentralamt für Steuern mitteilen, welche die Daten gesammelt an die anfragende Stelle weiterleitet (§ 24c Kreditwesengesetz – KWG):
- Kontonummer
- Tag der Errichtung und der Auflösung eines Kontos
- Name und Geburtsdatum des Kontoinhabers und, sofern vorhanden, des oder der Verfügungsberechtigten
- zusätzlich bei abweichend wirtschaftlich Berechtigten: Name und Anschrift des/der abweichend wirtschaftlich Berechtigten
Ist die Abfrage von Kontostand oder Kontobewegungen möglich?
Die Abfrage von Kontostand oder Kontobewegungen, also der einzelnen Buchungen und deren Beträgen, ist damit nicht möglich. Allerdings ist eine pauschale Abfrage bzw. Abgleich der Daten in der Form bei welchen gemeldeten Konten ist Person XYZ Kontoinhaber oder wirtschaftlich Berechtigter möglich.
Abfrage der Kontobewegungen bei konkretem Verdacht einer Straftat
Ergibt sich ein konkreter Verdacht auf Geldwäsche, Steuerhinterziehung oder andere Straftaten, kann die ermittelnde Behörde den Kontoinhaber zur freiwilligen Auskunft über bestimmte Kontobewegungen auffordern.
Wird die Auskunft nicht erbracht und besteht weiterhin der Anfangsverdacht einer Straftat, kann die Behörde die Kontostände und Kontobewegungen abfragen. Geschäftsanweisung Nr. 27 der BA zum Kontenabrufverfahren
Unabhängig davon kann das Jobcenter bei jedem Bürgergeld-Antrag Kontoauszüge der letzten 3 Monate fordern (siehe Ratgeber Kontoauszüge). Hat das Jobcenter “Zweifel” an den dortigen Angaben, kann es gemäß § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB II direkt von der Bank eine Stichtagsauskunft zu geführten Konten und Guthaben des Antragstellers einholen.
Jobcenter darf Auskunft über die Anzahl der Konten einfordern
Außerdem kann das Jobcenter bei begründetem Verdacht bei der kontoführenden Bank Auskunft über die Anzahl der Konten des Leistungsberechtigten und der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, die Höhe der Guthaben und deren Kapitalerträge fordern (§ 60 Abs. 2 S. 1 SGB II).
Wichtig: Voraussetzung ist, dass ein “konkreter Missbrauchsverdacht oder Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen bestehen”. Das Jobcenter kann also nur Auskunft zur Überprüfung der bereits vom Leistungsberechtigten gemachten Angaben fordern, jedoch nicht Daten sofort bei der Bank erheben, anstelle beim Leistungsberechtigten.
Bürgergeld Bezieher unter Generalverdacht
Erwerbslosen-Initiativen kritisieren den Generalverdacht, unter denen Leistungsbeziehende gestellt werden. Damit werden Sozialleistungsempfänger gleich gestellt mit Unternehmen, die im großen Umfang Steuerbetrug und Geldwäsche betreiben. “Allein die Tatsache auf Bürgergeld angewiesen zu sein mache verdächtig”, so Sebastian Bertram von “gegen-hartz.de”. (fm, sb)
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