Wohnen & Hartz IV

Alle Fragen zum Themen Wohnung & Hartz IV

Antworten zum Thema Wohnen und Wohnungen mit Arbeitslosengeld II (ALG II) Bezug. Zunächst eine Begriffserklärung: Paragraf: 22 Abs. 1: „angemessen“ (unbestimmter Rechtsbegriff – durch die Hartz IV Behörde auszulegen). Dies ist ein Infoblatt der Sozialberatung in Bochum.

Angemessenheit der Wohnung
Als angemessen gilt Wohnraum, dessen Größe den Vorgaben des Sozialen Wohnungsbaus entspricht (Wohnraumförderungsgesetz – WoFG) (eine Person 45 – 50 qm, je nach Bundesland). Für jede weitere Person kommen üblicherweise 15 qm hinzu.

Mietpreis
Der Preis soll sich am unteren Bereich des örtlichen Mietspiegels orientieren (falls nicht vorhanden, sind eigene realistische Erhebungen, auch über die Verfügbarkeit, von Nöten). In Bochum sind das etwa 4,80 Euro/qm.

Wohnungsgröße
Es gilt aber letztendlich die entstehende Belastung, also das Ergebnis aus konkreter Grösse und konkretem qm-Preis (Produkttheorie oder –methode). In Bochum wären das für eineN Single 219,15 Euro (netto kalt). Die Wohnung darf also ggf. mehr qm haben, wenn der Quadratmeterpreis entsprechend niedriger ist, oder einen höheren Quadratmeterpreis haben, wenn die Größe geringer ausfällt.
Diese Regelung gilt überall für bereits bezogene Wohnungen. In Bochum wird das gelegentlich auch bei Neuanmietungen angewandt, weil sich eine Wohnungssuche sonst sehr schwer gestalten kann.

Nebenkosten der Wohnung
Auf die kalten Nebenkosten („Betriebskosten“) haben MieterInnen i.d.R. überhaupt keinen Einfluss. Sie müssen daher in voller Höhe als angemessen angesehen werden. Sie sind auch abhängig von der Wohnungsgröße und/oder der Personenzahl. In manchen Orten (z.B. Dortmund) wird die Angemessenheitsgrenze aus der Summe der Miete „Netto-Kalt“ und den „kalten Nebenkosten“ bestimmt (Miete „Brutto-Kalt“. Fraglich, ob das letztendlich rechtens ist. Es wird aber von Betroffenenseite akzeptiert, weil dadurch ein größerer Spielraum entsteht (z.B. Wohnungen mit höherer Netto-Kalt-Miete und geringeren Nebenkosten sind ebenso zulässig wie Wohnungen mit höheren Betriebeskosten und geringerer Netto-Kalt-Miete).

Heizkosten müssen in der tatsächlich anfallenden Höhe übernommen werden (so die „gefestigte Rechtsprechung“). Es sei denn, den Betroffenen wird nachgewiesen, sie „heizen zum Fenster hinaus“. Für die Höhe der Heizkosten sind v.a. nutzerunabhängige technische Faktoren verantwortlich. Auch in der Person liegende Faktoren (erhöhter Aufenthalt in der Wohnung, erhöhter individueller Wärmebedarf usw.) sind i.d.R. unabdingbar.

Warmwasser
Wird das Warmwasser (Dusche …) aus der gleichen Quelle (z.B. Stadtgas) gewonnen wie die Heizungswärme, so wurden bislang 18 % der Heizkosten der Haushaltsenergie (Regelleistung) zugerechnet. Das darf nicht sein, hat gerade das BSG entschieden, weil in der RL nur 6,22 Euro für Warmwasser eingerechnet sind. Mehr darf nicht angerechnet werden. Entsprechendes gilt für den Pauschalabzug von Kochgas. Rückzahlungen aus Überzahlung (Miete, kalte und warme Nebenkosten) mindern die Leistung für den Folgemonat. (Haushaltsenergie gehört zur Regelleistung, Rückzahlungen gehören den Hartz IV -Abhängigen).

Zwangsumzug: Übersteigen die Wohnungskosten die Angemessenheitsgrenze, so erfolgt eine „Aufforderung zur Kostensenkung“ (durch Umzug, Untervermietung, Verhandlung mit dem/der VermieterIn). Dafür wird eine Frist von bis zu sechs Monaten gewährt, innerhalb der die bisherigen Kosten weitergezahlt werden. Davon ist abzusehen, wenn nachgewiesen wird, dass ein Umzug nicht möglich (nichts gefunden) oder nicht zumutbar ist (Krankheit, soziale Eingebundenheit der Kinder usw., örtlich unterschiedlich).

Angemessenheitsgrenze
In vielen Orten gibt es eine „Wirtschaftlichkeitsgrenze“ für Überschreitungen der Angemessenheitsgrenze, unterhalb derer von einem Zwangsumzug abzusehen ist, weil dessen Kosten höher wären als die Einsparmöglichkeit. In Bochum sind das 10%, mindestens aber 50 Euro, in anderen Orten pauschal 20 %.

