Hartz IV: Meine Beschwerde gegen die Arge Dresden

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Ich habe auch so meine Erfahrungen mit der Agentur für Arbeit Dresden hinter mir und dachte ich schicke Ihnen mal meine Beschwerde, in der meine interessanten Erlebnisse und Ergebnisse so festgehalten worden. Übrigens: nach dieser Beschwerde wurde ich mit Samthandschuhen angefasst und ich konnte bei der Teamleiterin eine Entschuldigung entgegenehmen. Ein Leser- Artikel von K. Göldner

Offensichtlich hatte es meine Vermittlerin besonders eng gesehen und mir einiges verschwiegen: Nachdem ich übrigens erneut die Weiterbildungsmaßnahme zum nächsten Start beantragte, wurde mir zwar von der Vermittlerin mündlich gesagt, dass sie keine Chance sehe, aber vertröstet: sie würde mal mit der Chefin (sprich: Teamleiterin) reden: Nachdem ich dann fast 2 Monate nichts gehört habe, fragte ich mal nach, und da kam der Satz, sie würden doch nur noch auf die Maßnahmenummer warten… vor einer Woche habe ich den Bildungsgutschein überreicht bekommen. Allerdings mit einer Laune, die sich gewaschen hatte. Na, was solls: ich habe, was ich wollte, und da schaue ich über sowas drüber. Auch wenn die Vermittlerin bestimmt mehr Ärger und Arbeit hat, bei solch einem miesem Verhalten mir gegenüber, hat sie das nur verdient, wie ich finde.

Nicht desto trotz mein Tipp: Beschweren! Und zwar gleich an den Geschäftsführer wie ich, da wandert das nämlich erstmal schön durch die Reihen. Also, tata, hier mein Werk vom letzten Jahr:

An Agentur für Arbeit Dresden Beschwerde

Sehr geehrter Herr ***, ich hatte heute ein Gespräch mit meiner Vermittlerin, welches mich dazu bewog, Sie auf Probleme aufmerksam zu machen. Ich studierte an der TU Dresden Magister für Neuere und Neueste Geschichte, Germanistik/ Literaturwissenschaft und Informatik und bin seit Februar 2006 arbeitssuchend. Schon seit meiner letzten Prüfung (die ist jetzt 1 ½ Jahre her, danach kam die Abschlussarbeit) bemühe ich mich stetig europaweit um einen Arbeitsplatz. Doch für Geisteswissenschaftler ist die Arbeitsmarktsituation katastrophal. Beworben habe ich mich als (wissenschaftliche) Volontärin für Museum, Redaktion, Lektorat, Verlag, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Stiftung und in wirtschaftlichen Unternehmen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin in eben genannten Bereichen, als Museologin und als Redakteurin (obwohl noch keine Erfahrungen), als Referendarin für Archiv und Bibliothek selbst als Vermittlerin bei Ihnen im Hause. In allen Bereichen also, die irgendwie mit meiner Qualifizierung in Verbindung stehen .

Die Absagen enthalten meistens als Begründung die fehlende Berufserfahrung. Vollkommen verständlich, wenn man frisch von der Universität kommt. Also versuchte ich über Praktika die Möglichkeit zu bekommen, mehr Referenzen zu erwerben. Im Februar dieses Jahres nahm ich ein vierwöchiges Museumspraktikum in Leipzig an. Das einmonatige Praktikum habe ich auf eigene Kosten durchgeführt; sonst wäre mir dieses nicht gestattet worden. Um aber auf dem Arbeitsmarkt größere Chancen zu haben, wird kein vierwöchiges Praktikum ausreichen – wenn man davon ausgeht, dass wertvolle Praktika normalerweise 3-6 Monate dauern, also z.B. solche Praktika, in denen man sinnvoll in ein Projekt eingebunden wird. Leider konnte ich kein weiteres Praktikum belegen, da das Arbeitsamt diese nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Ich hatte z.B. die Gelegenheit, ein zwei- oder dreimonatiges Praktikum beim Staatschauspiel Dresden (Bereich: Öffentlichkeitsarbeit) zu belegen, wobei mir die ARGE die Zustimmung verweigerte, da ich dann nicht „meiner Verpflichtung nachkommen könnte, Bewerbungen zu schreiben“. Ich finde diese Argumentation unlogisch und kann dem nicht zustimmen. Ich versuche alles, um einen Arbeitsplatz zu bekommen.

Auch wenn ich durch ein Praktikum täglich anderen Aufgaben nachgehen würde, wäre es jedoch auch in meinem persönlichen Interesse, weiter Bewerbungen (auch in der sogenannte Freizeit) zu verfassen und abzuschicken. Denn mir ist natürlich vollkommen bewusst, dass Praktika auch keine langfristige Lösung sind. Doch ohne Referenzen (oder „Vitamin B“) kommt man leider nicht weit.

