Hartz IV-Anspruch auch für EU-Bürger

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Ausnahmsloser Leistungsausschluss für Migranten ist europarechtswidrig

02.12.2013

Ein genereller Ausschluss von Hartz IV-Leistung für EU-Bürger ist europarechtswidrig. Das entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem Berufungsverfahren, in dem über den Leistungsanspruch rumänischer Staatsangehörige, die seit 2009 in Deutschland leben, entschieden wurde. Zuvor hatte das Sozialgericht die Klage der rumänischen Familie abgewiesen.

In Ausnahmefälle müssen Hartz IV-Leistungen gewährt werden können
Im verhandelten Fall hatten die Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Grundsicherung nach SGB II beim Jobcenter gestellt, nachdem sie zuvor ausschließlich von dem Erlös aus dem Verkauf von Obdachlosenzeitschriften und von Kindergeld gelebt hatten. Die Familie mit einem Kind war 2009 nach Gelsenkirchen gezogen. Trotz der finanziellen Not der Familie lehnte das Jobcenter den Hartz IV-Antrag im November 2010 ab, da Migranten, die allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland leben gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II keinen Anspruch auf die Grundsicherung haben. Eine Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen wurde abgewiesen. Es folgte die Berufung.

Der 6. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen beurteilte den ausnahmslosen Leistungsausschluss als europarechtswidrig. Unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Martin Löns wurde das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen angehoben und der Familie die beantragten Leistungen zuerkannt. Ein ausnahmsloser Ausschluss von Leistungen zur Grundsicherung nach SGB II widerspreche nach Ansicht des Gerichts dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 4 Verordnung EU 883/2004), das zwischen den EU-Staaten geschlossen wurde. Zwar bestehe im Rahmen der sogenannten Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38) die Möglichkeit, Regellungen zu treffen, um „Sozialtourismus“ zu vermeiden, jedoch könne dies nicht in Form eines vollständigen Leistungsausschlusses erfolgen. Von Deutschland als aufnehmender Staat fordere die Richtlinie eine gewisse Solidarität mit den anderen EU-Mitgliedsländern. Nach Ansicht des Gerichts müsste es möglich sein, unter Berücksichtigung der individuellen Umstände, im Einzelfall Leistungen zu gewähren (Aktenzeichen: L 6 AS 130/13).

Der Europäischen Gerichtshofs kam am 19. September 2013 zu einem ähnlichen Urteil (Aktenzeichen: C-140/12). (ag)

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