Unterbrochener Hartz-IV-Leistungsbezug kann Erbe retten

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LSG Hamburg: Erhaltenes Erbe gilt dann als Vermögen

Steht einem Hartz-IV-Bezieher wegen des Todes eines Angehörigen ein Erbe zu, muss dieses nicht immer als anzurechnendes Einkommen mindernd berücksichtigt werden. Wurde der Leistungsbezug zwischen dem Erbfall und der Auszahlung des Erbes unterbrochen, gilt das Erbe bei erneuter Hartz-IV-Antragstellung als Vermögen, für das Vermögensfreibeträge geltend gemacht werden können, entschied das Landessozialgericht (LSG) Hamburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 22. Februar 2018 (Az.: L 4 AS 194/17). Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen die Hamburger Richter die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zu.

Im konkreten Fall hatte eine alleinerziehende Mutter mit der Geburt ihres Kindes vom 26. Oktober 2007 bis zum 25. Oktober 2008 Elterngeld und aufstockende Hartz-IV-Leistungen erhalten. Nach dem Elterngeldbezug war sie bis zum 25. Oktober 2009 allein auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Vier Monate zuvor wurde sie mit dem Tod ihres Großvaters im Rahmen einer Erbengemeinschaft Miteigentümerin an einem Grundstück.

Ab dem 26. Oktober 2009 fiel sie aus dem Hartz-IV-Bezug heraus und erhielt Arbeitslosengeld I und Wohngeld. Ab November 2010 war sie als Aufstockerin erneut auf die Hilfe vom Jobcenter angewiesen.

Als die Frau und ihr Kind ab 2012 die Weiterbewilligung von Hartz-IV-Leistungen beantragten, teilte die Mutter dem Jobcenter mit, dass das geerbte Grundstück mittlerweile verkauft worden sei und ihr aus der Erbschaft 5.330 Euro zustünden. Das Geld sei ihr aber noch nicht zugeflossen.

Das Jobcenter lehnte die Hartz-IV-Bewilligung ab. Die Erbschaft sei als einmalige Einnahme und über sechs Monate verteilt als Einkommen mindernd anzurechnen. Zusammen mit ihrem Erwerbseinkommen, dem Kindesunterhalt und dem Kindergeld sei sie nicht mehr hilfebedürftig.

Das Jobcenter erklärte, dass es sich bei dem Erbe nicht um Vermögen handele, bei dem die Frau Freibeträge hätte geltend machen können. Denn der Tod des Großvaters und damit der Erbfall sei eingetreten, als die Frau noch im Hartz-IV-Bezug stand. Nur wenn jemand vor der ersten Hartz-IV-Antragstellung etwas erbt, könne ein Vermögen vorliegen.

Erbschaft ist kein Einmaliges Einkommen sondern Vermögen

Das LSG sprach der Frau und ihrem Kind jedoch Hilfeleistungen zu. Die Erbschaft sei nicht als anzurechnendes einmaliges Einkommen, sondern als Vermögen zu werten.

Zwar sei alles das als Einkommen anzurechnen, was ein Hilfebedürftiger ab dem Monat der Antragstellung erhält. Maßgeblich sei auch grundsätzlich der Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses; hier wäre dies der 2. Februar 2012.

Bei einer Erbschaft gehe das Bundessozialgericht (BSG) aber davon aus, dass das Erbe bereits mit dem Tod des Erblassers auf die Erben übergeht (BSG vom 25. Januar 2012, Az.: B 14 AS 101/11 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Bereits ab diesem Zeitpunkt könne ein Erbe aufgrund seiner durch den Erbfall erlangten rechtlichen Position über seinen Anteil am Nachlass verfügen. Ob das Erbe als Einkommen oder als Vermögen berücksichtigt werden muss, hänge daher davon ab, ob der Erbfall vor der ersten Antragstellung eingetreten ist.

Als „erste Antragstellung“ sei jedoch nicht der erste Hartz-IV-Antrag gemeint, der jemals gestellt wurde, so das LSG. Dies sei vielmehr der Antrag, „der einen zusammenhängenden Bezugszeitraum erstmals auslöste“. Wurde der Hartz-IV-Bezug dagegen unterbrochen, gelte der später erneute Antrag auf Leistungsbezug wieder als „Erstantrag“.

Hier sei der Erbfall noch im ersten Hartz-IV-Bezugszeitraum aufgetreten. Die Klägerin habe wegen des Bezuges von Elterngeld und Arbeitslosengeld I dann aber vorübergehend keine Hartz-IV-Leistungen mehr bezogen. Als sie nach dieser Unterbrechung dann erneut einen Antrag auf aufstockende Arbeitslosengeld-II-Leistungen stellte, müsse dies wieder als Erstantrag gewertet werden. Da der Erbfall vorher eingetreten war, sei das Erbe nun als Vermögen zu werten, folgerte das LSG. fle/mwo

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