Wer Hartz IV beziehen muss, muss viele Regeln und Gesetze einhalten. Schnell steht der Vorwurf “Betrug” im Raum, wenn Meldungen an das Jobcenter vergessen oder nicht rechtzeitig getätigt wurden. Betroffene müssen sich nicht selten vor Gericht verantworten. Daher bewegen sich Leistungsbeziehende auf einem schmalen Grad, wie dieses Beispiel aus Stendal zeigt. Dort wurde ein Fall vor dem Amtgericht verhandelt.
Jobcenter zeigte Leistungsbezieher an
Wegen 378 EUR, die längst verrechnet wurden, stand ein ehemaliger Hartz IV Leistungsbezieher vor Gericht in Stendal. Das Jobcenter hatte den Angeklagten angezeigt. Der Vorwurf: Versäumte Meldung der Arbeitsaufnahme.
So erging es auch dem 59jährigen Angeklagten aus Bismark nähe Stendal. Das Jobcenter hatte den Mann angezeigt. Dieser habe in den ersten acht Monaten des letzten Jahres insgesamt 378 EUR zu Unrecht erhalten. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin bei Gericht einen Strafbefehl.
Doch der Richter wollte sich zunächst selbst ein Bild von dem Angeklagten machen, der bislang nie strafrechtlich in Erscheinung getreten war.
Arbeitgeber meldete Betroffenen nicht ab
Zuvor hatte sich der Angeklagte schriftlich erklärt. Er sei sich keiner Schuld bewusst. Er habe einen kleinen Nebenjob für wenig Geld bei einem Landwirtschaftsunternehmen angenommen. Sein Arbeitgeber habe ihm zugesagt, dass er die Arbeitsaufnahme dem Jobcenter meldet. Auf diese Aussage habe er sich verlassen.
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Offenbar hat der Arbeitgeber diese Meldung nicht getätigt. Etwas später folgte der Datenabgleich, den die Bundesagentur für Arbeit regelmäßig durchführt, um Leistungsbetrug aufzudecken.
Über die Arbeitsweisen der BA zur Aufdeckung von Missbrauch von Sozialleistungen haben wir bereits hier berichtet. Dabei fiel auf, dass ein Schaden von knapp 380 EUR entstanden sei. Demnach habe der Angeklagte 8 Monate lang 50 EUR zu hohe Hartz IV-Leistungen bezogen.
Gericht stellt Verfahren ein
“Für das Gerichtsverfahren wurde der Arbeitgeber nicht als Zeuge geladen”, erklärte das Gericht. Das würde das Verfahren nur unnötig verlängern, so die Begründung.
Im Grundsatz ist der Arbeitnehmer in der Pflicht, eine Arbeitsaufnahme zu melden. Da es sich um einen sog. Ersttäter handle, so das Gericht, würde das Verfahren eingestellt werden.
Dem stimmte nach Einwänden die Staatsanwaltschaft zu. Denn der finanzielle Schaden besteht nicht mehr, da der Angeklagte die Summe bereits ausgeglichen hatte. Zudem sei der Angeklagte unbescholten. „Melden Sie jede Arbeitsaufnahme sofort, am besten schriftlich – und mit Kopie“, sagte der Richter dem Angeklagten zum Ende des Verfahrens.