Unterhaltspflicht trotz Hartz IV

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(jur). Auch ein Hartz-IV-Empfänger kann zur Zahlung von Unterhalt für sein Kind verpflichtet sein. Denn wenn er sich nicht ernsthaft um eine Vollbeschäftigung bemüht, kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im veröffentlichten Beschluss entschied (Az.: 2 UF 213/15). Damit sprach das OLG einem heute knapp dreijährigen Mädchen Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 236 Euro zu. Es lebt bei seiner Mutter.

Der 30-jährige Vater war im Juli 2015 ausgezogen. Er hat einen Hauptschulabschluss, brach eine Ausbildung bei einer Gärtnerei dann aber ab. Danach arbeitete er bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen und in einer Autowäsche, wo er mehr als 1.300 Euro netto im Monat verdiente.

Seit Herbst 2014 ist er arbeitslos und bezieht Hartz IV. Dennoch hatte ihn das Familiengericht Marl zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von 236 Euro verurteilt, berechnet nach einem fiktiven Monatseinkommen von 1.300 Euro.

Dies hat das OLG Hamm nun bestätigt. Eltern müssten „alle verfügbaren Mittel“ gleichermaßen für sich selbst und ihre Kinder einsetzen. Dazu gehöre auch die eigene Arbeitskraft. Werde diese nicht eingesetzt, könnten zugunsten des Kindes „auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden“.

Voraussetzung sei, dass „eine reale Beschäftigungschance“ besteht. Dies sei hier der Fall. Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter gebe es auch ohne Berufsausbildung und selbst bei hoher Arbeitslosigkeit keinen allgemeinen „Erfahrungssatz“, wonach sie keine Erwerbschancen haben.

Daher sei es hier Sache des Vaters, darzulegen, warum er keine Arbeit findet. Bewerbungen nur auf die Stellenangebote des Jobcenters reichten dabei nicht aus. Vielmehr müsse der Unterhaltspflichtige weitergehende Bemühungen darlegen. Dies sei hier nicht geschehen. Daher habe das Familiengericht davon ausgehen dürfen, dass der arbeitslose Vater 1.300 Euro pro Monat verdienen kann, so das OLG Hamm in seinem am 23. Dezember 2015 erlassenen, bereits rechtskräftigen Beschluss.

Da der arbeitslose Vater von seinen Hartz-IV-Leistungen allenfalls sehr geringe Unterhaltszahlungen leisten kann, wird das Kind voraussichtlich einen sogenannten Unterhaltsvorschuss bekommen. Für Kinder bis zu fünf Jahren beträgt dieser derzeit 145 Euro pro Monat. Insoweit geht der Zahlungsanspruch dann auf die Sozialbehörde über. Die restlichen Ansprüche kann das Kind auch später noch geltend machen; sie verjähren erst nach 30 Jahren. (mwo/fle)

Bild: pathdoc – fotolia

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