Bürgergeld Widerspruch – So gegen falsche Jobcenter-Bescheide vorgehen

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Fast jeder zweite Widerspruch gegen einen Bürgergeld Bescheid ist erfolgreich. Es lohnt sich also Bescheide vom Jobcenter genauer zu prüfen. Was genau zu beachten ist, wird im Folgenden beschrieben.

Widerspruch gegen Bescheid ist immer zulässig

Gegen einen Bürgergeld- oder Sozialhilfebescheid des Jobcenters ist immer ein Widerspruch zulässig. Dieser sollte auch unbedingt eingelegt werden, denn wird kein oder kein fristgerechter Widerspruch eingelegt, wird der Verwaltungsakt rechtsverbindlich (§ 77 SGG), was u.U. eine Klage verhindern kann.

Widerspruch erwirkt Vorverfahren

Ein Widerspruch eröffnet das Vorverfahren nach § 83 SGG. Gemäß § 86a Abs. 3 SGG kann in einem Widerspruch auch die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (Bescheides) beantragt werden (entspricht der aufschiebenden Wirkung, die vom Sozialgericht angeordnet werden kann).

Fristen bei einem Widerspruch

Dafür gelten bestimmte Fristen, die im jeweiligen Bescheid angegeben sein müssen. Bei Bürgergeld Bescheiden beträgt diese Frist 1 Monat nach Bekanntgabe. Lt. SGB X § 37 Abs. 2 gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt am 3. Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Lt. SGB X § 26 Abs. 3 beginnt eine Frist mit dem nächsten, auf den Tag der Bekanntgabe folgenden, Werktag.

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Poststempel dient als Nachweis

Als Nachweis dient hier der Poststempel bzw. bei Fehlen desselben das Datum des Bescheides. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages: SGB X § 26 Abs. 3.

Den Nachweis des tatsächlichen Zuganges und des Zeitpunktes des Zuganges beim Empfänger muss die Behörde führen: SGB X § 37 Abs. 2.

Widerspruch immer begründen

Ein Widerspruch muss immer begründet sein! Ohne Begründung wird der Widerspruch als unbegründet abgelehnt und man hat seine Chance auf einen erfolgreichen Widerspruch vertan. Es bleibt dann nur noch der Klageweg, der unter Umständen ebenfalls verschlossen ist, siehe a. Dann muss erst durch einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X das Verwaltungsverfahren erneut eröffnet werden.

Bei Ablehnung folgt die Klage beim zuständigen Sozialgericht

Gemäß § 85 Abs. 3 SGG ist ein Widerspruchsbescheid immer schriftlich zu erlassen und zu begründen. Gegen diesen kann man keinen Widerspruch mehr einlegen sondern nur beim zuständigen Gericht Klage erheben. Weigert sich das Amt, kann man diesen Verwaltungsakt (d.h. den Bescheid) einklagen (siehe “Ratgeber Klage vor dem Sozialgericht”).

Fristsetzung bei einem Widerspruch

Es kann auch eine Frist gesetzt werden, bis zu deren Ablauf der Widerspruch bearbeitet sein muss. Zwar lässt § 88 SGG bei Widersprüchen eine Bearbeitungsfrist von 3 Monaten vor Klageerhebung zu, jedoch ist hier zu berücksichtigen, inwieweit die Existenz durch den angefochtenen Verwaltungsakt gefährdet ist.

Bei Existenzgefährdung sollte immer eine Frist gesetzt werden, hier sind in der Regel 2 Wochen angemessen. Bei einer Fristsetzung sollte immer ein konkretes Datum genannt werden, nicht die Dauer der Frist.

Keine Antwort vom Jobcenter nach Widerspruch

Meldet sich das Jobcenter innerhalb dieser Frist nicht, sollte man nach Fristablauf noch ein paar Tage warten (Postweg) und dann die Erledigung anmahnen, ebenfalls wieder mit Fristsetzung, 2 Wochen sollten da als Nachfrist ausreichen. Passiert immer noch nichts, kann man vor dem Sozialgericht Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO und § 88 SGG erheben.

Dies ist, wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist, zulässig. Beim ALG II ist eigentlich fast immer die Existenz gefährdet, was genau so ein Vorliegen eines besonderen Umstandes sein dürfte.

Dann wird das Sozialgericht tätig und fordert die Bescheiderteilung oder eine plausible Erklärung, warum noch kein Bescheid erteilt wurde und setzt dem Amt bei Letzterem eine Frist. (siehe “Ratgeber Klage vor dem Sozialgericht“)

Wichtig!
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts muss jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gesondert Widerspruch einlegen und Klage erheben. Allerdings kann in Deutschland eine natürliche Person auch eine andere Person mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen, was ggf. durch eine Vollmacht nachzuweisen ist. Daher sollte, wenn für mehrere Mitglieder gehandelt wird, eine entsprechende Formulierung verwendet werden, die dies deutlich macht, z.B:

Ich lege, ausweislich der beigefügten Vollmacht und als erziehungsberechtigter Elternteil, im Auftrag und als Vertreter aller Mitglieder meiner Bedarfsgemeinschaft fristgerecht Widerspruch gegen …

Aufschiebende Wirkung durch einen Widerspruch

Widersprüche gegen Verwaltungsakte nach dem SGB II haben in der Regel keine aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung muss daher entweder nach § 86a Abs. 3 SGG beim Leistungsträger, gegen den sich der Widerspruch richtet, beantragt werden (sog. “Aussetzung der Vollziehung”) oder nach § 86b SGG beim Sozialgericht.

Wurde einem Widerspruch nach § 86a oder § 86b SGG aufschiebende Wirkung zuerkannt, darf bis zu einer endgültigen Entscheidung nicht vollstreckt werden, d.h. z.B. im Falle einer Rückforderung muss das darin geforderte Geld zunächst nicht gezahlt werden.

Erstattung von zu Unrecht erbrachter Leistungen

Eine Ausnahme bilden Widersprüche gegen die “Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen” (§ 50 SGB X); solche Verwaltungsakte ergehen jedoch in der Regel als sog. Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, wobei die Jobcenter bei Widersprüchen gegen einen solchen kombinierten Verwaltungsakt häufig – unzulässigerweise – die aufschiebende Wirkung gegen den Erstattungsbescheid verneinen.

In einem solchen Fall ist ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung (§ 86b Abs. 1 SGG) beim Sozialgericht statthaft und zulässig.

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