Seit Februar versuche ich ebenso in meinem Berufsbild und mit meiner Qualifikation eine ABM-Stelle oder sogar einen sog. 1,-€ – Job hier in Dresden zu bekommen. Ich habe keinerlei Probleme mit 1,-€ – Jobs im allgemeinem, da ich es in Ordnung finde, Arbeit und Unterstützung zu leisten, wenn ich ALG II empfange. Meine Bemühungen bringen allerdings nichts, wenn die ARGE Dresden der Meinung ist, ich müsste erstmal langzeitarbeitslos sein, wenn ich so etwas vermittelt bekommen möchte. Langzeitarbeitslos ist man nach Aussage meiner Vermittlerin nach einem Jahr. Folgendes Beispiel: Vor zwei Monaten besprach ich mit dem Berufsbildungswerk Ost die Möglichkeit eines 1-€ – Jobs, der noch zu vergeben war. Dieser Job umfasste ein Projekt, welches vollständig meinem Abschluss entsprach: u. a. Geschichts- Bildung und -Sensibilisierung von Schülern an Dresdner Schulen sowie Mitarbeit an einer Homepage. Die Mitarbeiterin vom Berufsbildungswerk Ost sprach beim Arbeitsamt vor, bekam für mich allerdings eine Absage mit dem Hinweis, dass ich doch noch nicht lange genug arbeitslos wäre.

Die ARGE Dresden verwehrte mir an dieser Stelle die Möglichkeit, einen 1,- € – Job zu übernehmen, der eine zu meinem Berufsbild passende Referenz ergeben hätte. Ist es möglich, dass ich wirklich darauf warten muss, bis ich ein Jahr arbeitslos bin, um die nötige ideelle, rein formelle Unterstützung zu bekommen, die keinerlei zusätzliche Kosten für die ARGE bedeutet? Paradoxerweise erhielt ich nun – nur zwei Monate nach meiner Eigeninitiative – eine Einladung für einen 1-€-Job, der nicht meiner Qualifikation entspricht. Mein Status hat sich seitdem nicht geändert. Ich kann mir diese Neuauslegung der Regelung nicht erklären. Am gleichen Tag, an dem ich die Einladung für den 1,-€- Job erhielt, erfuhr ich durch eine Freundin (mit einem vergleichbaren Magister- Abschluss), die seit einem Jahr arbeitslos ist, von dem erneuten Start der Qualifizierungsmaßnahme “Regialog“, für die ich mich zu Beginn meiner Arbeitslosigkeit schon einmal beworben hatte. (Damals wurde die Maßnahme aufgrund der kurzen Dauer meiner Arbeitslosigkeit nicht bewilligt.) Gleichzeitig teilte sie mir mit, dass es wieder Bildungsgutscheine für solche Maßnahmen bei der ARGE Dresden gibt und sie hätte darüber die oben genannte Qualifizierungsmaßnahme von der ARGE Dresden genehmigt bekommen. So hatte ich die Hoffnung auf eine ähnliche Chance. Also begab ich mich heute früh (08.09.2006) pünktlich halb acht in die ARGE, um da bei meiner Vermittlerin vorzusprechen. Zur Verdeutlichung: ich hatte keinen Termin.

Ich sah nur die Dringlichkeit, da die Maßnahme schon begonnen hat. Der Leiter der Maßnahme bestätigte mir aber, dass noch Plätze frei wären. Die Qualifizierungsmaßnahme „Regialog“ ist eine enorm große Chance für alle arbeitssuchenden Geisteswissenschaftler, insbesondere für (Kunst-) Historiker: sie umfasst die tägliche Arbeit in kulturellen Einrichtungen (eigene Projekte und Mitarbeit in allen Bereichen) sowie Schulungen und Seminare zum Kulturmanagement. Sie ist von der Agentur für Arbeit anerkannt. Der Pressespiegel auf der dazugehörigen Internetseite beschreibt die sichtbaren Erfolge der Qualifizierungsmaßnahme und erwähnt eine sehr gute Vermittlungsquote von 70 % nach der Teilnahme. Ich hatte diese Informationen und die vollständigen Unterlagen zu den Zusatzseminaren aus dem Internet ausgedruckt. Mit der Bitte, diese einmal durchzusehen und die Möglichkeit eines Bildungsgutscheines in Betracht zu ziehen, legte ich meiner Bearbeiterin alles vor. Bei dem Gespräch verdeutlichte sie mir, dass es doch „verschwendete Gelder wären“, „ich noch nicht lange genug arbeitslos “ und „gut vermittelbar“ wäre. "Die Maßnahme sei „unnötig“ und „würde nichts bringen", „ich käme doch frisch von der Uni“, und außerdem könne ich keinen Arbeitgeber vorweisen, der mich danach übernimmt.

