SPD-Blockade der Hartz IV-Reform im Bundesrat?

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SPD-Blockade der Hartz-IV-Reform im Bundesrat?

Erst letzte Woche stand die schwarz-gelbe Regierungskoalition wegen der Gesundheitsreform massiv in der Kritik. Diese Woche legt sie mit der Neuregelung des ALG II noch einen nach. Sage und Schreibe ganze 5,- Euro sollen die ALG II-Empfänger zusätzlich erhalten. Doch noch ist nichts Rechtskräftiges beschlossen, denn der Entwurf muss noch durch den Bundesrat bestätigt werden und hier haben CDU/ CSU und FDP keine Mehrheit. So ist es nicht verwunderlich, dass die Bundeskanzlerin bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Nur 5,- Euro mehr plus Chip-Karte für Kinder
Neben der Neuregelung der Berechnung des Regelsatzes, die zu einer Erhöhung um 5,- Euro geführt hat, betont Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen im Zusammenhang mit der Reform stets die herausragende Bedeutung der geplanten Chip-Karte für Kinder von ALG II-Empfängern. „Gerade bei dem Bildungspaket ist auch einfach meine Bitte an die anderen Parteien, diese Chance wahrzunehmen", erklärte von der Leyen und wertete die Reform als "historische Chance, die wir im Augenblick haben, hier tatsächlich etwas zu verändern". Die Kritik von Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbänden lässt jedoch auch die Chip-Karte nicht außen vor.

Empörung bei Opposition, Sozialverbänden und Gewerkschaften
Die Empörung über die vorgelegte Reform ist unter den Landespolitiker von SPD, Grünen und Linken gleichermaßen groß und eine Zustimmung durch den Bundesrat von daher kaum vorstellbar. Da hilft auch Ursula von der Leyens Mahnung an die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene "Pflicht des Gesetzgebers", zum 1. Januar 2011 "verfassungsfeste Zustände herzustellen" nur wenig. Denn wer bei einer derartigen Reform noch die Zustimmung der breiten Mehrheit erwartet, hat die bisherige Diskussion anscheinend erheblich missverstanden. Der Opposition und allen Betroffenen war klar, dass aufgrund der Sparbemühungen nur eine marginale Erhöhung der Sätze zu erwarten war. Doch mit dem jetzigen Entwurf hatte auch in ihren Reihen wohl niemand gerechnet und so wirkt dieser wie eine klare Kampfansage. Zudem hat die "gegen-hartz.de" Redaktion die Tricks der Bundesregierung bei der Berechnung der Hartz IV Regelsätze recherchiert. Diese werden mit Sicherheit für politischen Sprengstoff sorgen.

Opposition soll Argumente empirisch belegen
Die Bundesarbeitsministerin forderte die Opposition derweil dazu auf ihre Argumente für eine Erhöhung des ALG II-Regelsatzes „empirisch belegt" vorzustellen. Die Kanzlerin ergänzt, dass das Bundesverfassungsgericht Wertentscheidungen wie etwa die Herausnahme von Tabak und Alkohol aus den Regelsätzen durchaus zulasse und wer Kritik übe, klar sagen müsse, wie die Alternativen aussehen. Die jetzige Neuregelung der Hartz-IV-Sätze sei zudem keineswegs politisch entschieden worden, betonte Angela Merkel und versuchte so entsprechende Vorwürfe aus Reihen der Opposition und der Sozialverbände zu zerstreuen.

Neuregelung bis Ende des Jahres erforderlich
Da eine Neuregelung aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils dringend geboten ist und Angela Merkel die Zustimmung der Sozialdemokraten im Bundesrat benötigt, hat sich die Bundeskanzlerin noch nicht endgültig festgelegt. Sie will das Gespräch mit der SPD suchen, um am Ende nicht eine „verfassungswidrige Gesetzeslage“ verantworten zu müssen. Dieser Verantwortung muss sich jedoch auch die SPD stellen und so hat zum Beispiel der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), eine prinzipielle Blockade des Entwurfs, durch die SPD-regierten Bundesländer dementiert. Die Länderkammer wird sich allerdings voraussichtlich erst in der letzten Sitzung des Jahres am 17. Dezember mit dem Gesetz befassen. Sollte bis dahin keine Einigung erzielt werden, entsteht nach Ansicht von Juristen, die bereits oben erwähnte „verfassungswidrige Gesetzeslage“, was einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand und damit verbunden stark steigende Verwaltungskosten auslösen würde. So wird sich auch die SPD eine Ablehnung der Reform gut überlegen. Doch Kurt Beck stellte klar, dass wenn die Kanzlerin die Bedenken der SPD nicht zerstreuen kann, es ein Nein im Bundesrat geben werde. Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ergänzte zudem: "Wir kritisierten nicht das Prinzip von Hartz IV! Aber wir haben erhebliche Zweifel, ob bei der Neuberechnung alles mit rechten Dingen zugegangen ist." Ihm erscheine die Berechnung der Sätze für Kinder immer noch willkürlich und die Beträge für Bildung oder Kleidung seien zu niedrig. "Deshalb werden wir genau prüfen, ob dies dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entspricht", erklärte Beck. (wm, 28.09.2010)

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