Manche ältere Menschen denken daran, sich kurz vor der Altersrente arbeitslos zu melden. Sie sind nicht mehr so leistungsfähig wie in jungen Jahren – und oft reicht es ihnen auch einfach.
Es kursiert das Gerücht, dass man wenige Jahre vor der Rente einen “Deal” mit der Agentur für Arbeit machen könnte – nach dem Motto “Wir vermitteln Ihnen keine Stellen mehr, das erspart uns und Ihnen Arbeit in der Zeit, die sie bis zur Rente absitzen.” Es gibt Tricks und Kniffe, um die Zeit bis zur Rente zu überbrücken.
Es gibt keine Sonderregel für Senioren
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Es stimmt aber nicht, dass es eine Extrawurst für Senioren gibt, denn für ältere Menschen gelten dieselben Regeln beim Arbeitslosengeld I und beim Bürgergeld wie für jüngere Menschen. Wer Arbeitslosengeld bezieht, ist verpflichtet, Arbeit zu suchen und Angebote der Arbeitsagentur und der Jobcenter wahrzunehmen.
Kaum Abzüge von der Rente
Für die Rente selbst ist das Arbeitslosengeld I vor der Rente unproblematisch (bei Arbeitnehmern, die zuvor rentversicherungspflichtig gearbeitet haben). Die Arbeitsagentur zahlt nämlich Beiträge an die Rentenversicherung, und damit erhöht sich die zu erwartende Altersrente.
Arbeitslos heißt arbeitsuchend
Weder ALG I noch Bürgergeld sind Leistungen, die “einfach so” ausgezahlt werden. Wer sie erhält, verpflichtet sich, die Arbeitslosigkeit eigenständig zu überwinden, und dementsprechend zu handeln, also sich von der Agentur für Arbeit vermitteln zu lassen.
Auch ältere Arbeitnehmer, die ALG I beziehen, müssen sich also bewerben, an Maßnahmen der Agentur für Arbeit zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilnehmen und / oder anderweitig nach einem Job Ausschau halten.
Nervige Maßnahme oder interessante Weiterbildung?
Es kommt jetzt stark auf die individuelle Situation an. Nehmen wir an, jemand wurde gekündigt und hat keine Motivation, sich für die letzten zwei Jahre seiner Erwerbszeit vor der Altersrente in ein ganz anderes Fach vermitteln zu lassen.
Auch ein “Bewerbungstraining für 63-Jährige” dürfte nervig sein, wenn die Rente am Horizont steht. Wer jetzt clever ist und sich engagiert, kann aber Möglichkeiten zur Weiterbildung nutzen, die die Arbeitsagentur bietet und die auch später in der Rente interessant sein könnten.
Wenn Sie nämlich an einer Maßnahme der Agentur für Arbeit teilnehmen, dann kann diese sie nicht währenddessen auf ein Stellenangebot vermitteln. Weiterbildungen im Projektmanagement, Software-Kenntnissen, Sozialrecht, Personalführung, Finanzen – was auch immer- kosten mehrere tausend Euro.
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Beim ALG I haben Sie die Möglichkeit, mehrere dieser Weiterbildungen durchzuführen, ohne einen Cent zu bezahlen und rücken so näher an die Rente heran, ohne in Arbeit vermittelt zu werden.
Die Ausnahme: Arbeitslosengeld nach Krankengeld
Es gibt eine Ausnahme, wenn Sie als alter Mensch vor der Rente Arbeitslosengeld beziehen, in der Sie keine Bewerbungen schreiben müssen. Diese besteht, wenn Sie das Arbeitslosengeld im unmittelbaren Anschluss an Krankengeld beziehen.
Dann erhalten Sie ALG I, müssen aber keine Bewerbungen schreiben.
Individuelles Ermessen ohne gesetzliche Grundlage
Was hat es also auf sich mit dem Gerücht, dass es einen “Deal” gebe, nachdem alte Arbeitnehmer, die kurz vor der Rente Arbeitslosengeld I beziehen, sich nicht mehr bewerben müssten?
Kurz gesagt: Vermutlich erzählten hier Rentner von persönlichen Erfahrungen, die Sie direkt vor der Rente mit Ihrem Sachbearbeiter bei der Agentur für Arbeit machten.
“Harter Hund oder Easy Going?”
Geraten Sie an einen “harten Hund”, der Sie kurz vor der Regelalterszeit auf Teufel komm raus noch in irgendeinen Job jagen will? Oder macht der jeweilige Sachbearbieter tatsächlich einen inoffiziellen “Deal” nach dem Motto “das gibt hier für Sie interessante Weiterbildungen, aber unter uns gesagt, lassen Sie das mal mit den Bewerbungen”.
Umgekehrt wäre übrigens auch ein Fall denkbar, in dem ein 63jähriger unbedingt in Arbeit vermittelt werden will, und der Sachbearbeiter meint “das bringt doch nichts.”
Selbstverständlich macht das persönliche Verhältnis zu Ihrem Sachbearbeiter hier einen gewaltigen Unterschied.
Für solche “Gentlemen agreements” gibt es aber keine gesetzlichen Vorschriften.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.