Dramatischer Anstieg der Wohnungslosigkeit

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Immer mehr Menschen können sich die Miete nicht mehr leisten

07.08.2013

Im vergangenen Jahr waren 284.000 Menschen in Deutschland wohnungslos. Damit stieg die Zahl im Vergleich zu 2010 um 15 Prozent. Das teilt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAGW) mit. Der Verband rechnet bis zum Jahr 2030 mit einem Anstieg von 30 Prozent. Grund sind vor allem zu hohe Mieten, Verarmung und Sanktionierungen von Hartz IV-Beziehern. Viele der Betroffenen kommen bei Verwandten oder Freunden unter, andere führt der Verlust der Wohnung in die Obdachlosigkeit. Auch immer mehr Familien mit Kindern sind von Wohnungsverlusten betroffen.

Immer mehr Menschen verlieren ihre Wohnung
Wie die BAGW mitteilt, ist die Zahl der Wohnungslosen im vergangenen Jahr um 15 Prozent auf 300.000 gestiegen. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass das Ausmaß der Wohnungslosigkeit zwischen 2010 und 2012 sogar noch dramatischer gestiegen ist als erwartet“, berichtete Thomas Specht, Geschäftsführer der BAGW. In Deutschland fehlt bislang eine gesetzliche Grundlage für eine bundeseinheitliche Wohnungsnotfall-Berichterstattung. Die BAGW muss deshalb Schätzungen vornehmen, um die Situation bundesweit bewerten zu können.

2012 habe es 65.000 neue Wohnungsverluste gegeben, von denen 25.000 (38 Prozent) auf Zwangsräumungen und etwa 40.000 (32 Prozent) auf sogenannte „kalte“ Wohnungsverluste zurückzuführen sind. „Kalt“ bedeutet in diesem Fall, dass der Mieter die Wohnung ohne Zwangsräumung oder ein Räumungsverfahren verlässt. „Ein ausschließlicher Blick auf die Zwangsräumungszahlen verkennt das Ausmaß neu entstehender Wohnungslosigkeit“, erklärte Specht.

Wenn die Betroffenen nicht bei Angehörigen oder Freunden unterkommen können, droht die Obdachlosigkeit. Die Zahl derjenigen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, stieg um zehn Prozent im Zeitraum von 2010 (ca. 22.000 Fälle) bis 2012 (ca. 24.000 Fälle).

Immer mehr Kinder von Wohnungslosigkeit betroffen
Bei Betrachtung der sozialen Verteilung der Wohnungslosen, zeigt sich, dass auch immer Kinder betroffen sind. Die BAGW geht davon aus, dass etwa 64 Prozent der Menschen ohne Wohnung alleinstehend sind und 36 Prozent mit ihrem Partner und/oder Kinder zusammenleben. 11 Prozent (32.000) der Wohnungslosen sollen demnach Kinder und Jugendliche und 89 Prozent (252.000) Erwachsene sein. Es sind deutlich mehr Männer (75 Prozent) als Frauen (25 Prozent) von Wohnungslosigkeit betroffen.

Zu den rund 284.000 Menschen, die im vergangenen Jahr keine Wohnung hatten, kamen weitere 130.000 Menschen hinzu, die von Wohnungslosigkeit bedroht waren, also der Verlust der Wohnung unmittelbar bevorstand. Insgesamt gab es 2012 rund 414.000 Wohnungsnotfälle. Prognosen der BAGW zufolge werden die Zahlen weiter steigen. Bis zum Jahr 2016 erwartet der Verband eine Zunahme der Wohnungslosen um 33 Prozent auf 380.000.

Ursachen für Wohnungslosigkeit
Die Ursachen für Wohnungslosigkeit sind vielfältig. Laut BAGW ist einer der Hauptgründe die Verknappung von bezahlbarem Wohnraum. Die Mieten ziehen insbesondere in Ballungsgebieten immer weiter an, wobei gleichzeitig eine verstärkte Verarmung der unteren Einkommensgruppen – nicht zuletzt durch die Dauerkrise auf dem Arbeitsmarkt mit hohen Langzeitarbeitslosenzahlen und einer weiteren Ausdehnung des Niedriglohnsektors – zu verzeichnen ist. Zudem schrumpfen die Angebote des sozialen Wohnungsbaus. Gegenmaßnahmen durch Neubau oder soziale Wohnungspolitik werden kaum ergriffen.

Nach Meinung der BAGW sind die steigenden Zahlen der Wohnungslosen nicht zuletzt auf „andauernde schwerwiegende sozialpolitische Fehlentscheidungen bei Hartz IV“ zurückzuführen. Dazu zählten Sanktionen, die auch Leistungskürzungen bei den Unterkunftskosten zur Folge haben, eine unzureichende Anhebung des Regelsatzes sowie der Rückgang der Arbeitsförderungsmaßnahmen.

Darüber hinaus gebe es zu wenig Fachstellen, an die sich Betroffene wenden könnten, wenn der Wohnungsverlust droht. Häufig könnte bei frühzeitiger Meldung Schlimmeres verhindert werden.

„Wir fordern diese und die künftige Bundesregierung auf, die Lebenslagen von verarmten und wohnungslosen Menschen endlich zur Kenntnis zu nehmen und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung auf den Weg zu bringen“, fordert Specht. (ag)

Bild: schubalu / pixelio.de

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