Sozialhilfe für minderjährige Deutsche im Ausland

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BSG: keine Rückkehr des Kindes gegen den Elternwillen

26.10.2017

Leben minderjährige Deutsche mit ihren Eltern im Ausland, können sie in einer außergewöhnlichen Notlage deutsche Sozialhilfe beanspruchen. Grundsätzlich sei Hilfebedürftigen zwar eine Rückkehr nach Deutschland zuzumuten, dies gelte jedoch nicht, wenn Kinder gegen den Willen ihrer Eltern zurückkehren sollen, urteilte am Donnerstag, 26. Oktober 2017, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 8 SO 11/16 R). Der 8. BSG-Senat bekräftigte damit seine bisherige Rechtsprechung.

Geklagt hatte ein 2006 in Hamburg geborenes deutsches Kind, welches nach der Scheidung seiner Eltern ein Jahr später mit seiner bulgarischen Mutter nach Bulgarien umzog. Der deutsche Vater zahlte für seinen Sohn regulären Kindesunterhalt, die allein sorgeberechtigte Mutter erhielt zudem deutsches Kindergeld.

Mit den finanziellen Leistungen konnten die Kosten für den Lebensunterhalt und die Unterkunft des Kindes gedeckt werden. Das Kind wollte jedoch eine Musikschule in Bulgarien besuchen. Für die dabei anfallenden Kosten für den Schulbedarf reichten Unterhalt und Kindergeld nicht mehr aus, erklärte das Kind. 2010 stellte es daher beim Sozialamt in Hamburg einen Antrag auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland.

Die Behörde lehnte den Antrag ab. Grundsätzlich könne Sozialhilfe für Deutsche, die im Ausland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, nicht gezahlt werden. Dies sei nur in einer außergewöhnlichen Notlage möglich. Dem Kind sei für die Deckung seines Existenzminimums die Rückkehr nach Deutschland zuzumuten, auch wenn die Mutter sich dagegen ausgesprochen habe und in Bulgarien bleiben wolle.

Dem widersprach das BSG. Minderjährige könnten gegen den Willen der Eltern nicht nach Deutschland zurückkehren. Aus diesem Grunde dürfe die Sozialhilfe nicht verweigert werden.

Hier könne ein Sozialhilfeanspruch bestehen, wenn der Schulbedarf des Kindes im Ausland nicht gedeckt ist. Das Kind habe Anspruch auf eine „angemessene Schulausbildung“. Was angemessen sei, hänge jedoch von den Bedingungen im Ausland ab. Inwieweit das Kind tatsächlich bedürftig ist und der Besuch der Musikschule eine für bulgarische Verhältnisse „angemessene Schulausbildung“ ist, muss nun das Landessozialgericht Hamburg neu prüfen.

Bereits am 21. September 2017 hatte das BSG im Fall einer notwendigen Zahnbehandlung entschieden, dass ein Sozialhilfeträger für einen Sozialhilfebezug nicht die Rückkehr eines minderjährigen Kindes gegen den Willen der Eltern verlangen kann (Az.: B 8n SO 5/16 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Sozialhilfe müsse dann auch im Ausland ausnahmsweise gezahlt werden, vorausgesetzt es liegt eine „außergewöhnliche Notlage“ vor und der geltend gemachte Bedarf ist „unabweisbar“. fle/mwo

Bild: JackF – fotolia

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