Diese Aussagen finde ich unangebracht und unangemessen gegenüber einer motivierten Arbeitssuchenden, die nur versucht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um schnellstmöglich eine feste Anstellung zu bekommen. Wie ich Ihnen bereits erläuterte, ist Wissen ohne Berufserfahrung nicht ausreichend, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Den einzigen Weg, um diese Fertigkeiten zu erwerben, sehe ich in der Teilnahme an Praktika, Weiterbildungen oder auch berufsbezogenen ABMs und 1,-€- Jobs. Nach der Aussage meiner Vermittlerin, die Maßnahme wäre außerdem „zu weit weg“ (Oldenburg; Weser-Ems-Gebiet) und ich „solle mir doch bitte wenigstens was vor Ort suchen“, musste ich sie darauf aufmerksam machen, dass ich nicht tatenlos war und bin und schon mehrmals versucht hätte, hier in Dresden etwas zu bekommen, was mir hilft, Referenzen zu bekommen, mir aber die ARGE die Zustimmung verweigerte (siehe oben: Praktikum Staatsschauspiel).

Maßnahmen und Fortbildungen, die meinem Berufsbild entsprechen, gibt es nicht in der näheren Umgebung und werden auch nicht vom Arbeitsamt oder Einrichtungen wie der Volkshochschule Dresden angeboten; diese Tatsache stellte sie bei einem früheren Gespräch am 27.06.2006 selber fest. Unverständlicherweise ignorierte sie die Tatsache, dass offensichtlich eine andere Vermittlerin innerhalb derselben ARGE diese Maßnahme für sinnvoll genug hielt, um mit besten Gewissen einen Bildungsgutschein auszustellen. Erst nach mehrmaligem Hinweis bemerkte sie dann, dass meine Freundin ja anscheinend schon länger als ich arbeitslos sei. Als ich ihr mitteilte, dass dies nur 4 Monate sind, meinte sie nur, das hätte nichts zu sagen. Sie würde sich die Maßnahme noch einmal bei Gelegenheit durchlesen, ist aber der Meinung, ich solle nicht „solche Ansprüche erheben“. Warum darf jemand, der das nötige Wissen und die nötige Motivation für eine Arbeit mitbringt (- dem also nur Erfahrung in verschiedenen Berufsfeldern fehlt) nicht sofort gefördert werden? Ich verstehe nicht, warum eine längere Arbeitslosigkeit die Vermittlungsmöglichkeit erhöhen soll. Ich weiß, dass es im persönlichen Ermessen der Mitarbeiter liegt, ob eine Maßnahme genehmigt wird oder nicht. Wer setzt den Maßstab für das persönliche Ermessen? Auf Seite 14 Ihrer Broschüre „SGB II – Grundsicherung für Arbeitslose“. Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld“ weisen Sie darauf hin, dass ich alle Möglichkeiten nutzen soll, um meine „Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu verringern“. „Sie müssen sich in erster Linie selbst aktiv um die Beendigung Ihrer Erwerbslosigkeit bemühen und aktiv an allen angebotenen Maßnahmen mitwirken, die dieses Ziel unterstützen. Qualifizierungs- und Trainingsmaßnahmen […] müssen Sie nutzen.“ Ich habe während der Arbeitssuche Eigeninitiative gezeigt, um genau ein Ziel zu erreichen: eine feste Anstellung. Für mich als Hochschulabsolventin ist es deswegen unverständlich, wenn mir ständig Hindernisse in den Weg gelegt werden und mir gesagt wird, dass ich erstmal länger arbeitslos sein müsste, um die nötige Förderung zu bekommen.

Stellen, für die ich Interesse zeigte, sind heute von Menschen belegt, die mitunter keinerlei Motivation mitbringen oder fachfremd eingesetzt worden sind. Sinnvoll erscheint es mir dagegen, Arbeitssuchende mit hohem Potential und großer Motivation einfach auch ideell zu unterstützen, so dass sie nicht erst in den Teufelskreis der Langzeitarbeitslosigkeit geraten. Zudem trägt der mehrmalige Wechsel der zuständigen Ansprechpartner nicht unbedingt dazu bei, eine umfassende, kontinuierliche Unterstützung zu bekommen, welche Sie doch laut Ihrer Broschüre jedem zusichern. Das „vorrangige Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt“ (Kapitel 3 Ihrer Broschüre) erreicht man nicht durch Demotivation. Wichtig ist doch nur allein, so schnell wie möglich auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Und alle Möglichkeiten dafür zu nutzen. Ich würde mich über eine Stellungnahme zu den geschilderten Sachverhalten Ihrerseits sehr freuen. (Ein Leserbrief von K. Göldner, 12.04.07)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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