Zu wenig Prozesskostenhilfe für Hartz IV Empfänger

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Die Prozesskostenhilfe für Hartz IV Empfänger/innen soll in Zukunft nur noch gegen eine Gebühr gewährt werden. Damit wird erneut Menschen, die vom Arbeitslosengeld II abhängig sind, das Recht sich vor den Sozialgerichten zu wehren erheblich erschwert. Die Aktion ERLACHER HÖHE hat eine Unterschriften Aktion ins Leben gerufen, die sich dagegen wehrt. Gegen-Hartz.de unterstützt diese Aktion:

"Wer wenig im Leben hat, braucht viel im Recht!" (Schirmherr: Dr. Erhard Eppler)
• Vieles hat sich gewandelt und wandelt sich weiter in unserem Land – "Hartz IV" steht stellvertretend für eine Reihe neuer und geänderter Gesetze. Wegen anhaltender Massenarbeitslosigkeit sind viele Bürgerinnen und Bürger gezwungen, von
Transferleistungen wie ALG und ALG II zu leben. Armut in Deutschland nimmt zu; mehr als sieben Millionen Menschen, darunter zwei Millionen Kinder und Jugendliche, lebten Ende 2005 in Deutschland von Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau (EKD-Denkschrift "Gerechte Teilhabe", Juni 2006) und damit am Existenzminimum.

• Damit nicht genug: durch Initiative des Landes Baden-Württemberg sind sowohl das Änderungsgesetz zum Sozialgerichtsgesetz (Bundestagsdrucksache 16/1028) als auch das Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz (Bundestagsdrucksache 16/1994) im Bundesrat beschlossen worden. Beide Gesetze sollen nach dem Wunsch der Bundesratsmehrheit im Bundestag verabschiedet werden.

Wenn dies geschieht, wird für arme Menschen der Zugang zum Gericht künftig erschwert, teilweise sogar ganz verwehrt! Dagegen wehren wir uns.
• Sozialgerichte sind für z.B. für Angelegenheiten aus Renten- und Pflegeversicherung und aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II) zuständig. Wer also einen Bescheid anzweifelt und dessen Widerspruch erfolglos war, kann sein Anliegen dem Sozialgericht vortragen. Bisher kostete das für arme Menschen nichts. Nach dem Willen der Länderjustizminister sollen für Sozialgerichtsverfahren im Voraus Gebühren zwischen 75 Euro und 225 Euro fällig sein. Falls jemand die Mittel nicht hat, soll das Verfahren nicht eröffnet werden – Recht gegen Cash also!?

• Seit 1980 gibt es für Arme die Möglichkeit, in Gerichtsverfahren Prozesskostenhilfe zu beantragen. Vom zuständigen Gericht wird dabei zuerst geprüft, ob ein Verfahren Aussicht auf Erfolg hat. Unsinnige Strafverfahren sind im Rahmen der Prozesskostenhilfe also schon jetzt ausgeschlossen. In der zweiten Gesetzesinitiative des Landes Baden-Württemberg soll dieses Recht stark eingeschränkt werden, indem dafür Gebühren in Höhe von 50 Euro vorgesehen sind.

• Nur noch derjenige soll Prozesskostenhilfe bekommen, der im Voraus die Gebühr entrichten kann. Für viele Menschen, die vom Existenzminimum leben müssen ist diese Verfahrensgebühr, die nach Auffassung der Neuen Richtervereinigung eine in
der Geschichte des Sozialstaats "einzigartige Fehlleistung" darstellt, eine große Hürde. Bei Überschreitung des Existenzminimums soll Prozesskostenhilfe nur noch als vollständig rückzahlbares Darlehen gewährt werden. Also auch hier: Recht gegen Bares?!

Spätestens bei positivem Verfahrensende würde es völlig absurd: Bei erfolgreichem Prozessverlauf soll der "Gewinn" an den Staat herausgerückt werden, um damit die gewährte Prozesskostenhilfe zu begleichen. Der Bedürftige soll dann nötigenfalls zur Erreichung des Existenzminimums wieder Sozialhilfe beantragen.

• Die Gesetzesinitiativen führen dazu, dass die längst überwunden geglaubte "unheilige Allianz" von Armut und Rechtlosigkeit wieder Realität wird. Es darf aber nicht sein, dass nur dem der Rechtsweg offen steht, der Geld hat!

Die Aktion ERLACHER HÖHE sagt:
• Die geplanten Gesetzesänderungen widersprechen dem Rechtsstaatsgedanken unserer Verfassung in eklatanter Weise und verletzen Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz, wonach jeder Bürgerin und jedem Bürger effektiver Rechtsschutz zu
gewähren ist.

• Für Menschen, die am Existenzminimum (z.B. mit 345 € ALG II) leben müssen, darf Rechtsschutz keine Frage des Geldes sein!
• Es kann nicht sein, dass auf Kosten von armen Menschen öffentliche Haushalte, in diesem Fall von der Justiz, saniert werden.

• Würde beinhaltet das Recht, Rechte zu haben!

• Deutschland ist ein sozialer Rechtsstaat, und das soll so bleiben. Bedingt durch Massenarbeitslosigkeit und reduzierte Sozialleistungen müssen bereits heute viele Bürgerinnen und Bürger am Existenzminimum leben. Armutsprojekte wie Tafelläden oder Diakonieläden, Suppenküchen und Armenspeisungen sind leider in unserem reichen Land notwendig, um Betroffenen ein Überleben in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Dies ist offensichtlich momentan nicht zu ändern. Es mag an unterschiedlichen Gründen, vielleicht auch am mangelnden politischen Willen zu positiven Änderungen, liegen. Wenn das aber so ist, dann muss wenigstens dem Einzelnen uneingeschränkt der Zugang zu effektivem Rechtsschutz garantiert
bleiben. Denn: Wer wenig im Leben hat, braucht viel im Recht!

• Wir appellieren an Bundesregierung und Abgeordnete des Deutschen Bundestages im Hinblick auf die geplanten Verschärfungen bei Sozialgerichten und Prozesskostenhilfe, dem Ansinnen des Bundesrats ihre Zustimmung zu verweigern.

Wir führen deshalb eine Unterschriftenaktion bis zum 15. September durch und werden die Unterschriften dann am Ende der parlamentarischen Sommerpause Frau Zypries als zuständiger Ministerin zukommen lassen.

Erlach, im Juli 2006
Gez. Wolfgang Sartorius

Unterschriftenliste

Wenn Sie diese Aktion aktiv unterstützen wollen, so laden Sie sich den Unterschriften- Vordruck herrunter, damit Sie und Ihr soziales Umfeld die Aktion unterstützen kann: Unterschriftenliste in PDF

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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