Bei Hartz IV Sanktionen Sachleistungen

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Ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen bei Hartz IV Sanktionen auch ohne Antrag, wenn Kinder im Haushalt leben und die Leistungskürzung mehr als 30 Prozent vom Regelsatz beträgt. Wird in dem Sanktionsbescheid nicht explizit darauf hingewiesen, ist der Bescheid ungültig.

02.11.2012

Werden Hartz IV Bezieher mit minderjährigen Kindern im Haushalt mit einer Sanktion von über 30 Prozent des ALG II Regelsatzes belegt, so stehen dem Haushalt ohne Antrag Sachleistungen zu. Das urteilte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit dem Aktenzeichen L 19 AS 1334/12. Wurde die Sachleistung ohne Antragserfordernis seitens des Jobcenters nicht aufgeführt, so ist der Sanktions-Bescheid unwiderruflich bzw. irreparabel rechtswidrig.

Im konkreten Fall bezieht die junge Klägerin Hartz IV Leistungen und lebt mit ihrer minderjährigen Tochter in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft. Weil die Klägerin aufgrund der Pflege ihrer kranken Mutter eine seitens des Jobcenters auferlegte Maßnahme sich abbrach, sanktionierte die Behörde die Regelleistungen zunächst um 30 und dann 60 Prozent. Ein Widerspruch seitens der Behörde wurde abgelehnt, die Pflege der Mutter sei „keine ausreichende Begründung“, da nicht nachgewiesen werden könne, dass die Pflegetätigkeit vollständig die Teilnahme an der Maßnahme behindere.

Nach Auffassung des Gerichts war der Sanktionsbescheid dennoch rechtswidrig, „weil der Beklagte das Zusammenleben der Klägerin mit einem minderjährigen Kind bei seiner Entscheidung über die Sanktionsfolgen nicht berücksichtigt hat.“ Nach der daher anzuwendenden Regelung in § 31a Abs. 3 SGB II (Fassung der Neubekanntmachung vom 13.05.2011, BGBl. I 850) kann der Träger auf Antrag in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen (§ 31a Abs. 3 S. 1 SGB II). Der Träger hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt leben (§ 31a Abs. 3 S. 2 SGB II).

Diese Regelung soll verhindern, dass die im Haushalt lebenden minderjährigen Kinder „nicht übermäßig belastet werden“, wenn die Eltern aufgrund von sogenannten Pflichtverletzungen sanktioniert wurden. Mit der Rechtsänderung ist die bisherige Regelpflicht, bei Mitbetroffenheit von Kindern ergänzende Leistungen zu erbringen, als eigenständige, bindende Verpflichtung ausgestaltet worden, die mit einem entsprechenden Anspruch dem Grunde nach korrespondiert (Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 31a Rn. 50 m.w.N.; BT-Dr.17/3404 S.112).

Diesem Gesetzeszweck entsprechen auch die Handlungsempfehlungen der BA zu § 31a Abs. 3 S. 2 SGB II. Dort heißt es (a.a.O., 31.53) "für den Fall, dass der erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt lebt, hat das Jobcenter in den Grenzen des § 31a Abs. 3 S. 2 ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen, um zu verhindern, dass minderjährige Kinder dadurch übermäßig belastet werden, dass das Arbeitslosengeld II ihrer Eltern oder Elternteile wegen Pflichtverletzungen abgesenkt wurde. In diesen Fällen sind ergänzende Sachleistungen auch dann zu gewähren, wenn die zu sanktionierende Person diese, auch nach Hinweisen in der Anhörung, nicht ausdrücklich begehrt."

Das Jobcenter hatte es unterlassen, einen rechtsgültigen Hinweis auf Anspruch von ergänzenden Sachleistungen oder geldwerter Leistungen mitzuteilen. Dort stand lediglich: "Auf Antrag können Ihnen im angemessenen Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen gewährt werden."

Laut des Urteils lässt diese Formulierung „weder eine Zusage noch den bestehenden Rechtsanspruch auf – nach den Handlungsempfehlungen antragsunabhängige – Leistungen erkennen.“ Eine nachträgliche Änderungen kann den Sanktionsbescheid nicht mehr ändern. (sb)

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