Wunschumzug, Umzug bei Hartz IV
Wird auf eigenen Wunsch ohne Notwendigkeit umgezogen, so werden für die neue Wohnung nur Leistungen in der bisher getragenen Höhe erbracht. (Auch wenn die Kosten der neuen Wohnung weit unterhalb der Angemessenheitsgrenze liegen). Das gilt nicht für einen Umzug an einen anderen Ort (mit anderem Mietniveau). Anerkannte Umzugsgründe sind in Bochum beispielsweise: berechtigte Kündigung durch den Vermieter bzw. Zwangsräumung, Familienzuwachs bzw. Überbelegung der bisherigen Wohnung, Vorliegen baulicher Mängel, die in der Verantwortung des Vermieters liegen und denen nicht abgeholfen wird, Trennung von Eheleuten, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung mit besonderen baulichen Erfordernissen, Verminderung eines unzumutbaren Weges zur Arbeitsstätte, Auszug aus einem Übergangsheim, Zwangsumzug, vergleichbar schwerwiegender Umstände (?).

Neuer Mietvertrag
Neuer Mietvertrag – Umzugs- (bedingte) Kosten (§ 22 Abs.2): Vor einem notwendigen Umzug soll eine Zusicherung des Leistungsträgers eingeholt werden (gilt nicht für „Wunschumzug“!). Dann sind auch die Wohnungsbeschaffungskosten, die Umzugskosten und die umzugsbedingten Kosten (Renovierung, Möbelersatz …) auf Antrag zu übernehmen. (Abs. 3). Ebenso eine Mietkaution (oder Genossenschaftseinlage) als Darlehen, das erst mit Auszug und Rückerstattung wieder getilgt wird (deviantes/abweichendes Verhalten mancher ARGEn). Ggf. ist die Zusicherung als fiktiv erteilt anzusehen, wenn sie hätte erteilt werden müssen.

U25 Regelung. Bis 25 Jahre mit ALG II Bezug zu Hause bleiben
„Stallpflicht“ für U 25 (§ 22 Abs. 2a): Junge Menschen unter 25 dürfen nur bei Vorliegen „schwerwiegender sozialer Gründe“ (Begutachtung durch das Jugendamt), zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und bei Vorliegen sonstiger, ähnlich schwerwiegender Gründe aus der Wohnung der Eltern ausziehen. In Bochum zählen Schwangerschaft und Elternschaft nicht dazu – andernorts schon.

Direktzahlung an Vermieter und Energieversorger bei unwirtschaftlichem Verhalten (§ 22 Abs. 4).

Mietschuldenübernahme bei drohender Wohnungslosigkeit (§ 22 Abs. 5) und Verhalten bei Räumungsklage (§ 22 Abs. 6).

Übernahme einer Mietdifferenz
Übernahme einer Mietdifferenz bei Bezug von BaföG und BAB (§ 22 Abs. 7): sofern die Miete angemessenen ist und a) in der BAB nicht ausreichend berücksichtigt ist, b) (unzureichendes) SchülerInnen-BaföG bezogen wird, c) Studierende bei ihren selbst hilfebedürftigen Eltern wohnen (Wohngeldantrag vorrangig) oder d) Auszubildende mit Behinderung, die Ausbildungsgeld von der Arbeitsagentur beziehen

Renovierungskosten
Renovierung bei Aus- und Einzug sind als umzugsbedingte Kosten zu übernehmen. Kosten der Zwischenrenovierung müssen als „Kosten der Unterkunft“ übernommen werden, wenn sie mietvertraglich (z. B. in regelmäßigem Turnus) vereinbart sind

Wohnungserstausstattung
Wohnungserstausstattung (§ 23 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m Abs. 6): gilt nur, wenn die Ausstattung ( oder Teile davon) zuvor gar nicht vorhanden waren. Strittig ob ggf. Teile der Renovierung (z. B. Teppichboden) hierüber oder als umzugsbedingte Kosten zu erstatten sind. Ersatzbeschaffung/Reparaturen müssen allerdings aus der Regelleistung (ggf. über ein Darlehen nach § 23 Abs. 1) gedeckt werden. Der Begriff „Erstausstattung“ ist nicht zeitlich sondern sachbezogen zu verstehen, kann also im Laufe eine Lebens mehrfach notwendig werden (nach Erstauszug junger Menschen, nach Wohnungsbrand, nach Trennung/Scheidung, nach Gefängnisaufenthalt …). Hier muss meist gestritten werden.

Ergänzende Info-Blätter: 1. Tabelle angemessener Wohnungskosten in Bochum; 2. anerkannte Umzugsgründe in Bochum; 3. Ratgeber Wunschumzug; 4. Umzug droht – was tun? 5. Was tun, wenn die Kostensenkungsaufforderung kommt? 6. MVBO: Ratgeber „Wohnen mit Hartz IV; 7. ALG II für Azubis, Studis, SchülerInnen?; 8. Studieren und Sozialhilfe/ALG II (Unabhängige Sozialberatung Bochum, i.A. Norbert Hermann, 13.06.2008)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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