Einstandsgemeinschaft: Zusammenleben kein Beweis

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10.01.2013

Leben zwei Menschen mehr als ein Jahr zusammen, ist eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft bei Hartz IV nicht per se bewiesen. Das beschloss das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen AZ: L 19 AS 2281/12 B ER sowie Az: L 19 AS 2282/12.

Immer wieder kommt es vor, dass Jobcenter Hartz IV Betroffenen und deren Mietbewohnern unterstellen, dass sie trotz wirtschaftlicher Trennung eine Einstandsgemeinschaft bilden. Eine solche Einstufung hat weitreichende Folgen. Denn dadurch kann sich der Hartz IV-Bezug bis auf Null kürzen, wenn beispielsweise der Mietbewohner über ein Einkommen verfügt, dass für beide Bewohner reichen würde. Doch die Vermutung, dass beide Zusammenlebende tatsächlich eine Einstandsgemeinschaft bilden, muss anhand festgelegter Kriterien erfolgen.
Die Positionen des Sozialgerichts und Jobcenters, dass laut im Rahmen der Vermutungsregelung eine Einstandsgemeinschaft gilt, wenn zwei Menschen länger als ein Jahr zusammenleben, ist falsch, so die Landesrichter in ihrem Beschluss. Eine solche Handhabe verkenne „die systematische Stellung der Vermutungsregelung“.

Einstandsgemeinschaft bei Hartz IV nur anhand eindeutiger Kriterien
Schließlich liegt eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft bei Hartz IV (SGB II) nur dann vor, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind: Erstens muss es sich um Partner handeln, die in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzungen) und nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung).

Von Partnern ist auszugehen, wenn eine „gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt“. Zwischen den Partner muss zudem die grundsätzlich eine rechtlich zulässige Möglichkeit zur Heirat oder Gründung einer Lebenspartnerschaft bestehen.
Eine Wirtschaftsgemeinschaft besteht dann, wenn der Haushalt und Bestreiten der Kosten für Essen, Haushaltsgegenstände etc. gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgt. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass Beide zu gleichen teilen die Haushaltsführung bestreiten. Es reicht aus, wenn eine Absprache zwischen den Partner besteht, wie alles zum Wohle des Zusammenlebens aufgeteilt wird.

„Solange keine belastbaren Feststellungen zum Bestehen einer Partnerschaft und zur gemeinsamen Haushaltsführung getroffen sind oder hierauf aus objektivierbaren Umständen geschlossen werden kann, ist die Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 3c SGB II nicht ausschlaggebend und macht Feststellungen zum Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft i.S.d. SGB II nicht entbehrlich“. (wm)

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Bild: Alfred Kroll, Pixelio

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